SessionstickerGLP-Gredig fordert vereinfachten Zugang zur «Pille danach»
In Bern tagen die eidgenössischen Räte vom 9. bis zum 27. September: Zahlreiche wichtige Geschäfte stehen auf der Traktandenliste – hier halten wir dich auf dem Laufenden.
Darum gehts
National- und Ständerat treffen sich vom 9. bis zum 27. September zur Herbstsession in Bern.
Neben der Armeebotschaft findet eine ausserordentliche Session zum Verhältnis der Schweiz zur Europäischen Menschenrechtskonvention statt.
Auch zum Thema Asyl wird eine Sondersession abgehalten. Daneben interessieren die Themen Nahostkonflikt, Umweltschutz und Steuern.
Im Ticker hält 20 Minuten dich bis zum Ende der Session auf dem Laufenden.
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GLP-Nationalrätin Corina Gredig fordert vereinfachten Zugang zur «Pille danach»
Im Sommer hatte der landesweite Anstieg der Abtreibungszahlen für Schlagzeilen gesorgt: Aufgrund des beobachtbaren Aufwärtstrends seit 2017 und des historischen Höchststandes im Jahr 2023 wollte eine parteiübergreifende Gruppe von Politikerinnen um GLP-Fraktionschefin Corina Gredig die Abgabemodalitäten für die «Pille danach» prüfen lassen.
Vorstoss eingereicht
Am letzten Tag der Herbstsession hat Gredig einen entsprechenden Vorstoss eingereicht. Der Bundesrat soll den Zugang zu Notfallverhütungsmitteln vereinfachen, so die Forderung.

GLP-Fraktionspräsidentin Corina Gredig verlangt, dass die Pille danach in eine tiefere Medikamentenkategorie herabgestuft wird. Auf diese Weise wäre der Zugang einfacher und schneller. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherZu diesem Zweck sollen Notfallkontrazeptiva in die «Medikamentenkategorie D» überführt werden: So würde die Pflicht zur Durchführung eines Beratungsgesprächs wegfallen.
«Ohne unnötige Barrieren»
«Dadurch schliesst die Schweiz bei der reproduktiven Selbstbestimmung wieder zu anderen Ländern in Europa auf», erklärt Gredig. Da die Einnahme der Pille danach zeitnah geschehen müsse, sei dieser rezeptfreie und schnelle Zugang essenziell.

Der Zugang zur «Pille danach» ist in der Schweiz vergleichsweise schwierig: Vor der Abgabe muss ein Beratungsgespräch durchgeführt werden. (Symbolbild)
imago/Sepp Spiegl«Jede Frau soll sich frei und ohne unnötige Barrieren selber entscheiden können, ob sie Notfallverhütungsmittel nutzen will oder nicht», so Gredig.
Sterbehilfe-Kapsel Sarco: Verbot oder Rechtsgrundlagen?
Im Kanton Schaffhausen hat der erstmalige Einsatz der Suizid-Kapsel Sarco diese Woche für Schlagzeilen und mehrere Festnahmen gesorgt: In einer Waldhütte in Merishausen soll am Montagnachmittag ein begleiteter Suizid mit der Stickstoff-Kapsel stattgefunden haben.

Der «Sarco» ist eine Suizid-Kapsel von «Exit International». Die Kapsel sorgt in Bundesbern für Diskussionen. (Archivbild)
Exit InternationalAuch in der Politik schlägt die Kapsel hohe Wellen: Im Rahmen der Fragestunde hatte Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider betont, dass der Einsatz der Suizid-Kapsel in Konflikt mit dem geltenden Recht stehe.
SVP-Nationalrätin verlangt nationales Verbot von Sarco
Entsprechend werden Forderungen nach einem Verbot der Kapsel immer lauter: Am Donnerstag hatte SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel eine Motion eingereicht, um den Einsatz von Sarco in der Schweiz gänzlich zu verbieten.

SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel verlangt ein Verbot der Suizidkapsel Sarco auf nationaler Ebene. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherDie australische Organisation hinter der Technologie habe nichts mit den anerkannten Sterbehilfeorganisationen «Exit» und «Dignitas» zu tun – die sich an geltendes Recht hielten.
GLP-Nationalrat fordert rechtliche Rahmenbedingungen für Sterbehilfe
Doch auch auf der anderen Seite des politischen Spektrums sorgt die Sterbekapsel für Diskussionen – GLP-Nationalrat Patrick Hässig hat postwendend einen «Gegenvorstoss» zur Verbotsforderung Düsels eingereicht: «Es gibt offensichtlich ein Bedürfnis nach Sterbehilfe in der Schweizer Bevölkerung – und Anbieter, die darauf reagieren», erklärt der Zürcher.

