Einkaufstourismus : Wut über Keller-Sutters Beschränkung riesig – Kantone wollen mehr

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EinkaufstourismusWut über Keller-Sutters Beschränkung riesig – Kantone wollen mehr

Das Finanzdepartement von Karin Keller-Sutter (FDP) will den mehrwertsteuerfreien Einkauf im Ausland einschränken. Die Community ist empört. Doch die betroffenen Grenzkantone wollen noch striktere Einschränkungen.

Die 20-Minuten-Community zeigt sich empört darüber. Einige schreiben, dass sie auf die günstigen Einkäufe im Ausland angewiesen sind.
Der Bund sagt dem Einkaufstourismus den Kampf an, im grenznahen Gebiet günstig einzukaufen soll sich bald nicht mehr so fest lohnen wie heute.
Das Finanzdepartement unter Bundesrätin Karin Keller-Sutter plant, die Obergrenze für mehrwertsteuerfreie Einkäufe im Ausland von 300 Franken auf 150 Franken herunterzusetzen.
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Die 20-Minuten-Community zeigt sich empört darüber. Einige schreiben, dass sie auf die günstigen Einkäufe im Ausland angewiesen sind.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Das Finanzdepartement will die Obergrenze für mehrwertsteuerfreie Einkäufe im Ausland heruntersetzen. Die Community zeigt sich empört darüber. Einige sind auf die günstigen Einkäufe angewiesen.

  • Das zuständige Bundesamt zieht sich aus der Verantwortung und weist die Kritik weiter. Man handle lediglich im Auftrag des Parlaments.

  • Ins Rollen gebracht wurde das Geschäft von den Kantonen St. Gallen und Thurgau. Diese sehen zwar die Bedenken, halten aber an der Forderung nach Einschränkungen bezüglich Auslandstourismus fest.

Das Finanzdepartement plant, die Obergrenze für mehrwertsteuerfreie Einkäufe im Ausland von 300 Franken auf 150 Franken herunterzusetzen. Sprich: Der Bund sagt Einkaufstourismus den Kampf an, im grenznahen Einkauf günstig einzukaufen soll sich bald nicht mehr so fest lohnen wie heute (siehe unten).

Das löst bei Teilen der 20-Minuten-Leserschaft Unmut und Empörung aus. In einer Umfrage geben 84 Prozent der über 25’000 Teilnehmenden an, dieses Vorhaben nicht gut zu finden. Die Schweiz sei zu teuer, der Bund solle die Konsumenten nicht einsperren. «Jetzt gehe ich aus Trotz erst recht in Deutschland einkaufen», schreibt ein Leser. «Ich fahre bei jeder Gelegenheit über die Grenze und kaufe alles ein, was ich benötige. Es ist einfach alles wesentlich günstiger», eine andere.

Das würde sich ändern

Aktuell kann, wer für mindestens 50 Franken, aber nicht mehr als 300 Franken im Ausland einkauft, die ausländische Mehrwertsteuer zurückfordern – ohne die schweizerische Mehrwertsteuer nachzahlen zu müssen. Wer im Ausland einkaufen geht, um sich die Steuern zu sparen, müsste künftig öfter fahren oder gleich einen Familienausflug planen – die Wertfreigrenze gilt pro Kopf und Tag.

Grund sind Initiativen der Kantone Thurgau und St. Gallen

«Der Bund kann Konsumenten nicht einsperren, er produziert einfach mehr Verkehr», sagt Konsumentenschützerin Sara Stalder. Zudem habe der Zeitpunkt für eine solche Massnahme nicht unpassender sein können. «Krankenkassen, Energie, ÖV, Post – überall werden höhere Kosten auf die Konsumenten abgewälzt.»

Angesprochen auf die Kritik weist Noemi Martig, Mediensprecherin des Eidgenössischen Finanzdepartements, darauf hin, dass es sich bei diesem Geschäft um einen Auftrag des Parlaments handle, den der Bundesrat umsetzen müsse. Konkret nennt sie eine Motion der nationalrätlichen Finanzkommission sowie zwei Standesinitiativen der beiden Grenzkantone Thurgau und St. Gallen. Die Standesinitiativen fordern gar, dass der Freibetrag ganz abgeschafft wird.

St. Gallen: «Einkaufstourismus ist keine zielführende Lösung gegen Teuerung»

Verantwortlich für die Initiativen aus den Kantonen sind die Volkswirtschaftsdirektoren, in St. Gallen FDP-Regierungsrat Beat Tinner. Er verteidigt seine Forderung: «Die steuerliche Ungleichbehandlung von In- und Auslandkonsum ist ein Fehlanreiz und schadet insbesondere dem hiesigen Detailhandel in Grenzregionen.» Man begrüsse deshalb die Stossrichtung des Vorschlags, die Wertfreigrenze zu reduzieren.

Teuerung, Inflation sowie steigende Krankenkassenprämien und Energiepreise seien zwar Herausforderungen, welche die Bevölkerung belasten würden. «Wir sind allerdings nicht der Ansicht, dass der Einkaufstourismus eine zielführende Lösung ist», so Tinner.

Thurgau: «Entspricht noch nicht dem, was die Thurgauer Politik fordert»

Der Thurgauer FDP-Regierungsrat Walter Schönholzer versteht zwar den Unmut der Menschen «dort, wo importierte Produkte in der Schweiz viel teurer sind, weil sie von ausländischen Herstellern mit einem ungerechtfertigten ‹Schweiz-Zuschlag› belegt werden», wie er zu 20 Minuten sagt. Dieses Problem gelte es anzugehen.

Aber: «Ist es in Ordnung, dass Einkaufstouristen keine Mehrwertsteuer bezahlen, während alle anderen, die in der Schweiz einkaufen, diese Steuer bezahlen?», stellt Schönholzer die Gegenfrage. Zudem würden bei weitem nicht nur Menschen an der Armutsgrenze ins grenznahe Ausland pilgern.

Schönholzer bleibt darum ebenfalls dabei: Der mutmassliche Vorschlag des Finanzdepartements, die Wertfreigrenze zu halbieren, gehe in die richtige Richtung. «Er entspricht aber noch nicht dem, was die Thurgauer Politik mit der Standesinitiatve fordert.»

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