Gewalt beim Sex: «14-Jährige denken, Würgen gehöre zum Sex – das ist eine Gefahr» 

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Gewalt beim Sex«14-Jährige denken, Würgen gehöre zum Sex – das ist eine Gefahr»

Studien zeigen: Immer mehr Jugendliche und Kinder sehen Gewalt beim Sex als normal an. Eine Leserin erzählt, wie Pornos ihre Sicht auf Sex und Gewalt verharmlost haben. Eine Expertin ordnet ein.

Die 28-jährige Yasmin hat mit ihrem ersten Freund viel Gewalt beim Sex erlebt: «Ich dachte, es muss so sein, dass man sich diese Gewalt als Frau gefallen lassen muss.»
Laut einer Studie denkt die Hälfte der befragten 16- bis 21-Jährigen, dass Mädchen Gewalt beim Sex, wie etwa Schläge oder Würgen, erwarten.
In einer Studie sagte ein Mädchen: «Die Jungs erwarten von uns, dass wir wie Pornostars agieren.»
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Die 28-jährige Yasmin hat mit ihrem ersten Freund viel Gewalt beim Sex erlebt: «Ich dachte, es muss so sein, dass man sich diese Gewalt als Frau gefallen lassen muss.»

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Darum gehts

  • Laut einer Studie denkt die Hälfte der befragten 16- bis 21-Jährigen, dass Mädchen Gewalt beim Sex, wie etwa Schläge oder Würgen, erwarten.

  • In den USA sind 13 Prozent der sexuell aktiven 14- bis 17-jährigen Mädchen beim Sex bereits gewürgt worden. 

  • Dass das Publikum immer jünger wird, sieht Psychotherapeutin Tabea Freitag als Problem.

  • Eine Leserin spricht über ihre Erfahrungen und erzählt, was Pornofilme damit zu tun haben.

Yasmin (28) erinnert sich nur ungern an den Sex mit ihrem ersten Freund zurück: «Er war geprägt von Gewalt. Er hat mich gewürgt, so fest zugeschlagen, dass es schon weh tat und mich bespuckt», erzählt sie. Sie habe zu dem Zeitpunkt keinerlei sexuelle Erfahrung gehabt, ihre Kenntnisse habe sie durch Pornofilme erlangt: «Ich wollte wissen, wie Sexualität funktioniert und ich dachte, dass Pornos mir das zeigen könnten. Ich dachte, es muss so sein, dass man sich diese Gewalt als Frau gefallen lassen muss. Heute weiss ich, dass ich in einem Alter war, in dem ich mir keine Meinung bilden konnte.»

«Ich hatte ein falsches Verständnis davon, was Sex ist»

Der Pornokonsum ihres Sexpartners habe sich in ihren Augen darauf ausgewirkt, wie er sie als Frau wahrnehme und ihren Körper behandle. «Die Filme haben ihm Ideen in den Kopf gepflanzt, er hat mich aufs Äussere reduziert, mich niederträchtig behandelt», sagt Yasmin. Erst spät, nach Gesprächen mit Freundinnen und Therapeuten, habe sie gemerkt, dass Gewalt beim Sex «nicht normal» sei: «Durch die Pornofilme hatte ich ein falsches Verständnis davon, was Sex ist und welche Rolle ich dabei spiele.» 

Schaust du Pornos?

Diesen Eindruck bestätigt auch Paartherapeutin Birgit Kollmeyer: «Es gibt 14-Jährige, die schon während ihres ersten Kusses gewürgt worden sind. Das ist eine Gefahr.»

Dass Pornographie bei Jugendlichen und Kindern das Bild von Sex beeinflusst, beweist ein Untersuchungsbericht von Januar 2023 für die britische Regierung (Children’s Commissioner): Pornos spielen eine Schlüsselrolle bei der Normalisierung und Duldung von sexueller Gewalt an Mädchen und Frauen. 

Hälfte der Befragten haben Gewalt beim Sex erlebt

Demnach glauben viele Jugendliche, Gewalt beim Sex gehöre dazu: 47 Prozent der befragten 16- bis 21-Jährigen waren der Auffassung, dass Mädchen Gewalt beim Sex, wie etwa Schläge oder Würgen, erwarten. Bei den über 18-Jährigen hatte fast die Hälfte schon einmal Gewalt beim Sex erlebt. 

Und auch in den USA zeigt sich ein ähnliches Bild: Dort gaben bei einer Untersuchung 2019 insgesamt 13 Prozent der sexuell aktiven 14- bis 17-jährigen Mädchen an, beim Sex bereits gewürgt worden zu sein. Ein Mädchen sagte: «Die Jungs erwarten von uns, dass wir wie Pornostars agieren.» Eine andere meinte: «Pornos machen, dass Jungs denken, sie könnten einfach alles mit uns machen, was sie dort sehen.»

«Pornos verstärken eindeutig sexistische Rollenbilder»

Mehr Informationen und Materialien zum Thema – für Eltern, Betroffene, Lehrkräfte – findest du hier.

Yves war süchtig nach Pornofilmen. Im November 2022 sprach er mit 20 Minuten über seine Sucht, wie es sich anfühlte und was dies mit seiner Beziehung machte. 

20min/N. Knüsel, H. Müller

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