GLP-Nationalrat Patrick Hässig fordert die Prüfung eines nationalen Suizidhilfe-Gesetzes, um zu verhindern, dass Betroffene in die Illegalität abrutschen. (Archivbild)
20min/Matthias Spicher«Solche Verbotsforderungen stehen im Widerspruch zu einer gesellschaftsliberalen Werteordnung, die jedem Individuum das Recht auf Selbstbestimmung zugesteht.» Die Schweiz müsse sich damit auseinandersetzen, wie rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden können, um die Wahl des Freitods auf «legale, ethische und moralisch respektvolle Weise» zu ermöglichen.
Nationales Suizidhilfe-Gesetz?
Hässig verlangt vom Bundesrat eine Auslegeordnung der aktuellen gesetzlichen Grundlagen und die Prüfung eines nationalen Suizidhilfe-Gesetzes. Hässig möchte wissen, welche Anpassungen nötig wären, um zu verhindern, dass Betroffene sowie ihre Begleitenden oder Angehörigen «in die Illegalität gedrängt werden».
Ständerat will Mindest-Franchise erhöhen
Ausgerechnet am Tag, an dem Elisabeth Baume-Schneider die Erhöhung der Krankenkassenprämien bekannt gibt, fällt auch der Ständerat einen zentralen Entscheid. Die Kleine Kammer will die Mindest-Franchise von 300 Franken erhöhen. Kürzlich sorgte es für Schlagzeilen, dass auch der Bundesrat eine entsprechende Motion zur Annahme empfahl.
Nationalrat will Eigenmietwert komplett abschaffen
Der Nationalrat will den Eigenmietwert nicht nur auf Erst-, sondern gleich auch auf Zweitliegenschaften abschaffen. Am Montag stimmte die grosse Kammer mit 153 zu 39 Stimmen für einen entsprechenden Vorstoss. Der Ständerat hingegen hat bereits darüber debattiert und plädiert nur für die Abschaffung des Eigenmietwerts auf Erstliegenschaften.
Auch in der Frage, welche Abzüge im Gegenzug zur Eigenmietwert-Abschaffung in Zukunft noch erlaubt sein sollen, sind sich die Räte uneinig. Umstritten sind auch noch die Abzüge für Schuldzinsen. Die vom Ständerat vorgeschlagene Variante geht dem Nationalrat zu weit. Daher wird das Geschäft nun erneut an den Ständerat zurückverwiesen.
Ständerat vertagt Entscheid über Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene
Am Dienstag hatte der Nationalrat über verschiedene Vorstösse debattiert, die Verschärfungen im Asylwesen verlangen. Die SVP hatte diesbezüglich eine ausserordentliche Session beantragt – zwei der Anliegen wurden von einer Mehrheit der grossen Kammer angenommen.
Unter anderem soll der Familiennachzug für vorläufig Aufgenommene – abgelehnte Asylbewerbende, die nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden können – künftig nicht mehr erlaubt sein.

