Er feierte TerrorUni Bern feuert Dozent – Untersuchung gegen Ehefrau
Ein Mitarbeiter der Universität Bern, der auf Social Media den Terror gegen Israel feierte, ist seit letztem Mittwoch freigestellt. An einer Medienkonferenz informiert die Uni über die fristlose Entlassung des Dozenten.
«Soweit ich weiss, gab es Drohungen gegen Mitarbeitende»: Das Institut des entlassenen Dozenten entfernte die Team-Übersicht von der Webseite.
20min/Matthias Spicher, Simon Ulrich«Als ich davon erfuhr, dachte ich, ich höre nicht richtig»: Das sagt Rektor Christian Leumann zu 20 Minuten.
20MIN/MATTHIAS SPICHER, SIMON ULRICHDarum gehts
Die Universität Bern entlässt den Dozenten, der auf X den Angriff der Hamas gegen Israel gefeiert hatte, fristlos.
Seine Partnerin, die gleichzeitig als Co-Institutsleiterin seine Chefin war, wird für die Dauer eine externen administrativen Untersuchung von ihren Aufgaben entbunden.
Durch die Untersuchung wollen die Uni und das Institut für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften (ISNO) die Glaubwürdigkeit wiederherstellen.
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Das sagt Saïda Keller-Messahli
«Ich begrüsse den Entscheid der Universität Bern», sagt Autorin und Menschenrechtsaktivistin Saïda Keller-Messahli zu 20 Minuten. «Ich habe von Anfang an für eine Kündigung plädiert und fand es störend, dass sich die Uni so lange Zeit gelassen hat. Die fristlose Entlassung ist in dieser Situation der einzig mögliche Schritt. Es war nötig, ein klares Zeichen zu setzen.»
Und weiter: «Der Dozent hat mit seinen Tweets eine rote Linie, eine Grenze der Menschlichkeit, überschritten. Die Universität, sein Arbeitgeber, ist eine öffentliche Institution, die durch Steuergelder finanziert wird. Ihre Verantwortung und Verpflichtung ist deshalb besonders gross.»
Laut Keller-Messahli ist auch die Ehefrau des Dozenten als Institutsleiterin nicht mehr tragbar. «Das Institut mit einer externen Untersuchung durchleuchten zu lassen und sie freizustellen, halte ich für die richtige Reaktion.»
«Diese Tweets sind jenseits jeglicher Diskussion»: Das sagen Dekan und Rektor
«Soweit ich weiss, gab es Drohungen gegen Mitarbeitende»: Das Institut des entlassenen Dozenten entfernte die Team-Übersicht von der Webseite.
20min/Matthias Spicher, Simon UlrichIm Interview mit 20 Minuten spricht Dekan Peter Schneemann über die vergangenen Tage am Institut für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften (ISNO). Auf der Homepage des Institutes ist die Team-Übersicht verschwunden.
Laut Schneemann gab es scharfe Reaktionen auch gegenüber Mitarbeitenden: «Das hat Ängste ausgelöst», sagt er zu 20 Minuten. «Es ist eine der Pflichten, die Mitarbeitenden zu schützen.» Gab es Drohungen? «Soweit ich weiss, ja», so Schneemann weiter. Gegen wen die Drohungen geäussert wurden, kann Schneemann nicht spezifisch sagen. Er betont: «Es ist ein Klima des Hasses entstanden, das hochproblematisch ist.»
Dafür, dass die Tweets grosse Entrüstung ausgelöst haben, hat Schneemann jedoch Verständnis. Und er sagt: «Diese Tweets sind auch für die Fakultät jenseits jeglicher Diskussion. Das ist nicht akzeptabel.»
«Als ich davon erfuhr, dachte ich, ich höre nicht richtig»: Das sagt Rektor Christian Leumann zu 20 Minuten.
20min/Matthias Spicher, Simon UlrichWegen Drohungen: Uni schützt Mitarbeitende des betroffenen Instituts
Rektor Christian Leumann sagt zu den Drohungen: «Der davon betroffene Wissenschaftsbereich ist natürlich extrem exponiert. Da gibt es gewisse Sicherheitsfragen, die im Vordergrund stehen, zum Schutz der Personen, die an diesem Institut tätig sind.»
Zu den Tweets sagt er: «Als ich davon erfuhr, dachte ich, ich höre nicht richtig. Im Grunde genommen ist das einfach eine derart inakzeptabel gewesen, dass ich mich gewundert habe, dass eine Person so etwas aussprechen kann: Menschenverachtend. Völlig inakzeptabel für eine öffentliche Institution wie die Universität Bern.
Anders als zuvor Generalsekretär Christoph Pappa räumt Leumann ein, dass der öffentliche Druck und weitere, ältere Tweets des Dozenten bei dessen fristloser Entlassung eine Rolle gespielt haben.
Medienkonferenz beendet
Damit ist die Medienkonferenz zu Ende. Danke für dein Interesse!
«Erfolgt die fristlose Kündigung aufgrund der Tweets oder gab es noch mehr?»
Pappa: «Es sind die Tweets und der damit einhergehende Vertrauensverlust.»
«Wird Untersuchungsleiter Antonio Loprieno auch an die Uni kommen?»
Leumann: «Ja, das wird er müssen.»
«Ist in der letzten Woche noch mehr bekannt geworden?»
Pappa: «Es gab noch mehr.» Weiter geht Pappa darauf aber nicht ein, das sei nun Teil der Abklärungen.
