«Terror wird nicht auf Stadien, sondern auf Hotels, Bars und Cafés zielen»

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Olympische Spiele«Terror wird nicht auf Stadien, sondern auf Hotels, Bars und Cafés zielen»

Jetzt beginnen die Olympischen Spiele in Paris. Diese stehen im Visier der Terroristen des IS-K. Experten sorgen dabei die «paar Dutzend» Extremisten, die in Europa noch auf freiem Fuss sind.

Auftakt zu den Olympischen Spielen in Paris. Täglich sollen 35’000 Polizisten und Gendarmen im Einsatz sein, 45’000 allein zur Eröffnung.
Der IS will Paris Experten zufolge «mit ziemlicher Sicherheit» als Ziel anvisieren, um seine Fähigkeiten bei externen Operationen zu demonstrieren und die Anschläge von 2015 in Paris und 2016 in Nizza zu wiederholen.
Terrorexperte Peter Neumann warnt zum einen vor der verstärkten Rekrutierung von Teenagern durch den IS. Das sowie die ...
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Auftakt zu den Olympischen Spielen in Paris. Täglich sollen 35’000 Polizisten und Gendarmen im Einsatz sein, 45’000 allein zur Eröffnung.

AFP

Darum gehts

  • In Paris beginnen die Olympischen Spiele.

  • Die Gefahr eines Terroranschlags ist gross.

  • Das zeigen auch die Bewerbungen von freiwilligen Helfern für die Spiele: Von 1000 hatten 250 Verbindungen in extremistische Kreise.

  • Experten wie Peter Neumann besorgen zwei Punkte: radikalisierte Teenager und «einige Dutzend» einschlägiger Extremisten, die in Europa auf freiem Fuss sind.

Paris steht vor dem Auftakt zu den Olympischen Spielen. Doch der Schatten vergangener Terroranschläge dämpft die Freude. Im «Stade de France», dem diesjährigen Hauptaustragungsort der Spiele, hatte die tödliche Anschlagsserie vom November 2015 ihren Anfang genommen. Damals töteten Terroristen des «Islamischen Staat» (IS) insgesamt 130 Menschen.

Der IS wolle Paris «mit ziemlicher Sicherheit» als Ziel anvisieren, um seine Fähigkeiten bei externen Operationen zu demonstrieren und die Anschläge von 2015 in Paris und 2016 in Nizza zu wiederholen, ist sich Matt Mooney von der Sicherheitsfirma «Recorded Future» sicher.

250 Extremisten bewarben sich

Das machten auch eingegangene Bewerbungen von Freiwilligen für die Spiele in Paris deutlich: Unter 1000 Personen waren 250 mit extremistischen Verbindungen, wie der französische Terrorexperte Alexandre Rodde gegenüber «The National» erklärte. Das sei eine besorgniserregend hohe Zahl.

Zwei Punkte geben Terrorexperte Peter Neumann zu denken: Zum einen die verstärkte Rekrutierung von Teenagern durch den IS. Zum anderen die «paar Dutzend» bekannter Extremisten, die in Europa noch auf freiem Fuss seien.

«Für den IS als Märtyrer an den Spielen sterben»

Zwei Drittel dieser Festnahmen betrafen Teenager – und zwar «13-, 14- oder 15-Jährige, die online radikalisiert worden waren und bereit waren, Messerstechereien zu begehen oder Autos in Menschenmengen zu fahren», so Neumann. Unter solchen Tiktok-Terroristen nimmt die Schweiz eine unrühmliche Vorreiterrolle ein (dazu mehr hier).

Der 16-Jährige, der in sozialen Medien angekündigt hatte, bei den Olympischen Spielen als Märtyrer für den IS sterben zu wollen – er wurde im April in den französischen Alpen verhaftet – bestätigt den unheimlichen Trend lediglich.

«In Hotels, Bars und Restaurants»

Nicht, dass die Terroristen von heute nur annähernd über die Kapazitäten verfügen, die 2015 und 2016 noch die Massenanschläge ermöglicht hatten. Deswegen würden «Anschläge wahrscheinlich nicht in einem Stadion, sondern in den umliegenden Gebieten – in Hotels, Bars und Restaurants – stattfinden», sagt Terrorexperte Rodde.

Einen grossen Anschlag an den Spielen halten die meisten Beobachter wegen der umfassenden Sicherheitsvorkehrungen für wenig wahrscheinlich: Täglich sollen 35’000 Polizisten und Gendarmen im Einsatz sein, 45’000 allein an den Eröffnungsfeiern. Dazu kommen 18'000 Soldaten täglich, darunter Scharfschützen und Taucher.

Sie erhalten Verstärkung von Polizisten und Sicherheitskräften aus Spanien, dem Vereinigten Königreich, Deutschland und den Vereinigten Arabischen Emiraten, die auf den Strassen von Paris patrouillieren.

IS-K will Imagekonsolidierung

Die hohen Hürden würden aber «mit ziemlicher Sicherheit dazu führen, dass IS-Anhänger versuchen oder planen, als Einzeltäter Anschläge auf die Olympischen Spiele zu verüben», so Rodde.

Die Gruppe, die am ehesten in der Lage ist, einen Terroranschlag mit vielen Opfern zu verüben, ist der IS-Ableger «IS-K». Diese Gruppe, die zuletzt weltweite Schlagzeilen mit dem Anschlag auf eine Konzerthalle in Moskau machte, war «in den letzten zwei oder drei Jahren in Westeuropa sehr aktiv», so Terrorforscher Neumann.

Der IS-K wird als «sehr ehrgeizig und aggressiv» beschrieben. Viele seiner Kämpfer haben in Afghanistan und sogar im Syrienkonflikt gekämpft. Neumann: «Sie wollen als Nachfolger des IS bekannt werden, nachdem dieser Syrien und den Irak verlassen hat.»

Für die Imagekonsolidierung des IS-K kommen die Spiele in Frankreich wie gerufen. Das Land verkörpert wegen seiner kolonialen Vergangenheit und den militärischen Kampagnen in Afrika und im Nahen Osten das Feindbild schlechthin für Jihadisten, der Gaza-Krieg hat weiter Öl ins Feuer gegossen.

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