Grünen-Ständerat Mathias Zopfi hatte die Rückweisung an die vorberatende Kommission verlangt. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherBereits einen Tag später hat der Ständerat einen gleichlautenden Vorstoss debattiert – die «Chambre de Réflexion» vertagt den Entscheid allerdings vorerst: Die zuständige Kommission solle die Thematik zuerst vertieft prüfen, da sich grundrechtliche Fragen stellten.
Die SP hatte nach dem Nationalratsentscheid am Dienstag innerhalb eines Tages mehr als 100'000 digitale Unterschriften gegen den SVP-Vorstoss gesammelt. Mit der Vertagung des Entscheids feiern die Sozialdemokraten wenigstens einen Teilerfolg.
Drei weitere Vorstösse zum Thema Asyl hat der Ständerat ebenfalls an die vorberatenden Kommissionen zurückgeschickt.
Keine Trauertage bei Fehl- oder Totgeburten
Der Nationalrat hat am Dienstag eine Standesinitiative des Kantons Tessin für bezahlte Trauertage bei Fehl- und Totgeburten knapp abgelehnt. 92 Mitglieder der kleinen Kammer sprachen sich gegen den Vorstoss aus, 91 dafür.
Die Initiative forderte, dass Frauen nach einer Fehl- oder Totgeburt maximal drei bezahlte Trauertage beziehen können. Die Grünen-Nationalrätin Greta Gysin sprach sich vor der Debatte für den Vorstoss aus. Eine Fehlgeburt sei physisch und auch psychisch belastend, dies müsse anerkannt werden. Bürgerlichen Parteien glaubten nicht, dass die Initiative viel ändern würde, da Betroffene nach einer Fehlgeburt bereits heute krankgeschrieben werden oder bezahlte Trauertage erhielten.
Nationalrat lehnt EMRK-Kündigung ab
Am Dienstagmorgen debattierte der Nationalrat darüber, ob die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) aufgekündigt werden solle. Justizminister Beat Jans musste dabei Dutzende Fragen beantworten – die meisten kamen aus der SVP-Fraktion.
Zuletzt entschied sich die grosse Kammer jedoch dagegen, das EMRK zu kündigen. Dies mit 121 zu 65 Stimmen bei einer Enthaltung.
Gegen Ärztemangel: Medizinstudium bald ohne Numerus clausus möglich
Überlastete Praxen, bald pensionierte Hausärzte und zu wenig Nachwuchs: Um einer Verschlechterung der Situation im Gesundheitswesen entgegenzuwirken, hat der Bund im vergangenen Jahr über 3000 ausländische Arztdiplome anerkannt – Tendenz steigend.

Der Numerus Clausus soll abgeschafft werden – dies hat nach dem National- auch der Ständerat entschieden.
Am Montagabend hat das Parlament einen wegweisenden Entscheid getroffen, damit es mehr Ärztinnen und Ärzte aus der Schweiz gibt. Mit 32 zu 9 Stimmen hat der Ständerat sich dafür ausgesprochen, dass der Numerus clausus abgeschafft werden soll. Die Aufnahmeprüfung zum Medizinstudium besteht jedes Jahr nur eine von drei Personen. Zuvor hatte der Nationalrat dem Antrag bereits zugestimmt.
Wirtschaftsminister Guy Parmelin zeigte sich kritisch gegenüber der Massnahme, schreibt die «Aargauer Zeitung». Eine Besserung alleine durch die Abschaffung des Numerus clausus sei nicht ausreichend. «Die Anzahl der klinischen Studienplätze ist begrenzt, darum können nicht alle zugelassen werden, die studieren wollen», erklärte Parmelin.
Mitte-Ständerätin Andrea Gmür sagt: «Der Numerus clausus prüft rein kognitive Fähigkeiten, aber eine Ärztin muss auch soziale und kommunikative Kompetenzen haben, sowie über Resilienz und Belastbarkeit verfügen.» Sie schlägt vor, dass die Eignung der Studentinnen und Studenten im Rahmen eines Praktikums getestet werden. Nun liegt der Ball beim Bundesrat, eine Alternative zur Aufnahmeprüfung zu präsentieren. (jar)
Nationalrat will Verbandsbeschwerden gegen kleinere Wohnbauprojekte stoppen
In Zukunft sollen Verbände keine Beschwerden mehr gegen kleinere Wohnbauprojekte in Bauzonen führen dürfen. Das hat der Nationalrat am Montag entschieden und letzte Differenzen zum Ständerat bereinigt. Das Geschäft ist nun bereit für die Schlussabstimmung.
In der ersten Sessionswoche hatte der Ständerat die Ausnahmebestimmung bereits restriktiver gefasst als vom Nationalrat vorgesehen. Ursprünglich wollte der Nationalrat Verbandsbeschwerden nur dann zulassen, wenn sie innerhalb der Umgebung eines Ortsbildes von «nationaler Bedeutung» gebaut werden sollen. Mitte-Nationalrat Philipp Matthias Bregy hatte ursprünglich die Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes angestossen.
Suizidkapsel «Sarco» darf «nicht in Verkehr gebracht werden»
Während der Fragestunde beantwortete Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider auch eine Nachfrage von SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel. Diese erkundigte sich über die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung der Suizidkapsel «Sarco». Baume-Schneider antwortete klar: «Die Sarco-Suizidkapsel ist in zweierlei Hinsicht nicht rechtskonform.»
Ein Punkt sei dabei die Produktsicherheit: Das Bundesgesetz stelle sicher, dass Produkte Menschen nicht gefährden dürfen. Sarco erfülle diese Voraussetzungen gemäss der Bundesrätin nicht und «darf nicht in Verkehr gebracht werden».
Der zweite Punkt sei die Verwendung von Stickstoff: Die Sterbekapsel funktioniert mittels Stickstoff – die sterbewillige Person stirbt durch das Gas an Sauerstoffmangel. Die Verwendung des Stickstoffs in der Suizidkapsel verstosse aber gegen das Chemikaliengesetz, so Baume-Schneider. Bei einem Verstoss gegen dieses Gesetz müssten die Kantone intervenieren.
Start letzte Sessionswoche
Das Parlament beginnt heute die letzte Woche der Herbstsession. Der Nationalrat begann mit der Fragestunde, in der diesmal Elisabeth Baume-Schneider und Karin Keller-Sutter Rede und Antwort standen. Dabei ging es unter anderem um PFAS-Chemikalien in Fleisch und Pflanzenschutzmitteln. Bundesrätin Baume-Schneider konnte die Fragen jedoch nur grob beantworten, da für diese Themen einzelne Kommissionen zuständig sind oder zuerst aufwändige Studien notwendig wären.

Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider stellt sich zu Beginn der letzten Herbstsessionswoche den Fragen der Nationalratsmitglieder.
ScreenshotEin Ratsmitglied stellte zudem die Frage, warum das Rindersteak nicht mehr in der angepassten Lebensmittelpyramide des Bundes enthalten sei. Darauf antwortete die Bundesrätin: «Es war kein Steak, sondern ein Schweinskotelett, jetzt ist es eine Pouletbrust», das Fleisch wurde also nicht komplett aus der Pyramide gestrichen, sondern der Fokus wurde verändert. Bundesrätin Karin Keller-Sutter musste mehrere Fragen zur Grenzkontrolle in Basel beantworten. Sie betonte mehrmals, dass der Bundesrat derzeit keinen Bedarf für eine Verstärkung oder eine Gesetzesänderung in diesem Bereich sieht.
In der kommenden Woche wird der Nationalrat in einer ausserordentlichen Session über das Asylwesen debattieren. Zudem wird sich der Rat in einer Sondersession mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und ein zweites Mal mit der Individualbesteuerung befassen.
EMRK-Kündigung: Juristen und Professoren richten Appell an Parlament
Der Nationalrat debattiert morgen Dienstag über die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Die Vorstösse dazu kommen aus der SVP sowie von Mitte-Nationalrat Thomas Rechsteiner. Sie kritisierten nach dem Klimaurteil im April, dass sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte «zunehmend in nationale Angelegenheiten» einmische und «politische Entscheide» treffe. Gegen die Kündigungs-Forderungen regt sich schon seit Monaten Widerstand.
Nun haben 130 Juristen und Rechtsanwälte, Professorinnen, Studierende und Medienschaffende aus der ganzen Schweiz innerhalb einer Woche einen dringenden Appell an das Parlament gerichtet, wie einer Medienmitteilung von Menschenrechtsanwalt Philip Stolkin zu entnehmen ist. Damit wolle man das Parlament «von diesem Wahnsinn abbringen».
Der «wichtigste» Menschenrechtsvertrag Europas dürfe «auf keinen Fall» aufgekündigt werden – so würde den Bürgerinnen und Bürgern der einzige «wirksame» Menschenrechtsschutz genommen.
Auch Amnesty ruft das Parlament auf, für «die EMRK einzustehen» und diese «fundamentale Errungenschaft zu verteidigen». Mit der Debatte sende die Schweiz ein gefährliches Signal an Staaten wie Russland, die Türkei oder Ungarn, die den Menschenrechtsschutz bereits «frontal angreifen» würden, so die Organisation.
Vier zusätzliche Milliarden für die Schweizer Armee
Der Nationalrat hat die lange Debatte über die Armeebotschaft abgeschlossen: mit 119 zu 64 Stimmen bei neun Enthaltungen spricht sich die grosse Parlamentskammer für die Aufstockung der Armeefinanzen um vier Milliarden aus.

