Skorp drohte junger Mutter: So führte der Online-Beef zur echten Gewalt

Welche Rolle spielt G.L.* (32), besser bekannt als Rapper Skorp808, bei der Tiktok-Fehde zwischen ihm und Brian Keller (28)? Skorp ist ebenfalls ein Ex-Häftling, er sass wegen serienmässigen Einbruchs in diverse Geschäfte fast sieben Jahre ein.

Skorp hat am Mittwoch einen Faustschlag von Brian kassiert, wobei sein Jochbein nach eigenen Angaben brach. Daraufhin wurde Brian festgenommen. Der Boxer sitzt unterdessen wieder in Untersuchungshaft.

Am Freitag tauchten zwei Brian-Freunde vor Skorps Appartement-Wohnung im Kreis 9 auf – Skorp rannte ihnen mit einem Messer nach, wurde daraufhin mit einem Stein beworfen und am Schienbein verletzt. Daraufhin wurde der Tiktoker, der seinen Waffeneinsatz gar live streamte, ebenfalls verhaftet. Er sitzt wie Brian wieder hinter schwedischen Gardinen.

Geht es nach der Zürcher Staatsanwaltschaft, bleibt er das auch noch länger: Es wurde Untersuchungshaft für den Rapper beantragt.

Skorp und Brian sind beide bekannt für ihre Sticheleien. Online teilen sie immer wieder aus, drohen anderen Leuten mit Messern, lösen Polizeieinsätze aus. Was diese Online-Drohungen im realen Leben auslösten, berichtet nun Alexa**.

Die junge Frau ist die Verlobte von Diba*. Und Diba ist einer der beiden Influencer, die auf Brians Seite stehen, und am Freitagabend vor Skorps Appartement auftauchten. «Zwar spricht man in den Medien davon, dass Diba ein Anhänger von Brian ist und sich rächen wollte, das stimmt aber nicht», sagt Alexa. «Es ging um Drohungen, die Skorp gegenüber mir und meinem Baby geäussert hat.»

Der Tiktoker soll laut der jungen Frau neidisch auf Diba sein, weil dieser im Leben mehr erreicht habe als Skorp. «Er hat mir und meiner Tochter gedroht, dass er uns entführen lassen würde, mein Baby schänden, mich vergewaltigen und uns aufschlitzen würde. Auch, dass er dafür bezahlen würde, damit seine Finger nicht dreckig werden», behauptet Alexa.

Doch es kommt noch schlimmer: Skorp soll die Wohnadresse der jungen Eltern veröffentlicht und die Handynummer der Mutter gepostet haben. «Man kann sich ja vorstellen, wie viele Anrufe ich bekommen habe», sagt Alexa zu 20 Minuten.

Skorp habe ihren Verlobten dann dazu aufgefordert, vorbeizukommen und «Mann gegen Mann» zu kämpfen. Diba kam jedoch zu zweit – und Skorp mit dem Messer. Alexa: «Ich dachte, der redet nur wegen des Aufschlitzens. Doch als ich dann im Livestream gesehen habe, wie er ein Messer zückt, hatte ich echt Angst.» Sie fürchte sich noch heute – vor allem, weil ihre Adresse publik gemacht wurde. «Denn Skorps Supporter sind genau so schlimm wie er», meint die junge Frau. Sie hat unterdessen Anzeige erstattet.

Sie wünsche niemandem den Knast oder etwas Böses, «aber dieser Typ hat das verdient», findet sie. Er habe nicht nur gegen sie und ihren Verlobten verbal ausgeteilt, sondern auch gegen Brian und viele andere. Sie wisse nicht, wie das geendet hätte, würde Skorp jetzt nicht im Gefängnis sitzen.

Dass Social-Media-Beef auch mal auf der Strasse ausgetragen wird, ist an sich nichts Neues. Das Ausmass an Aufmerksamkeit, die diese «Crimefluenzer» nun erzeugen, ist in der Schweiz dagegen aussergewöhnlich. «Er ist einfach nur im Film», meint Alexa. «Er hat bemerkt, je mehr Szenen er macht, desto mehr Klicks und Zuschauerzahlen hat er.»

Auch Kriminologe Dirk Baier (47) sagt: «Es geht in jedem Fall um Sichtbarkeit und Anerkennung. Dies drückt sich dann über Likes aus.» Zugleich gehe es aber auch darum, dem Konflikt nicht aus dem Weg zu gehen, nicht als Schwächling dazustehen. «Die Streitigkeiten haben eine Eigendynamik – und die Fotos und Filme, die Klicks generieren, sind ein willkommenes Nebenprodukt in einer Zeit, in der sich das Leben der jungen Menschen stark in den digitalen Raum verlagert hat.»

Das Influencer-Dasein lohne sich aber für die Wenigsten. «Das gilt umso mehr für Crimefluencer, da sie letztlich eine kleine Follower-Gemeinde haben, die auch nicht bereit ist, grosse Summen zu bezahlen.» Die Währung sei daher weniger Geld, sondern eine gewisse Form der Berühmtheit, «die natürlich zweifelhaft ist», so Baier.

Skorps Unterstützer haben unterdessen eine Gofundme-Kampagne gestartet, um Geld für die Anwaltskosten, den Lebensunterhalt und die Unterkunft nach einer zukünftigen Haftentlassung zu sammeln. Von den angestrebten 7000 Franken kamen bisher 470 Franken zusammen.

*Name der Redaktion bekannt.

**Name geändert.