Schwefelporling: Dieser Pilz schmeckt wie Poulet

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Future FoodDieser Pilz schmeckt wie Poulet

Food-Experten prophezeien dem Schwefelporling, auch bekannt als «Chicken of the Woods», eine grosse Zukunft. Kommt der Poulet-Pilz bald in die Supermarktregale?

Der Schwefelporling ist ein Baumpilz, dessen Geschmack und Konsistenz an Pouletfleisch erinnern.

Der Schwefelporling ist ein Baumpilz, dessen Geschmack und Konsistenz an Pouletfleisch erinnern.

Sulphur shelf

Darum gehts

  • Der Weltklimarat IPCC betont die Vorteile einer vermehrt pflanzlichen Ernährung für das Klima und den Planeten.

  • Das bayerische Start-up Walding Foods hat sich dem Ziel verschrieben, einen Pilz gross herauszubringen: den Schwefelporling alias «Chicken of the Woods». Als erstes Team weltweit hat es den Kultivierungsprozess patentiert.

  • Auch ETH-Forscherin Christina Hartmann sieht das Potenzial des Pilzes.

  • Der «Wood Chicken»-Pilz von Walding Foods soll preislich mit Biofleisch mithalten können. Doch bis zur Markteinführung dauert es noch zwei Jahre: Die Produktion von Walding Foods ist noch nicht rentabel.

Stell dir vor: Du beisst in ein frittiertes Nugget, das aussieht und schmeckt wie ein Chicken Nugget – aber aus Pilz statt Poulet besteht. Mit dem Schwefelporling, auch bekannt als «Chicken of the Woods», könnte das bald Realität werden. Der Pilz gilt als möglicher zukünftiger Star der veganen Ernährung.

Aktuell sind gemäss einer repräsentativen Studie der ZHAW rund 72 Prozent der Schweizer Bevölkerung Allesesser. Vegetarier, Veganer und Pescetarier machen gerade einmal sechs Prozent aus. Der Rest sind Flexitarier, die bewusst weniger Fleisch essen. Der Weltklimarat IPCC betont derweil die Vorteile einer vermehrt pflanzlichen Ernährung für das Klima und den Planeten.

Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO verursacht die Fleisch- und Milchindustrie 14,5 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen. Das entspricht mehr als der Hälfte der Umweltauswirkungen der gesamten Lebensmittelproduktion. Der Schwefelporling könnte ein weiterer Schritt in Richtung pflanzenbasierter Ernährung sein.

«Die perfekte Fleischalternative»

Das bayerische Start-up Walding Foods hat sich dem Ziel verschrieben, den Pilz gross rauszubringen. «Bei einem Besuch in der Schweiz haben wir zufällig einen Schwefelporling gesehen», sagt Alison Stille, die Co-Gründerin von Walding Foods. «Beim Verzehr dachten wir sofort: Das ist die perfekte Fleischalternative.» Und sie stellten fest: Der Pilz wird noch nicht industriell produziert.

Dabei ist der Schwefelporling in der Pilz-Community kein Unbekannter. Das Magazin «ZME Science» beschreibt ihn als bei Pilzsammlern beliebt. Auf Youtube existieren zahlreiche Videos dazu, wie sich der Pilz identifizieren und zubereiten lässt. «Chicken of the Woods ist optimal für alle, die sich gesund ernähren wollen, denn er ist fettarm und enthält viel Eiweiss», heisst es bei «ZME Science». Sein Proteingehalt sei vergleichbar mit jenem von Quinoa. Doch trotz seines Potenzials wird der Pilz zumeist noch als Schädling angesehen. Beim Sammeln ist Vorsicht geboten: Der Pilz muss richtig zubereitet werden, um ohne Folgen genossen werden zu können.

Knackpunkt: Fruchtkörper

Die 34-jährige Alison Stille und ihre Co-Gründer, allesamt Biologen, standen vor einer komplizierten Aufgabe. Der Knackpunkt an der Pilzzucht ist der Fruchtkörper. In der Natur kreieren Pilze nicht jedes Jahr einen solchen – doch um eine konstante Produktion zu garantieren, braucht es eine regelmässige Ernte. «Nach jahrelanger Forschung waren wir erfolgreich», so Stille. «Wir konnten ein Kultivierungsverfahren patentieren lassen.» Als erstes Team weltweit war ihnen dieser Schritt gelungen.

Noch zu teuer

Was braucht es, damit ein Fleischersatzprodukt bei Kunden ankommt? Christina Hartmann forscht an der ETH Zürich zu dieser Frage: «Der Konsument muss den Vorteil sehen, ohne auf den Geschmack zu verzichten und mehr dafür bezahlen zu müssen.» Ein weiterer Faktor, der hinzukommt: das Vertrauen. «Viele Fleischersatzprodukte haben zu viele Zusatzstoffe und eine ungünstige Nährstoffzusammensetzung», sagt Hartmann. Produkte wie jene von Planted, die auf wenig Inhaltsstoffe setzen, seien aktuell die Ausnahme. Ein Produkt, in dem auch die Forscherin Potenzial sieht: der Schwefelporling.

Walding Foods nennt seinen Pilz «Wood Chicken». «Wir wollen kein Convenience-Produkt herstellen, sondern eine neue Grundlage für Fleischalternativen schaffen», so Co-Gründerin Stille. Das Vorbild: Soja. Die Nachfrage sei da. «Aber wir brauchen noch etwa zwei Jahre.» Die Produktion des Pilzes ist noch zu teuer, um mit Biofleisch oder anderen Edelpilzen mithalten zu können. Dazu müssen die Fruchtkörper noch grösser werden, als sie aktuell sind. Bis zur Markteinführung setzt Walding Foods auf fermentierte Pilzprodukte wie einen veganen Burger.

Weitere Lebensmittel mit Zukunft

Pilze sind nicht die einzigen Lebensmittel, denen auf dem Weg zu klimagerechter Ernährung eine grosse Zukunft prophezeit wird. Die britische BBC beschäftigt sich mit der Frage, was wir 2050 auf den Tellern haben werden. Neben Bohnen nennt sie auch die Ensete, besser bekannt als «Falsche Banane», oder Pandan, das heute schon als grünes Superfood gepriesen wird. Von weltweit mehr als 7000 essbaren Pflanzen würden aktuell nur 417 im grossen Stil angebaut und für Lebensmittel verwendet. 

In der Zubereitung kann der «Chicken of the Woods» genannte Pilz wie Poulet verwendet werden.
Auch ETH-Forscherin Christina Hartmann sieht Potenzial im Pilz: «Viele Fleischersatzprodukte haben zu viele Zusatzstoffe und eine ungünstige Nährstoffzusammensetzung.»
Das bayerische Start-up Walding Foods hat sich dem Ziel verschrieben, den Pilz gross rauszubringen. Co-Gründerin Alison Stille (im Bild): «Nach jahrelanger Forschung konnten wir ein Kultivierungsverfahren patentieren lassen.»
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In der Zubereitung kann der «Chicken of the Woods» genannte Pilz wie Poulet verwendet werden.

Walding Foods

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