Auch der Nationalrat möchte die Armeefinanzen bis 2030 auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts anheben. Das Geschäft geht jetzt zurück an den Ständerat. (Symbolbild)
20min/Stefan LanzDer Entscheid fiel trotz geschlossenem Widerstand vonseiten der Ratslinke – mithilfe der Stimmen aus SVP, FDP und Teilen der Mitte. Damit soll die Ausgaben für die Schweizer Armee bereits per 2030 auf ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts ansteigen.
Einsparungen in vier Bereichen
Neben der Höhe der Ausgaben war insbesondere die Frage umstritten, woher die zusätzlichen Mittel für die Armee kommen sollten. Nach langer Debatte hat sich der Nationalrat für die Kompensationslösung ausgesprochen.
Einerseits soll der Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer sinken: Der heutige Anteil von 21,2 Prozent soll gekürzt werden – noch ist unklar, in welchem Ausmass. Die Kantone hatten sich vehement gegen diesen Plan gewehrt.
Daneben verlangt die grosse Parlamentskammer Sparmassnahmen und Effizienzsteigerungen im VBS, bei der Gruppe Verteidigung und bei der Armasuisse: Mit internen Massnahmen sollen rund 500 Millionen eingespart werden.
Ferner sieht der Nationalrat vor, einen Teil der höheren Armeeausgaben durch eine Reduktion der Ausgaben im Bereich der Entwicklungshilfe zu kompensieren – ein konkretes Sparziel hat die grosse Kammer nicht definiert: Im Ständerat war im Juni von rund zwei Milliarden die Rede.
Schliesslich sollen auch die Personalkosten bei der Bundesverwaltung sinken, um einen Teil der zusätzlichen Ausgaben zu kompensieren. Auch hier ist noch kein konkretes Sparziel vorgesehen.
Der von der Mitte vorgeschlagene Spezialfonds als alternative Form der Finanzierung wurde vom Nationalrat mit 110 zu 78 Stimmen bei drei Enthaltungen abgelehnt. Das Geschäft geht jetzt zurück an den Ständerat: Die nächsten konkreten Entscheide werden im Dezember fallen.
«Trachtenverein Armee»? Hitzige Debatte im Nationalrat
Die Nationalratsdebatte über die Armeebotschaft wurde über mehrere Stunden an zwei Sitzungstagen geführt und war stellenweise von hitzigen Diskussionen geprägt.
SP und Grüne hatten sich vergeblich gegen die Kompensation der Zusatzausgaben aus den Finanzen der Internationalen Zusammenarbeit (IZA) gewehrt: Die SP hätte einzig die Lösung mittels Spezialfonds befürwortet – die Grünen lehnten den Aufwuchs der Armeeausgaben prinzipiell ab.

SP-Nationalrat Fabian Molina sorgt mit einer Aussage im Nationalrat für rote Köpfe: Wenn es der SVP um die Sicherheit ginge und nicht um den «Trachtenverein Armee», würden sie mit den Sozialdemokraten stimmen. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherDie IZA trage ebenfalls wesentlich zur Sicherheit bei, erklärte SP-Nationalrat Fabian Molina. Wenn der Fokus der Bürgerlichen tatsächlich auf der Sicherheit läge und nicht auf dem «Trachtenverein Armee als Institution», würden sie nicht solche Kürzungen vorschlagen.
«Popcorn»-Kino im Nationalratssaal?
Als Reaktion ging ein Raunen durch die Reihen der SVP-Fraktion. Nationalrat Mauro Tuena verlangte postwendend eine Entschuldigung von Molina: Der Zürcher aber wollte sich von der SVP dazu nicht zwingen lassen – weil die Volkspartei ihren «ganzen Erfolg» darauf aufbaue, dass sie «gegen Minderheiten hetze», so Molina.
Eine regelrechte Steilvorlage für SVP-Parteipräsident Marcel Dettling – der Schwyzer warf dem Zürcher vor, dass er mit einem «linken Mob» mitmarschiere, welcher die Stadt Zürich am 1. Mai «kurz und klein» schlage. Deshalb sei Molina wohl nicht der richtige SP-Vertreter, um über Sicherheitspolitik zu sprechen. Molina konterte seinerseits mit der Bemerkung, dass er es als seine «Bürgerpflicht» ansehe, gegen Faschismus zu demonstrieren – «dass Sie und die SVP das etwas anders sehen, ist ja allgemein bekannt».

