Nicht harmlosKleinere Hoden, weniger Spermien – schlechte Aussichten für Vaper
Dampfen ist in – auch weil es als deutlich weniger schädlich gilt als das Rauchen von Nikotinzigaretten. Doch folgenlos ist das Vapen auch nicht.
Darum gehts
E-Zigaretten gelten als gesündere Alternative zu Nikotinzigaretten.
Doch auch sie sind nicht ohne und haben Nebenwirkungen. Das zeigt – einmal mehr – eine Studie.
Tests mit Ratten offenbaren: Vapen wirkt sich negativ auf die Hoden und Spermien aus.
Sie sehen cool aus, es gibt sie in zahlreichen Geschmacksrichtungen und die Dampfwolken sind zum Teil legendär. Und noch dazu sollen sie weniger schädlich als klassische Nikotinzigaretten sein. Es gibt – aus Sicht der Konsumentinnen und Konsumenten – gleich mehrere Gründe zu Vapen.
Doch ganz so harmlos, wie sie so mitunter angeboten werden, sind sie nicht. Das sagt die Weltgesundheitsorganisation WHO und das zeigen mittlerweile mehrere Studien (siehe Box). Und auch die neuste Untersuchung von Forschenden der Cumhuriyet-Universität im türkischen Sivas deutet auf unschöne Folgen hin.
Welche Folgen sind das?
Laut der im Fachjournal «Revista Internacional de Andrología» veröffentlichten Studie hat der Dampf von E-Zigaretten Auswirkungen auf die Hoden. Wie das Team um den Urologen Hüseyin Saygın schreibt, führt er mitunter zu kleineren und strukturell veränderten Hoden, was möglicherweise Folgen für die Fruchtbarkeit hat.
Vapen mit Folgen
Zwar ist Vapen laut derzeitigem Wissensstand tatsächlich weniger schädlich als Rauchen. Unbedenklich ist es aber nicht. Es birgt nicht nur ein Suchtpotenzial, es kann auch Auswirkungen auf verschiedene Körperbereiche haben:
Gefässe: Laut einer Studie der University of Pennsylvania in Philadelphia könnte der Dampf von E-Zigaretten den Gefässen des Vapers schaden – auch wenn das Liquid kein Nikotin enthält. Das könne das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erhöhen, so die Forschenden.
Mund: Im Mai 2020 wiesen Forschende nach, dass der Dampf auch das Bakterienverhältnis im Mund verändert. Die Mundflora von Vapern ähnele derjenigen von Menschen mit Parodontose. Regelmässige Dampfer können zudem auch eine Vape-Zunge entwickeln, die mit Geschmacksverlust einhergeht.
Lunge: Der Vape-Dampf geht über die Lunge. Entsprechend kann auch sie in Mitleidenschaft gezogen werden. Sie altert schneller.
Haut: Ist im E-Zigi-Liquid Nikotin enthalten, macht sich das auch in der Haut bemerkbar. Eine vorzeitige Alterung ist die Folge.
Genitalien: Die Ratten-Studie der türkischen Forschenden ist nicht die erste, die sich mit den Auswirkungen auf den Penis befasst. Schon 2020 beobachtete ein Team, dass bei regelmässigen Vapern die durchschnittliche Gesamtspermienzahl bei 91 Millionen liegt, bei Nicht-Vapern dagegen bei 147 Millionen. Im Jahr darauf zeigte ein anderes Team, dass E-Zigaretten mit einem mehr als doppelt so hohen Risiko für erektile Dysfunktion verbunden sind.
Wie schädlich E-Zigis oder Vapes sind, hängt immer auch vom Aroma ab. So gilt etwa Zimt als problematisch. Doch auch Minz- und Mentholaroma entpuppten sich als besonders schädlich.
Um über Vapen aufzuklären, haben die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz und Lungenliga Tessin kürzlich die Website Vapefree.info lanciert.
Wie lief die Studie überhaupt ab?
Die Gruppe testete die Wirkung an 24 männlichen Ratten, die sie in drei Gruppen einteilten. Vier Wochen wurden die Tiere dann zweimal täglich eine Stunde lang entweder herkömmlichem Zigarettenrauch, dem Dampf von E-Zigis oder reiner Luft ausgesetzt (siehe Box). Vor und nach diesem Zeitraum wurden die Tiere eingehend untersucht.
Diese Produkte kamen zum Einsatz
Was fanden die Forschenden konkret heraus?
Verringerte Spermienzahl, kleinere und leichtere Hoden
Sie beobachteten, dass die Art der eingeatmeten Luft mit der Spermienzahl korreliert. In der Studie hatten die Ratten, die reiner Luft ausgesetzt waren, eine durchschnittliche Spermienzahl von 98,5 Millionen pro Milliliter. Die Ratten, die E-Zigi-Rauch inhaliert hatten, wiesen einen niedrigeren Durchschnitt von 95,1 Millionen Spermien pro Milliliter auf. Die wenigsten Spermien hatten aber diejenigen, die mit Zigarettenrauch in Kontakt gekommen waren. Hier waren es nur 89 Millionen Spermien pro Milliliter. Ihre Hoden waren auch am kleinsten und wogen weniger als die der anderen Nager.
Immerhin: Die Forschenden weisen darauf hin, dass die Unterschiede hinsichtlich der Zahl der Spermien «nicht signifikant» sind. Auch punkto Beweglichkeit der Spermien seien die Unterschiede nicht gross.
Erhöhter Cotininspiegel im Urin
Deutliche Unterschiede gab des dagegen bei den Cotininspiegeln in den verschiedenen Gruppen. Cotinin ist ein Abbauprodukt von Nikotin und zeigt an, wie gross die Nikotin-Belastung durch aktives Rauchen oder Passivrauchen ist. Je höher der Spiegel, desto grösser ist das Risiko für Erkrankungen. Das Team um Saygın stellte fest, dass der Cotininspiegel im Urin bei den «Rauchern» und «Vapern» deutlich höher war als in der Kontrollgruppe.
«Desorganisierte Samenkanäle»
Zudem fanden die Forschenden bei einigen Ratten, die Rauch und Dampf ausgesetzt waren, «desorganisierte Samenkanäle» vor, was sich negativ auf die Spermienzahl und -qualität auswirken kann. «In schweren Fällen wurden eine gestoppte Keimzellenteilung, Hohlraumbildung, Nekrose und Fibrose beobachtet», so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.
Was bedeutet das?
Die Studie deutet darauf hin, dass auch das Vapen keine sichere Alternative zum Rauchen ist: Sie könnten den oxidativen Stress erhöhen und morphologische Veränderungen im Hoden verursachen, so die Forschenden. Ob sich die Ergebnisse auf den Menschen übertragen lassen, müssen weitere Studien zeigen. Eine solche sei bereits geplant.
Welche Erklärung gibt es für die Beobachtungen?
Gesichert ist noch nichts. Aber der Dampf von E-Zigis kann eine Reihe verschiedener Chemikalien enthalten, die möglicherweise schädliche Auswirkungen auf die Hoden haben. Dazu gehören Nikotin, verschiedene Aromastoffe, Formaldehyd und eine Reihe von Schwermetallen wie Kadmium, Kupfer und Blei.
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