Mettmenstetten: Streit um Kauf einer Asylwohnung für über eine Million Franken

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MettmenstettenStreit um Kauf einer Asylwohnung für über eine Million Franken

Wohin mit den Asylsuchenden? Die Gemeinde Mettmenstetten will für über eine Million Franken eine 5,5-Zimmer-Wohnung kaufen. Dagegen gibt es Widerstand.

In diesem Haus will der Gemeinderat Mettmenstetten die Eigentumswohnung erwerben.
Im ganzen Land werden aufgrund der vielen Asylgesuche Unterbringungsplätze gesucht. Im Bild eine Polizeikaserne als Asyl-Unterkunft, aufgenommen am 16. Januar. 
Der Migrationsdruck auf die Schweiz hält an, doch die Infrastruktur hält nicht Schritt und die Bundesunterkünfte sind überlastet. Der Bund muss daher auf temporäre Infrastrukturen ausweichen, insbesondere in Militärgebäuden. Dies ist der Fall in der Kaserne von Moudon (VD), wo eine Sporthalle für die Unterbringung von 200 Personen umgebaut wurde. 
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In diesem Haus will der Gemeinderat Mettmenstetten die Eigentumswohnung erwerben.

Luc Müller/Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern

Darum gehts

  • Die Gemeinde Mettmenstetten muss bis im Sommer 2023 mehr Geflüchtete aufnehmen. 

  • Weil sie sonst keinen Platz findet und Container zu spät geliefert würden, will die Gemeinde jetzt für über eine Million Franken eine 5,5-Zimmerwohnung kaufen. 

  • Dagegen regt sich Widerstand: 50 Rekurse sind eingegangen. Die Mettmenstetter SVP fordert, dass die Bevölkerung beim Entscheid mitreden kann.

Die vielen Asylgesuche fordern die Schweiz heraus. Das bekommt auch die Zürcher Gemeinde Mettmenstetten zu spüren. Bisher musste die Gemeinde 50 Asylsuchende unterbringen. Bis im Sommer 2023 kommen wegen eines neuen Verteilschlüssels 13 weitere dazu. Um diesen Bedarf decken zu können, möchte die Gemeinde nun eine 1,045 Millionen Franken teure 5,5-Zimmer-Wohnung kaufen.

Die Wohnung bietet rund 130 Quadratmeter Wohnfläche und wurde 2003 gebaut. «Wir kommen mit dem Kauf unserer Pflicht nach, genügend Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen», sagt Oliver Bär, Geschäftsführer der Gemeinde Mettmenstetten, gegenüber dem «Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern». Die Gemeinde könne derzeit zwar gerade noch die geforderte Anzahl an Geflüchteten unterbringen. Es sei aber je nach Familienkonstellation, Geschlecht oder Alter nicht zumutbar, eine Asylunterkunft maximal zu belegen. Es brauche einen Puffer von mindestens zehn Prozent oder fünf Plätzen, heisst es im Gemeinderatsprotokoll.

Container kämen laut Gemeinde zu spät

Das Aufstellen von Wohncontainern für Schutzsuchende würde laut Gemeinde aufgrund der Plan- und Lieferzeiten zu lange dauern. Mettmenstetten könnte seinen gesetzlichen Pflichten nicht nachkommen. Zudem schone der Kauf einer Wohnung die Gemeindefinanzen wesentlich besser als der Kauf oder die Miete von Wohncontainern. Container für 30 Personen zu kaufen, zu installieren und zu demontieren, würde die Gemeinde ungefähr 600’000 Franken kosten, rechnet Oliver Bär vor. Zusätzlich müssten Werkleitungen und ein Fundament erstellt werden – ein Baugesuch wäre dazu nötig.

Eine Wohnung könne hingegen gekauft und nach der Asylkrise wieder verkauft oder anderweitig verwendet werden. Es gebe zwar Bauland im Gemeindebesitz, auf dem die Container stehen könnten. «Aber der Gemeinderat will kein konzentriertes Container-Dorf erstellen», sagt Bär. «Container könnten wohl erst im Sommer bezogen werden. Wir benötigen aber schon Ende Februar zusätzliche Plätze. Die Container stellen für uns deshalb keine Option dar.»

Zivilschutzanlage nur «temporäre Option»

Zusätzlich prüft die Gemeinde derzeit auch, ob im Falle einer weiteren Erhöhung der Asylquote, Asylbewerber kurzfristig in einer Zivilschutzanlage untergebracht werden könnten. Diese Option sei jedoch nur als Übergangslösung für ein paar Monate gedacht.

Den dafür benötigten Kredit hat der Gemeinderat laut «Affolter Anzeiger» als gebundene Ausgabe beschlossen, also ohne dass die Gemeindeversammlung darüber abstimmen könnte. Am 3. Februar wurde der Kredit publiziert, während fünf Tagen konnte dagegen Rekurs eingelegt werden. Davon haben die Bürgerinnen und Bürger fleissig Gebrauch gemacht: Über 50 Rekurse sind beim Bezirksrat Affoltern eingegangen.

SVP will Volk mitreden lassen

Auch die SVP Mettmenstetten hat Rekurs eingelegt. «Uns geht es grundsätzlich darum, dass die Volksrechte respektiert werden», erklärt Christoph Niederer, Vizepräsident der SVP Mettmenstetten. «Wir sehen zwar die Herausforderung, dass die Gemeinde Wohnraum für Asylbewerber zur Verfügung stellen muss. Aber das Volk sollte bei diesem Geschäft angesichts dessen Tragweite mitreden können.» Es fehle an der zeitlichen Dringlichkeit der strittigen Investition. Es hätte genügend Zeit bestanden, das Geschäft und insbesondere eine Massnahme dieser Grössenordnung der ­Gemeindeversammlung vorzulegen.

«Anstelle des Kaufs einer Wohnung käme auch eine Miete in Frage, anstelle einer einzigen 5,5-Zimmer-Eigentumswohnung wäre die Miete oder der Erwerb kleinerer Wohnungen zu prüfen.» Weitere Alternativen, wie Container oder Umnutzungen müssten ebenfalls unter Einbezug der Öffentlichkeit evaluiert werden. «Demnach handelt es sich, entgegen der Auffassung des ­Gemeinderats, beim geplanten Erwerb der Eigentumswohnung nicht um eine gebundene Ausgabe.» 

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