Vermisst angesichts der hitzigen Debatten im Nationalrat das Popcorn: Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun. (Archivbild)
20min/Matthias Spicher«Leider steht im Bundeshaus kein Popcorn zur Verfügung», kommentierte Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun den intensiven Schlagabtausch. Schliesslich musste Nationalratspräsident Eric Nussbaumer alle Ratsmitglieder zu «mehr Respekt» ermahnen, ehe in der Debatte wieder Ruhe einkehrte.
Weniger Geld für Arbeitslosenversicherung
Der Bund wird zwischen 2025 und 2029 weniger Geld in die Arbeitslosenversicherung (ALV) investieren. Ein entsprechender Vorstoss wurde am Donnerstag nach dem Nationalrat auch im Ständerat angenommen. Konkret würde das Budget der ALV um 1,25 Milliarden Franken gekürzt werden. Der Grund dafür sei, dass die Ausgaben des Bundes stärker wachsen würden als die Einnahmen und die Kürzung so zur «Sanierung des Bundeshaushalts» beitrage.
Die Kürzungen seien ohne Leistungsanpassungen umsetzbar, weil die ALV über genügend Eigenkapital verfüge, sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Sollte sich jedoch die Lage auf dem Arbeitsmarkt stark verschlechtern, hätte die ALV eine Ventil- oder Schutzklausel, um nicht in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.
Eine linke Minderheit argumentiere gegen die Kürzungen, da sie längerfristig zu einer Schwächung der ALV führe. Einig waren sich die Parlamentsmitglieder darüber, dass es weitere Massnahmen brauche, um den Bundeshaushalt längerfristig zu stabilisieren.
Nationalrat einigt sich auf strategische Ausrichtung der Armee
Am Mittwochabend hat sich der Nationalrat auf die künftige strategische Ausrichtung der Schweizer Armee geeinigt: Dabei folgt die grosse Parlamentskammer mit 131 zu 58 Stimmen im Wesentlichen dem Bundesrat und legt den Schwerpunkt auf die «Stärkung der Verteidigungsfähigkeit.»
In der ersten Gesamtabstimmung der Armeedebatte stand die Frage nach der strategischen Zielsetzung der Schweizer Armee im Zentrum.

Eine Minderheit der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats um die Berner SP-Nationalrätin Andrea Zryd wollte die Schweizer Armee neu ausrichten. Die Idee wurde von SP und Grünen unterstützt, scheiterte jedoch an der bürgerlichen Mehrheit. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherEine linke Minderheit um SP-Nationalrätin Andrea Zryd wollte ein alternatives Armeemodell durchsetzen: Dabei sollte statt militärischer Verteidigungsbereitschaft die «Fähigkeit zu Schutz und Rettung der Bevölkerung in einem hybriden Konfliktumfeld und im Katastrophenfall» zum Fokus der Streitkräfte werden.
Obwohl Grüne und SP geschlossen für die Alternativausrichtung stimmten, scheiterte sie doch deutlich am Widerstand der übrigen Parteien.
Ausmass und Finanzierung des Armeeausbaus
Am Donnerstag wird sich der Nationalrat erneut über die Armeebotschaft beugen: Dann soll geklärt werden, ob und in welchem Ausmass der Zahlungsrahmen erhöht wird und wie dieser Aufwuchs finanziert werden soll.
Bereits im Rahmen der Debatte am Donnerstag hatte die SP angekündigt, dass sie dem geplanten Ausbau der Armee nur zustimmen werde, wenn die Mehrausgaben über einen temporären Spezialfonds kompensiert werden. Die Grünen wiederum haben angekündigt, sich mit aller Kraft gegen zusätzliche Mittel für die Schweizer Armee zu wehren.
Nationalrat nimmt Bundesbeschlüsse zur Armeebotschaft an
Im Nationalrat läuft die Debatte zur Armeebotschaft – und sie dürfte noch andauern. Unterdessen ist der Nationalrat aber mit 167 zu 23 Stimmen auf alle fünf Bundesbeschlüsse zur Armeebotschaft eingetreten.
Nun debattieren die Nationalrätinnen und Nationalräte im Detail über die Gegenfinanzierung der höheren Armeeausgaben.
Grosse Debatte über Finanzierung der Schweizer Armee
Am Mittwochnachmittag und Donnerstagmorgen debattiert der Nationalrat über mögliche Ansätze, um die geplante Aufrüstung der Schweizer Armee zu finanzieren: Für die Modernisierung der Armee möchte der Bundesrat bis 2035 jährlich rund ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausgeben – der Ständerat verlangt mehr Tempo und schlägt dieselbe Aufstockung bis 2030 vor.
Insgesamt bedeutet dies eine Erhöhung der in der Armeebotschaft 2024 vorgesehenen Verteidigungsausgaben um vier Milliarden Franken.
Als mögliche Finanzierungsoptionen werden eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer, ein Spezialfonds ausserhalb der Schuldenbremse oder Einsparungen in anderen Bereichen vorgeschlagen – beispielsweise im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit.
GSoA verlangt «nüchterne Bedrohungsanalyse» – und verteilt alkoholfreies Bier.
Vor dem Hintergrund der Debatte um die Armeefinanzen hat die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) heute mit einer Protestaktion Aufsehen erregt: Vor dem Bundeshaus verteilen die Armeegegner alkoholfreies Bier – mit einem GSoA-Aufruf.

