LebensmittelRösti informiert: So will der Bundesrat neue Gentechnik erlauben
Der Bundesrat will neue gentechnische Methoden in der Landwirtschaft erlauben. Darunter fallen Pflanzen, die mit der Genschere CRISPR/Cas9 und anderen «neuen Züchtungsmethoden» verändert wurden. Widerstand ist programmiert.

Albert Rösti informierte an einer Medienkonferenz, dass der Bundesrat neue gentechnologische Züchtungsmöglichkeiten erlauben will. Das Gesetz dazu geht nun in die Vernehmlassung.
20min/Stefan LanzDarum gehts
Der Bundesrat will neue Formen der Gentechnik in der Schweiz für die Landwirtschaft erlauben.
Konkret geht es um Pflanzen, die zum Beispiel mit der Genschere CRISPR/Cas9 bearbeitet wurden.
Bisher sind Gentech-Pflanzen in der Schweiz verboten.
Die «herkömmliche» Gentechnik soll verboten bleiben.
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«Gentech-Tiere» bleiben verboten
20 Minuten will als letzte Frage der Medienkonferenz noch wissen, ob mit dem neuen Gesetz auch gentechnisch veränderte Tiere erlaubt würden. Der Bundesrat verneint das. Es gehe ausschliesslich um gentechnisch veränderte Pflanzen.
Damit endet die Veranstaltung, in Kürze liest du eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Inforamtionen.
Skepsis in der Bevölkerung
«Ohne Warenflusskontrolle und Risikominimierung wird das Volk skeptisch bleiben», ist Bundesrat Rösti überzeugt. Indem sie diese beiden Punkten ins Gesetz aufnehme, gehe die Schweiz weiter als die EU, die derzeit ebenfalls an einer Regelung der neuen Gentechnologien in der Landwirtschaft arbeitet.
Begrifflichkeiten
Man müsse unterscheiden zwischen den alten und neuen Gentechniken, darum spreche der Bundesrat von «neuen Züchtungstechnologien» und nicht von «neuer Gentechnik», so Albert Rösti auf eine Journalistenfrage.
Keine Risiken plus Nutzen, sonst keine Erlaubnis
Risiken, wie die ungewollte Verbreitung der gentechnisch veränderten Pflanzen in der Natur, müssen gemäss Gesetzesentwurf ausgeschlossen sein und daneben muss ein zusätzlicher Nutzen, gegenüber herkömmlich gezüchteter Pflanzen vorhanden sein, damit eine Pflanze eine Bewilligung erhält.
Katrin Schneeberger, Direktorin des Bundesamtes für Umwelt, fügt zudem an, dass derzeit intensiv an Möglichkeiten geforscht werde, gentechnisch veränderte Pflanzen nachzuweisen. Dies soll Betrug bei der Kennzeichnungspflicht verhindern. Die Direktorin gibt sich zuversichtlich, dass die Wissenschaft in Kürze soweit sein werde.
Helfen Gentech-Pflanzen den Kartoffelbauern?
Konkrete Hoffnung hat Rösti bei Kartoffeln. Diese seien in den letzten Jahren massiv durch die Kraut- und Knollenfäule bedroht gewesen. Die Schweiz musste daraufhin aufgrund von Ernteausfällen jeweils eine grosse Menge Kartoffeln importieren. Genveränderte Pflanzen könnten hier helfen, so Rösti.
Risiken bei neuen Züchtungen seien kleiner
Bundesrat Rösti betont, dass die neuen Züchtungstechnologien risikoärmer – aber nicht risikofrei – seien.
Das Vertrauen der Bevölkerung sei dem Bundesrat wichtig. Er wolle Befürchtungen entgegentreten, in dem immer noch eine Risikobeurteilung vorgenommen werde für jede veränderte Pflanze. Der Regierung sei bewusst, dass die Bevölkerung sich immer vorsichtig gegenüber der Gentechnik gezeigt habe.
Die neuen Pflanzen müssten einen nachgewiesenen Mehrwert für die Natur oder die Konsumenten haben, sonst werde die Erlaubnis zum Anbau verweigert.
Ausserdem wolle die Regierung, dass gentechfreie nicht mit genveränderten Pflanzen vermischt werden. Weder auf dem Feld noch danach.
Das Verbot von Pflanzen, denen ein artfremdes Gen eingepflanzt wurde, soll für weitere fünf Jahre verlängert werden, so der Wille des Bundesrates und des Nationalrates.
Neue versus alte Gentechnik
Der Bund informiert in seiner Medienmitteilung, was er unter «alter» und «neuer» Gentechnik versteht:
Die beiden wichtigsten herkömmlichen Gentechniken in der Pflanzenzüchtung sinddie klassische Mutagenese und die Transgenese. Bei der klassischen Mutagenese werden in einer Pflanze durch Bestrahlung oder Chemikalien zufällige Mutationen er- zeugt. Diese Methode wird in der Pflanzenzüchtung seit fast 100 Jahren verwendet, um die Diversität zu erhöhen und neue Eigenschaften zu erzeugen.
Bei der Transgenese wird ein Gen, das aus einem anderen Organismus stammt und zu einer neuen Eigenschaft wie dem Schutz vor Schädlingen führt, in eine Pflanze übertragen.
Mit den neuen Züchtungstechnologien kann das Erbgut an einer Stelle gezielt verändert werden. Dabei werden DNA-Bausteine gelöscht, ausgetauscht oder eingefügt. Mit diesen Methoden lässt sich das Erbmaterial auf vielfältige Weise verändern, auch so, wie es auf natürliche Weise in der Natur durch die Kreuzung verschiedener Pflanzen passieren könnte. Mit den neuen Züchtungstechnologien können bestimmte Veränderungen der Pflanzeneigenschaft (wie theoretisch die Trockenheitsresistenz) erzielt werden, die mit herkömmlicher Gentechnik schwierig zu erreichen sind.
Es geht los
Bundesrat Albert Rösti hat den Konferenzsaal im Medienzentrum des Bundeshauses betreten, 20 Minuten ist ebenfalls vor Ort.
Gentechnik in der Landwirtschaft: Die Ausgangslage
In der Schweiz ist es derzeit verboten, gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere zu züchten – ausser in streng kontrollierten Forschungsanlagen.
Dieses Moratorium, welches seit der Annahme einer Volksinitiative 2005 gilt, soll noch für weitere fünf Jahre bis 2030 gelten.
Doch der Bundesrat wurde vom Parlament kürzlich beauftragt, neue Gentech-Möglichkeiten gesetzlich zu ermöglichen. Konkret geht es um Technologien wie die Genschere CRISPR/Cas9 und weitere Möglichkeiten.
Die Hoffnung der Befürworterinnen und Befürworter: Neue, so gentechnisch veränderte Arten, könnten besser mit dem sich verändernden Klima klarkommen, aber auch weniger Pestizide notwendig machen.
Die Gegnerinnnen und Gegner machen aber ebenfalls bereits mobil. So wirft der Verein «Lebensmittel schützen» beispielsweise dem Bundesrat vor, dass die Migros, zusammen mit anderen Firmen, Umweltminister Albert Rösti einen pfannenfertigen Gesetzesentwurf vorgelegt hätten, der alle ihre Wünsche abgedeckt haben soll.
Einer der Wünsche: Mit neuen Methoden gentechnisch veränderte Lebensmittel sollen auf der Verpackung nicht als solche gekennzeichnet werden müssen.