Nach Steh-Befehl: Politik nimmt die Parlaments-Verwalter an die kurze Leine

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Nach Steh-BefehlPolitik nimmt die Parlamentsverwalter an die kurze Leine

Vor kurzem deckte 20 Minuten auf, dass Polizisten, die das Bundeshaus bewachen, einen Steh-Befehl vom Chef der Parlamentsverwaltung kassiert hatten. Die Episode hat nun Konsequenzen – die Aufsicht über die Verwalter wird verstärkt.

Weil einer Zeitung las, mussten die Polizisten im Bundeshaus stehen.
Ihnen wurden die Stühle weggenommen.
Der Befehl kam vom Chef der Parlamentsdienste, Philippe Schwab, persönlich.
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Weil einer Zeitung las, mussten die Polizisten im Bundeshaus stehen.

20 Minuten

Darum gehts

  • Nach dem Eklat um den «Steh-Befehl» für Polizisten will das Parlament handeln.

  • Die Aufsicht über die Parlamentsdienste soll verstärkt werden.

  • Die Unzufriedenheit über den Chef der Parlamentsdienste ist gross.

Vor den Eingängen vom National- und Ständeratssaal sind während der Sessionen permanent Polizistinnen und Polizisten postiert. Plötzlich waren diesen Herbst aber deren Stühle verschwunden. Grund: Einer der Bewacher hat dem Vernehmen nach im Dienst Zeitung gelesen.

Als Kollektivstrafe wurden ihm und allen anderen daraufhin die Stühle weggenommen, die teilweise etwas älteren Bewacherinnen und Bewacher mussten stundenlang stehen. Erst als 20 Minuten den Fall publik machte, wurde der Steh-Befehl aufgehoben.

Erteilt hat den Steh-Befehl der Generalsekretär der Parlamentsdienste, Philippe Schwab, persönlich, was für Empörung sorgte. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran sprach empört von «einer sinnlosen Kollektivstrafe» und SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi bezeichnete ihn auf Twitter als «kleinen Tyrannen». Für Philippe Schwab und die Parlamentsdienste scheint die Affäre nun Folgen zu haben.

Parlamentsdienste kommen an kurze Leine

Schwab und seine Verwaltung werden von der sogenannten Verwaltungsdelegation überwacht. Diese besteht aus dem Präsidium und den zwei Vizepräsidien von National- und Ständerat. Das Problem: Die Vizes müssen den Parlamentsdiensten auf die Finger schauen – und nötigenfalls auch auf die Finger klopfen.

In ihrer künftigen Rolle als Ratspräsidentin oder -präsident sind sie aber abhängig davon, dass die Parlamentsdienste ihnen die Ratssitzung vorbereiten, die Geschäfte bereit machen und sie allgemein gut zusammenarbeiten.

Viele Jahre galt dieses Abhängigkeitsverhältnis als unproblematisch, bis nun der Generalsekretär mit dem Steh-Befehl und anderen Auffälligkeiten von sich reden machte.

Nun hat die staatspolitische Kommission des Nationalrates eine Initiative eingereicht, die die Aufsicht über Philippe Schwab und seinen Dienst von der Verwaltungsdelegation weg und hin zu einem «unabhängigen Aufsichtsorgan» übertragen will. Ausserdem sollen die Prinzipien der «Good Governance» gestärkt werden.

Dem Vernehmen nach fiel der Kommissionsentscheid einstimmig, was die Unzufriedenheit der Politikerinnen und Politiker mit ihrem Bundeshausverwalter überdeutlich zeigt. Der Vorstoss wird demnächst im National- und Ständerat debattiert, Widerstand zeichnet sich nicht ab. Vertreten wird er von Mitte-Präsident Gerhard Pfister. Dieser war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Auf Anfrage wollten sich die Parlamentsdienste zu diesem laufenden Geschäft nicht äussern, man arbeite «im Auftrag der Bundesversammlung», heisst es nur. 

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