«Sinder bsoffe?» Die Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) verlangt mit einer friedlichen Protestaktion vor dem Bundeshaus eine «nüchterne Bedrohungsanalyse».
20min/Kaspar Schwarzenbach«Seid ihr besoffen? Wir brauchen eine nüchterne Bedrohungsanalyse!», steht auf der Etikette des alkoholfreien Hopfengetränks. Die GSoA stelle sich entschieden gegen die geplante Aufrüstung der Armee, wie Roxane Steiger betont: «Der Bund selbst stuft einen Angriff auf die Schweiz als unwahrscheinlich ein», so die Begründung.
Stattdessen solle sich die Schweiz besser auf gefährliche Naturereignisse, Folgen des Klimawandels oder künftige Pandemien vorbereiten.
Parlament will mehr Kontrolle über Bundesplatz
Der Bundesplatz und die «Bundesmeile» – also die Strassen zwischen dem Hotel Bellevue und Bundeshaus West – sind, Stand heute, im Besitz der Stadt Bern.
Das Parlament will dies nun aber ändern: Der Ständerat stimmte am Mittwoch einem entsprechenden Vorstoss zu, den der Nationalrat zuvor bereits angenommen hatte.
Grund dafür: Die heutige Situation sei unbefriedigend, schreibt das Büro des Ständerats, von dem der Vorstoss stammt. So komme es immer wieder vor, dass Veranstaltungen in der Nähe des Parlamentsgebäudes so laut seien, dass im Gebäude nicht gearbeitet werden könne. Zudem sei es auch vorgekommen, dass Parlamentarier das Parlamentsgebäude aufgrund von Demonstrationen oder Kundgebungen nicht durch den Haupteingang betreten konnten.
Das Geschäft ist somit an den Bundesrat überwiesen – dieser soll Verhandlungen mit der Stadt und dem Kanton Bern aufnehmen.
Nationalrat will Sicherheitsregeln in Asylzentren verschärfen
Der Nationalrat nahm mit 104 zu 87 Stimmen mehrere Änderungen im Asylgesetz an. Damit soll die Sicherheit von den Bewohnenden und Mitarbeitenden in Bundesasylzentren verbessert werden.
Die grosse Kammer ging in zwei Punkten weiter, als es der Bundesrat gefordert hatte: Die Zone um die Bundesasylzentren, in der gegen Asylsuchende, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden, Disziplinarmassnahmen ergriffen werden können, soll vergrössert werden. Und elektronische Geräte wie etwa Handys von Asylsuchenden sollen aus Sicherheitsgründen konfisziert werden können – dies sollen auch Mitarbeitende des Staatssekretariats für Migration machen dürfen.
Der Ständerat berät als Nächstes über die Vorlage.
Ständerat hält an Armeeübungen mit der Nato fest
Die Schweizer Armee soll weiterhin an Nato-Bündnisfallübungen teilnehmen. Das entschied der Ständerat mit 29 zu zwöf Stimmen.
Der Nationalrat hatte sich im Sommer noch für ein Teilnahmeverbot für diese Übungen ausgesprochen. Mit dem Nein des Ständerats ist das Geschäft nun jedoch vom Tisch.
Armee soll weiterhin beim WEF in Davos eingesetzt werden
Nach dem Nationalrat genehmigt auch der Ständerat den Einsatz der Schweizer Armee beim WEF in Davos (GR) für die nächsten drei Jahre. Das Parlament hiess zudem den Verpflichtungskredit von 7,65 Millionen Franken gut – der Bund wird sich also pro Jahr mit 2,55 Millionen Franken an den Kosten der Sicherheitsmassnahmen beteiligen.
Die Armee unterstützt den Kanton Graubünden auf Anfrage mit maximal 5000 Armeeangehörigen im Assistenzeinsatz bei der Sicherung des jährlich stattfindenden World Economic Forum.
Ständerat will Zivis bei Personalnot in den Zivilschutz schicken
Wenn der Zivilschutz zu wenig Personal hat, sollen Zivildienstpflichtige einen Teil ihres Dienstes beim Zivilschutz leisten. Zudem sollen ehemalige Armeeangehörige vermehrt Zivilschützer werden.
Der Ständerat beschloss entsprechende Änderungen im Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz (BZG) mit 33 zu neun Stimmen.
Genf kann Elternurlaub vorerst nicht einführen
Die Genfer Stimmbevölkerung entschied sich im Juni dafür, einen 24-wöchigen Elternurlaub einzuführen. Zum bereits geltenden 16-wöchigen Mutterschaftsurlaub sollen zusätzlich acht Wochen für den Vater, die Partnerin der Mutter oder den Partner des Vaters hinzukommen. Finanziert werden soll dies durch je hälftige Beiträge von Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden.
Bund und Parlament bremsen das Vorhaben nun aber: Gemäss Bundesrat haben die Kantone derzeit keine Kompetenz, solche je hälftig bezahlten Versicherungen einzuführen. Das Vorhaben ist also nicht mit dem geltenden Bundesrecht vereinbar. Der Bundesrat hat jedoch eine entsprechende Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerbsersatz (EOG) in die Vernehmlassung geschickt. Werde das Gesetz in diese Richtung geändert, werde der Bundesrat beantragen, dass die Genfer Elternschaftsversicherung gewährleistet wird.
Der Nationalrat will, wie auch der Ständerat, diese Änderungen im EOG abwarten, bevor es sich dem Genfer Anliegen annimmt.
«Lex China»: Nationalrat will ausländische Investoren strenger prüfen
Ausländische Investoren sollen es künftig schwieriger haben, in der Schweiz zu investieren – wenn eine Übernahme die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder kritischen Infrastrukturen gefährden würde: Der Nationalrat hat die sogenannte «Lex China» mit 142 zu 48 Stimmen bei drei Enthaltungen angenommen.