«In einer Vorlesung soll dem Staat Israel das Existenzrecht abgesprochen worden sein. Weshalb ist so etwas nicht zur Universitätsleitung gedrungen?»
Pappa: «Das ist nie auf die Ebene des Rektorats gekommen. Normalerweise kommen Sachen, die schräg sind, oder mehr als schräg, schnell in die Medien oder direkt zum Rektorat. Der geschilderte Fall ist dem Rektorat erst letzte Woche zu Ohren gekommen.»
Leumann ergänzt: «Wir machen kein generelles Monitoring unserer Mitarbeitenden. Wir haben unsere Regelungen, aber wir überprüfen nicht alle Äusserungen an unseren Instituten.»
«Hat man beim Einstellungsprozess gewusst, dass die Partnerin des Dozenten auch an der Uni arbeitet?»
Leumann: Man wolle als Arbeitgeber attraktiv sein, und bei internationalen Anstellungen komme es immer wieder zu solchen Situationen. Eine direkte Unterstellung der Partnerin/des Partners sei gemäss Uni-Richtlinien eigentlich nicht möglich. «Wir sind hier in eine schwierige Situation geraten, weil sich ein Loyalitätsproblem ergibt: Gegenüber dem Partner bzw. gegenüber der Universität.»
Tolino hatte sich gegenüber 20 Minuten hinter ihren Partner, der die Tweets abgesetzt hatte, gestellt.
«Hat es zuvor schon Hinweise auf problematische Gesinnungen gegeben?»
Leumann: «Es war für uns vorher unauffällig.» Genau deshalb sei die Untersuchung nun wichtig.
Nun beginnt die Fragerunde
Anwesende Journalisten können Fragen stellen.
«Studierende sind schockiert»
Dekan Peter Schneemann (Phil.-hist. Fakultät) ergreift das Wort: «Es ist klar, dass die Studierenden schockiert sind. Es ist uns daran gelegen, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Wir setzen alles daran, dass in Bezug auf Forschung und Lehre keine Ausfälle entstehen.» Derzeit wird abgeklärt, wie die personellen Ausfälle kompensiert werden sollen.
Administrative Untersuchung
Zusätzlich zur fristlosen Kündigung des Mitarbeiters wird die Co-Institutsleiterin Serena Tolino für eine Administrativuntersuchung von ihren Aufgaben entbunden, erläutert Christoph Pappa. Tolino ist die Partnerin des Dozenten, der die Tweets abgesetzt hat.
Die Untersuchung soll den Zweck haben, die Strukturen am Institut für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften (ISNO) zu durchleuchten und die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen. Die Untersuchung wird extern durchgeführt, nämlich von Antonio Loprieno, dem ehemaligen Rektor der Universität Basel.
«Völlig inakzeptabel»
Die Universätsleitung ist erschüttert. «Solche Äusserungen, wie sie ein Mitarbeiter von uns auf X abgesetzt hat, sind völlig inakzeptabel», sagt Christian Leumann.
Dozent wird fristlos entlassen
Bereits klar ist: Der betreffende Dozent wird fristlos entlassen. Dies ist der Medienmitteilung zu entnehmen, die vor der Medienkonferenz verteilt wird.
Die Medienkonferenz beginnt
Zuerst spricht Rektor Christian Leumann. Ebenfalls an der Medienkonferenz teil nehmen Dekan Peter Schneemann und der Generalsekretär Christoph Pappa.
Bald geht es los
Der Saal füllt sich langsam. In wenigen Momenten beginnt die Medienkonferenz.
Medienkonferenz um 15 Uhr
Die Universität kündigte an, «die gesamte Situation am Institut» zu prüfen. Welche Massnahmen resultieren aus diesen Abklärungen? Am Dienstag um 15 Uhr informiert die Uni über die (personellen) Konsequenzen, die sie aus dem Fall zieht.
Die Institutsleiterin
Auch gegen die Vorgesetzte und Ehefrau des Ägypters, Institutsleiterin Serena Tolino, wurden Vorwürfe erhoben. Sie habe sich in ihrer ersten Reaktion gegenüber 20 Minuten nicht ausreichend von den fragwürdigen Online-Beiträgen ihres Gatten distanziert.
Ausserdem likte sie am Tag des Hamas-Angriffs unter anderem einen Tweet, in dem Parallelen zwischen dem Verteidigungskrieg der Ukrainer gegen Russland und dem Widerstand der Palästinenser gezogen werden – ohne sich vom Terror der Hamas zu distanzieren.
Weiter ergaben Recherchen von 20 Minuten, dass Tolino 2016 eine Kampagne der israelfeindlichen BDS unterstützte – eine Bewegung, die wegen antisemitischer Äusserungen immer wieder in der Kritik steht.
Die Uni stellte denn auch klar, man sei «unglücklich über die Rolle von Frau Tolino in der aktuellen Situation».
Der Dozent
Ein Mitarbeiter des Instituts für Studien zum Nahen Osten und zu muslimischen Gesellschaften der Universität Bern tat sich auf X (ehemals Twitter) mit Terror verherrlichenden Tweets hervor. Nachdem 20 Minuten den Fall publik gemacht hatte, brach ein regelrechter Shitstorm über das Institut und die Unileitung herein. Am letzten Mittwoch wurde der umstrittene Dozent «bis zur abschliessenden Klärung der Konsequenzen» freigestellt, wie es in der Stellungnahme der Uni hiess. Man erachte seine Postings als «inakzeptabel».