Jerome Powell unter Druck: Schiesst Trump die US-Notenbank ab?

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Federal ReserveJerome Powell unter Druck: Schiesst Trump die US-Notenbank ab?

Donald Trump will Einfluss auf die Geldpolitik des Landes nehmen. Kann er die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed einschränken oder sie gar abschaffen? Ein Anlageprofi ordnet ein.

Donald Trump hat Jerome Powell zum Fed-Chef ernannt, kritisiert ihn aber trotzdem oft öffentlich.
Powell sagt, er werde seinen Posten nicht räumen – auch dann nicht, wenn Trump das von ihm verlange.
Auch Gary Gensler, dem Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht SEC, hat Trump mit einer Entlassung gedroht.
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Donald Trump hat Jerome Powell zum Fed-Chef ernannt, kritisiert ihn aber trotzdem oft öffentlich.

The White House/Sipa USA

Darum gehts

  • Donald Trump kritisiert die US-Notenbank und deren Chef, Jerome Powell, immer wieder öffentlich für seine Zinspolitik, was Spekulationen über Powells Zukunft schürt.

  • Trump fordert mehr Einfluss des US-Präsidenten auf die Entscheidungen der Fed, einige Republikaner fordern gar ihre Abschaffung.

  • Für den Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank ist klar: Geht Trump zu weit, würden die USA einen starken wirtschaftlichen Schaden erleiden.

Donald Trump will eine Bitcoin-Reserve aufbauen und den Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht entlassen. Auch ein Angriff auf Jerome Powell und die US-Notenbank steht im Raum, einige Stimmen fordern gar ihre Abschaffung. Sind das bloss Drohungen oder meint es Trump ernst? Thomas Rühl, Anlagechef und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank, schätzt ein.

Donald Trump, Jerome Powell und Gary Gensler – das ist passiert

Barack Obama berief Jerome Powell in den Vorstand der US-Notenbank (Fed), Donald Trump ernannte ihn schliesslich zum Fed-Chef. Trump hat Powells Entscheidungen seither aber oft öffentlich kritisiert, was nun zu Spekulationen um Powells Zukunft bei der Fed führt. Dieser bekräftige diese Woche, er werde seinen Posten nicht räumen – auch dann nicht, wenn Trump das von ihm verlange.

Trump legte sich im Wahlkampf zudem mit Gary Gensler an, dem Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht SEC: Er werde ihn am ersten Tag seiner Amtszeit entlassen. Ob Trump das kann, ist allerdings fraglich.

«Die US-Notenbank abschaffen? Das wäre ein Experiment mit völlig ungewissen Folgen»

Thomas Rühl, Anlagechef und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank, warnt im Interview vor der Abschaffung der US-Notenbank, die einige US-Republikaner anstreben.

Thomas Rühl, Anlagechef und Leiter Research der Schwyzer Kantonalbank, warnt im Interview vor der Abschaffung der US-Notenbank, die einige US-Republikaner anstreben.

Schwyzer Kantonalbank

Trump fordert immer wieder ein Mitspracherecht des Präsidenten bei Entscheidungen der US-Notenbank. Finden Sie das eine gute Idee?

Thomas Rühl: Nein, das wäre katastrophal. Die Unabhängigkeit der Fed ist die Basis für den Erfolg des US-Finanzsystems. Schränkt Trump sie ein, wäre das für den Dollar und die US-Wirtschaft klar negativ.

Wie wahrscheinlich ist es, dass Trump die Unabhängigkeit der Fed angreift?

Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Trump die Unabhängigkeit der Fed in gravierender Art und Weise angreift. Er hatte schon in seiner ersten Amtszeit versucht, die Notenbank zu beeinflussen – damals ohne Erfolg.

Kann Trump den Fed-Chef Jerome Powell nicht einfach entlassen?

Nein, so einfach ist das nicht. Trump müsste dafür US-Gesetze ändern. Das ist denkbar, vor allem, wenn er die Mehrheit im Repräsentantenhaus und im Senat holt. Dieses Vorhaben umzusetzen, würde aber dauern.

Also wird Trump Powell nicht so schnell los?

Powells Amtszeit läuft bis Mai 2026. Bis dann wird er wohl im Amt bleiben. Ihn vorher abzusetzen, ist schwierig. Der US-Finanzplatz und die Wall Street würden das nicht goutieren. Trump dürfte sich darum zurückhalten.

Trump könnte aber einen Schattenchef für die Fed ernennen, der 2026 übernimmt und schon jetzt Druck auf Powell ausüben könnte.

Das ist denkbar. Ich glaube aber nicht, dass die Akteure im Finanzwesen stärker auf diese Person hören würden als auf Powell. Zudem haben die Märkte schon eingepreist, dass sein Nachfolger wohl sehr Trump-nah sein wird.

Der republikanische Senator Mike Lee hat gar vorgeschlagen, die Fed abzuschaffen. Was halten Sie davon?

Solche Ideen zirkulieren in libertären Kreisen schon lange. In diesem Fall würde die USA ein Experiment mit völlig ungewissen Folgen für Sparerinnen und Unternehmen starten. Oder man führt einen Goldstandard ein, was schon in der Vergangenheit nicht funktionierte.

Wie stehst du zur Idee, die US-Notenbank abzuschaffen?

Rund um die Fed gibt es etliche Verschwörungstheorien, für viele ist sie die Wurzel allen Übels. Warum polarisiert die US-Notenbank so stark?

Notenbanken haben viel Macht. Wir spüren die Zinsen auf der Hypothek oder auf dem Konto im eigenen Portemonnaie. Das macht die Notenbanken geheimnisvoll und faszinierend. In der Realität erfüllen sie einen komplexen und risikobehafteten Auftrag, wie eine Herzchirurgin. Sie machen das mehrheitlich gut und ohne versteckte Absichten.

Trump hat zudem angekündigt, den Chef der Börsenaufsicht, Gary Gensler, zu entlassen. Kann er das überhaupt?

Das ist denkbar, auf gesetzlichem Weg aber nicht möglich. Anzumerken ist hier, dass Gary Genslers Rolle zwar wichtig, im Vergleich zu der von Jerome Powell aber weniger bedeutsam ist. Gensler beaufsichtigt als Chef der Börsenaufsicht den Wertpapierhandel, Powell lenkt das ganze Finanzsystem.

Trumps Agenda mit Zöllen und Steuersenkungen dürfte stark inflationär wirken, was kann die US-Notenbank dagegen tun?

Sie kann vor allem die Zinsen erhöhen. Was sie hingegen kaum tun kann, ist, den Markt über Deviseninterventionen zu steuern, so wie es die SNB macht. Dafür ist die Binnenwirtschaft in den USA viel zu gross.

Trump hat versprochen, eine strategische Bitcoin-Reserve für die USA aufzubauen. Wird er das wirklich tun?

Ich halte das für unwahrscheinlich, das wäre extrem riskant. Bitcoin ist nicht als Reservewährung konzipiert. Es ist dafür zu volatil und zu stark abhängig von Grossinvestoren. Und Bitcoin ist eine Konkurrenz zum US-Dollar. Trump wird sich wohl davor hüten, den US-Dollar zu schwächen. Das Vorhaben würde seiner America-First-Mentalität stark widersprechen.

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