2016 kaufte der chinesische Konzern ChemChina den Basler Agrarkonzern Syngenta für 43 Milliarden Dollar. (Archivbild)
20min/Michael ScherrerMit dem «Investitionsprüfgesetz» soll verhindert werden, dass Schweizer Unternehmen von ausländischen Investoren übernommen werden. Anlass der Vorlage war unter anderem die Übernahme des Agrarkonzerns Syngenta durch ChemChina im Jahr 2016.
Investitionen bleiben erlaubt
Grundsätzlich sollen ausländische Investitionen erlaubt bleiben, neu sollen sie allerdings einer Genehmigungspflicht unterstellt werden. Bei allfälligen Sicherheitsbedenken könnte der Staat einer Übernahme damit den Riegel vorschieben.
Andere Länder würden seit längerem entsprechende Kontrollen durchführen – jetzt müsse die Schweiz nachziehen, wie SP-Nationalrätin Jacqueline Badran vor der grossen Parlamentskammer erklärte.
Tragweite der Vorlage wird diskutiert
Widerstand regte sich vonseiten des Bundesrats, der FDP und Teilen der SVP: Das Instrument gefährde den Wohlstand und sei ein Bürokratiemonster: «Das Gesetz schiesst über das Ziel hinaus und ist protektionistisch», sagte FDP-Nationalrat Marcel Dobler stellvertretend für seine Fraktion. Gemäss FDP handelt es sich um einen «Wirtschaftskiller auf leisen Pfoten».

FDP-Nationalrat Marcel Dobler ist der Ansicht, dass das Investitionsprüfgesetz über das Ziel hinausschiesse und die Wirtschaft bedrohe. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherDer Nationalrat hat beschlossen, dass die Investitionsprüfung auch auf nicht-staatliche Investoren ausgeweitet wird. Ferner wird neben der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auch die Versorgung mit essenziellen Gütern und Dienstleistungen als schützenswerte Interessen aufgelistet. Schliesslich räumt der Nationalrat dem Bundesrat einiges an Spielraum ein, um die Genehmigungspflicht nötigenfalls weiter auszuweiten.
Mit dem Entscheid verlangt die grosse Parlamentskammer die Schaffung der gesetzlichen Grundlagen für die Einführung eines entsprechenden Gesetzes. Als Nächstes beugt sich der Ständerat über die Vorlage.