USA – Für diese Familie hat der 6. Januar 2021 nie aufgehört

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USAFür diese Familie hat der 6. Januar 2021 nie aufgehört

Heute vor genau einem Jahr randalierten die Anhänger des Ex-Präsidenten Donald Trump in Washington. Der Sturm aufs Capitol beschäftigt das Land ein Jahr später noch immer. Die Familie Reffitt aus Texas besonders.

Die Reffitts aus Texas wurden durch die Ereignisse des 6. Januar 2021 auseinandergerissen.
Vater Guy Reffitt war einer der Randalierer am Capitol an jenem Tag. Dafür muss er sich nun vor Gericht verantworten.
Sohn Jackson Reffitt (19) hatte seinen Vater wegen der Teilnahme an den gewaltsamen Protesten bei den Behörden gemeldet.
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Die Reffitts aus Texas wurden durch die Ereignisse des 6. Januar 2021 auseinandergerissen.

Screenshot/Facebook

Darum gehts

Die USA begehen heute das einjährige Jubiläum des Sturms aufs Capitol. Noch immer kämpft das Land mit den Folgen. In einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage des Senders CBS News sagten zwei Drittel der Befragten, die US-Demokratie sei «bedroht». Für heute ist in Washington eine Schweigeminute geplant. Präsident Biden soll im Verlauf des Tages eine Rede halten. Passagen wurden schon vorher bekannt. «Werden wir eine Nation sein, die politische Gewalt als Regelfall akzeptiert?», fragt er darin.

Eine Familie kämpft noch heute mit den Folgen des 6. Januar 2021. Die Reffitts aus Texas wurden durch die Ausschreitungen von Washington auseinandergerissen. Vater Guy war einer der Randalierer von Washington. Sein Sohn Jackson (19) meldete ihn daraufhin den Behörden. Heute lebt er an einem anderen Ort und hat keinen Kontakt mit seinen Schwestern und seiner Mutter. Schon bald kommt der Fall auch vor Gericht. Vater Guy ist wegen seiner Taten nämlich angeklagt.

Festnahme nach zehn Tagen – auf Tipp des eigenen Sohnes

Heute vor genau einem Jahr kam es in der amerikanischen Hauptstadt Washington DC zu wüsten Szenen, die einen internationalen Aufschrei auslösten. Tausende von Anhängerinnen und Anhängern des damaligen Präsidenten Donald Trump stürmten nach einer Kundgebung von diesem, das amerikanische Parlamentsgebäude, das Capitol. Bei den gewalttätigen Ausschreitungen wurden mehrere Personen schwer verletzt. Eine Demonstrierende verstarb, nachdem sie von Polizeischüssen tödlich getroffen wurde. Laut der «New York Times» gab es infolge der Capitol-Erstürmung mindestens sieben Tote. Die Demonstrierenden stürmten und plünderten die Büros von Kongressabgeordneten. Hier gibt es eine Chronologie zum Tag.

Am 6. Januar 2021 stürmten Anhänger des damaligen US-Präsidenten das Capitol in Washington.

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Mittendrin war auch Guy Reffitt aus Texas. Auf Videoaufnahmen des Tages war unter anderem zu sehen, wie er die Tür der obersten Demokratin Nancy Pelosi aufbrauch. Auf sich trug er mehrere Waffen, darunter ein AR-15-Sturmgewehr und eine Pistole. Seine Familienmitglieder konnten zunächst nicht glauben, dass er dabei war. Den Behörden erklärten sie gemäss Vice News später, dass sie die Videoaufnahmen rund 20 Mal angeschaut hätten, bevor sie realisierten, was geschehen war.

Als Guy nach Hause zurückkehrte, sprach er zunächst noch grossspurig über seine Taten. Er sei nach Washington gereist, um «sein Land zu schützen.». Nach einigen Tagen wurde er jedoch immer nervöser und fürchtete sich offenbar vor der drohenden Strafverfolgung durch die Behörden. Er wies seine Familie an, sämtliche Dokumente, die seinen Aufenthalt in Washington beweisen könnten, zu löschen. Seine Kinder warnte er: «Wenn irgendwer mich bei der Polizei verrät… dann wisst ihr ja was mit Verrätern passiert.» Gemäss Vice News schrie er eine seiner Töchter an, er werde sie erschiessen, sollte sie sein Handy noch einmal anfassen.

Über 700 Anklagen wegen Sturm aufs Capitol

Zu diesem Zeitpunkt fasste sich sein 19-jähriger Sohn, Jackson, ein Herz und rief die Polizei an. Am 16. Januar, nur zehn Tage nach dem Sturm aufs Kapitol wurde sein Vater festgenommen. Seither sitzt Guy in Untersuchungshaft. Für den kommenden Monat ist der Beginn des Gerichtsverfahrens gegen ihn terminiert. Zwischen seinem Sohn, Jackson, und dem Rest der Familie kam es zum Bruch. Jackson verliess das Elternhaus . Die Kosten für die neue Wohnung übernahmen Unterstützer per Crowdfunding, nachdem er vom Fernsehsender CNN interviewt wurde.

«Zu wissen, dass er dort war, hat mich dazu gebracht, jeglichen Respekt vor meinem Vater zu verlieren», sagt Jackson nun ein Jahr später gegenüber dem Fernsehsender ABC News. Für seinen Entscheid erhält er Droh-SMS von Trump-Fans. Während sein Sohn sich gegen ihn gestellt hat, unterstützen die beiden Töchter Peyton und Sarah sowie die Ehefrau Nicole Guy Reffitt jedoch weiterhin. Auch sie haben versucht, von «Fans» Geld zu erhalten. 55’000 Dollar sind so zusammengekommen. Von den rechten Medien im Land werden sie hochgelobt.

Sohn hofft auf Versöhnung

Der 6. Januar beschäftigt die US-Justiz bis heute. Nach Angaben des Justizministeriums sind bisher 725 Verdächtigte im Zusammenhang mit der Erstürmung des US-Capitols festgenommen und angeklagt worden. In vielen Fällen kamen die entscheidenden Tipps – wie im Falle der Reffitts – von Familienmitgliedern. Für ihren Einsatz ernteten die Sicherheitskräfte viel Kritik. Auch Jackson Reffitt hatte die Behörden vor seinem Vater gewarnt. Dieser sei Mitglied der extremistischen Organisation «Three Percenters» und wolle nach Washington reisen, erklärte er dem FBI in den Tagen vor dem Sturm aufs Kapitol. Doch nichts geschah.

Der Prozessbeginn gegen Guy Reffitt ist für Anfang Februar geplant, wie ABC News berichtet. Reffitt muss sich dann gleich mehreren Anklagepunkten stellen, darunter Behinderung der Behörden und ziviler Ungehorsam. Als schuldig bekannt hat er sich nicht. Seine Familie blickt nervös auf den Prozessbeginn. «Es wird hart sein. Ich fühle mich immer noch schuldig, aber dies ist dennoch das bestmögliche Szenario», erklärt sein Sohn Jackson gegenüber Vice News. Die Familie hofft die Wogen irgendwann wieder glätten zu können. «Wenn wir es schaffen, durch diesen Prozess zu kommen, können wir wieder zusammen kommen. Es wird hart … Aber wir sind stark», sagt Jackson.

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(DPA/AFP/pme)

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