Serbien: 100'000 Teilnehmende an Grossdemo in Belgrad

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BelgradGrossdemo: «Ich glaube, das ist das Ende des Regimes»

Über 100'000 Menschen haben am Samstag in der serbischen Hauptstadt gegen Korruption und die serbische Regierung protestiert. Grössere Vorfälle wurden bisher keine gemeldet.

In Serbiens Hauptstadt demonstrierten am Samstag mehr als 100'000 Menschen gegen die serbische Regierung.

Darum gehts

  • Über 100'000 Menschen protestierten in Belgrad gegen Korruption und die serbische Regierung.

  • Seit Monaten kommt es im Land zu Protesten, ausgelöst durch einen tragischen Vorfall in Novi Sad, bei dem 15 Menschen starben.

  • Die serbische Regierung meldete keine grösseren Vorfälle, rief aber zu einem friedlichem Protest auf.

Mehr als 100'000 Menschen haben am Samstag in Belgrad bei einer Grossdemonstration gegen Korruption und gegen die serbische Regierung protestiert. Das Innenministerium gab die Zahl der Teilnehmer mit 107'000 an und meldete bis zum Nachmittag keine «grösseren Vorfälle». Dennoch rief das Ministerium alle zu friedlichem Protest auf. Da auch Anhänger der Regierung mobil gemacht hatten, wurden gewaltsame Zusammenstösse befürchtet.

Teilnehmer waren aus dem ganzen Land in die serbische Hauptstadt gereist; schon Stunden vor Beginn der Demonstration waren Tausende Menschen auf den Strassen. Landwirte, Studenten und andere Bürger standen entlang der Demo-Strecke in Belgrad. «Wir haben gezeigt, dass der Wandel möglich ist, so lange wir zusammen kämpfen», rief eine Studentin von der Bühne auf dem zentralen Platz der Stadt. Um sie herum standen dicht gedrängt Zehntausende Menschen, mit serbischen Fahnen und aus verschiedenen politischen Lagern.

Laut der serbischen Regierung nahmen 107'000 Menschen am Samstag an der Grossdemonstration teil.
Laut den Behörden gab es bis zum Nachmittag «keine grösseren» Vorfälle.
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Laut der serbischen Regierung nahmen 107'000 Menschen am Samstag an der Grossdemonstration teil.

IMAGO/Aleksandar Djorovic

Einsturz von Bahnhofsvordach als Ursprung

Die Menge sang gemeinsam den Slogan der Bewegung «Pumpaj! Pumpaj!», womit zum Ausdruck gebracht werden soll, dass dem Protest die Energie und der Atem nicht ausgeht. Viele trugen Anstecker mit einer blutigen Hand, auch das ein Symbol der Proteste. «Korruption tötet», lautet der Schlachtruf der Demonstranten. «Ganz Serbien hat sich aufgelehnt, das erlebt man nicht alle Tage. Ich glaube, das ist das Ende des Regimes», sagte ein Teilnehmer.

15 Menschen wurden beim Einsturz eines Bahnhofvordachs in Novi Sad getötet.

15 Menschen wurden beim Einsturz eines Bahnhofvordachs in Novi Sad getötet.

AFP

Die von Studierenden angeführten Proteste hatten nach dem Einsturz eines Bahnhofsvordachs in der Stadt Novi Sad am 1. November begonnen, bei dem 15 Menschen ums Leben gekommen waren. Das Unglück befeuerte die Wut über die Korruption in Serbien, die Proteste richten sich inzwischen auch gegen Vucics Regierung. Über Monate kam es seither im ganzen Land zu grossen Protesten. Die Demonstration am Samstag war eine der bisher grössten.

EU und UNO mahnen

Auch Unterstützer der Regierung von Präsident Aleksandar Vucic waren allerdings vor Ort, darunter Ultranationalisten, Mitglieder militanter Gruppen und mutmassliche Hooligans, die in der Nähe des Parlaments Barrikaden aufgebaut hatten. Regierungsanhänger bauten auch Zelte vor dem Präsidialamt auf.

EU und UNO hatten die Regierung in Belgrad schon im Vorfeld dazu aufgerufen, das Demonstrationsrecht zu respektieren und Gewalt zu vermeiden. Studierendenverbände riefen in Onlinemedien dazu auf, «ruhig und verantwortungsvoll» zu demonstrieren. «Das Ziel der Bewegung ist es nicht, in Institutionen einzudringen oder diejenigen anzugreifen, die anders denken als wir», hiess es. «Diese Bewegung darf nicht missbraucht werden.»

«Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um die Demonstration abzusichern», versicherte Präsident Vucic am Freitagabend in einer Ansprache. Gleichzeitig drohte er, als Präsident werde er nicht zulassen, «dass die Strasse die Regeln diktiert». Er hob hervor: «Nur um das klar zu machen, ich lasse mich nicht unter Druck setzen.» Er rief alle Seiten zum Gewaltverzicht auf.

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