Neugewählte verraten Geheimnisse über Start im Bundeshaus

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Neue Parlamentarier«Im Bundeshaus Alkoholiker zu werden, ist ziemlich einfach»

Die neugewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier haben ihre erste Session hinter sich. Vieles ist für sie neu, manches fast schockierend. 20 Minuten verraten sie, was sie am meisten überrascht hat.

«Man muss aufpassen, dass man nicht in die Breite geht – Alkoholiker zu werden, wäre ebenfalls ziemlich einfach», sagt die frischgewählte Zürcher Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun.
Die Berner SP-Nationalrätin und Spitzensport-Trainerin Andrea Zryd ist erstaunt: «Während der Sessionen könntest du dich von Käse- und Fleischplättchen ernähren und das tun wohl einige auch.»
«Ich kam nicht mit der Idee ins Bundeshaus, schon in der ersten Session alle Abläufe perfekt zu kennen», sagt SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser.
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«Man muss aufpassen, dass man nicht in die Breite geht – Alkoholiker zu werden, wäre ebenfalls ziemlich einfach», sagt die frischgewählte Zürcher Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Mehr als 50 Politikerinnen und Politiker absolvierten im Dezember ihre erste Session im National- oder Ständerat. 

  • Vieles sei für sie neu, einiges überraschend, weiteres sogar fast schon schockierend, erzählen sie. 

  • Besonders erstaunt zeigen sich Nationalrätinnen ob der kulinarischen Möglichkeiten. 

  • Man könnte sich von Apéro-Plättchen ernähren und es sei gar nicht so schwierig, Alkoholiker zu werden. 

Vor rund drei Wochen haben sie ihren Eid abgelegt und amtieren seither als Volksvertreter: Über 50 Politikerinnen und Politiker sind neu im National- und Ständerat präsent. Einige von ihnen sorgten bereits für Aufsehen – etwa FDP-Frau Nadine Gobet mit einem unfreiwillig komischen Antrittsvideo.

Die grosse Herausforderung für die Neulinge findet aber hinter den Kulissen im politischen Alltag statt. Im Gespräch mit 20 Minuten räumen viele ein, dass sie noch nicht zu hundert Prozent angekommen sind. «Ich kam nicht mit der Idee ins Bundeshaus, schon in der ersten Session alle Abläufe perfekt zu kennen», sagt etwa SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser.

«Ich lerne jeden Tag neue ungeschriebene Gesetze, auch dank meinem Fraktions-Götti Fabian Molina, dem ich sehr dankbar bin», so die Zürcherin. Schön finde sie, dass der Ratspräsident ganz offiziell zum Geburtstag gratuliere. Negativ überrascht zeigt sie sich von persönlichen Attacken.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi giftelte etwa gegen sie, weil sie die Richterwahlen falsch titulierte. Solche Angriffe empfindet sie als «ungerechtfertigt». Rosenwasser: «Niemand auf der anderen Ratsseite erreicht auch nur annähernd so viele Menschen wie ich auf Instagram. Ich zeige dort einem jungen Publikum die Bundeshaus-Welt, das sollten sie respektieren», so die LGBTQ-Aktivistin.

«Du könntest dich von Käse- und Fleischplättchen ernähren»

Überrascht zeigen sich mehrere Politikerinnen ob der kulinarischen Möglichkeiten. «Cool finde ich, dass immer Rüebli, Äpfel, Birnen und Schoggi bereitstehen», sagt Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun. Zudem gebe es viele Apéros – die Verpflegungspauschale brauche man definitiv nicht auf. «Man muss eher aufpassen, dass man nicht in die Breite geht – Alkoholiker zu werden, wäre ebenfalls ziemlich einfach», mutmasst die Zürcherin.

SP-Nationalrätin Andrea Zryd pflichtet ihr bei. «Während der Sessionen könntest du dich von Käse- und Fleischplättchen ernähren und das tun wohl einige auch», schmunzelt sie. Die paar Treppentritte, die man gelegentlich herauf- und heruntereile, würden nicht reichen für genügend Bewegung. «Gesund geht definitiv anders», so die Berner Oberländerin. «Im gleichen Atemzug debattieren wir über diverse Kürzungen im Gesundheitsbereich und schrammen deutlich am eigenen Gesundheitsniveau vorbei», ärgert sich die Spitzensport-Trainerin. Deshalb halte sie sich an ihre Trainings und gehe regelmässig über den Mittag Sporttreiben.

Abstimmung verpasst – «nun lese ich im Ratssaal Zeitung»

Die Thurgauerin Kris Vietze (FDP) räumt ein, dass sie bereits eine Abstimmung verpasst habe, «weil ich mein Handy nicht dabeihatte und ich in der Wandelhalle statt im Ratssaal Zeitung gelesen habe». Aufs Smartphone erhalte man nämlich eine Benachrichtigung, wenn eine Abstimmung anstehe.

Doch Zeitunglesen sei in der Wandelhalle kaum möglich. «Denn dort sind zu viele interessierte Lobbyisten und Journalisten, die einen gern in Gespräche verwickeln. Zum Glück war das Ergebnis nicht knapp und meine fehlende Stimme nicht entscheidend. Jedenfalls habe ich mein Handy nun immer bei mir – und lese Zeitung im Ratssaal.» 

Warst du schon einmal im Bundeshaus?

Auf die Lobbyisten verweist auch die Bernerin Katja Riem, die mit 26 Jahren jüngste Nationalrätin der Schweiz. «Hier herrscht im Vergleich zum Grossen Rat, wo ich zuvor tätig war, ein ganz anderes Level an Lobbyismus. Zudem ist man ständig unter Beobachtung – das ist manchmal schon sehr anstrengend.»

Ansonsten hätten sie als Neue noch nicht gross mitarbeiten können, da sie noch nicht Teil der vorberatenden Kommissionen waren. Darauf verweisen einige der Neulinge. Sie scheinen jedoch allesamt motiviert, die nächsten vier Jahre ihre politischen Spuren zu hinterlassen.

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