SVP läuft mit Kündigung der EMRK auch im Ständerat auf

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Klima-UrteilSVP läuft mit Kündigung der EMRK auch im Ständerat auf

Nach dem Nationalrat spricht sich auch der Ständerat deutlich gegen die Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention aus. Der Vorstoss aus der Feder von SVP-Ständerat Jakob Stark scheitert deutlich mit 37 zu sechs Stimmen.

SVP-Ständerat Jakob Stark verlangt die sofortige Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK): Weil hochpolitische Themen plötzlich Teil der Auslegung der Menschenrechte würden. (Archivbild)
Mit Urteilen wie demjenigen im Fall der Klimaseniorinnen gefährde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz der EMRK. (Symbolbild)
SP-Nationalrätin Franziska Roth weibelte gegen die Aufkündigung der EMRK: Die Schweiz und Europa bräuchten mehr Schutz der Menschenrechte, nicht weniger. (Archivbild)
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SVP-Ständerat Jakob Stark verlangt die sofortige Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK): Weil hochpolitische Themen plötzlich Teil der Auslegung der Menschenrechte würden. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Nach dem Urteil im Fall der Klimaseniorinnen steht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) immer wieder in der Kritik.

  • Am Dienstag hat sich der Nationalrat dennoch gegen die Aufkündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entschieden.

  • Heute folgt der Ständerat der Grossen Kammer und dem Bundesrat und lehnt ein entsprechendes Anliegen aus den Reihen der SVP ebenfalls deutlich ab.

  • Ein Vorstoss von FDP-Ständerat Andrea Caroni hingegen findet eine Mehrheit: Der Bundesrat muss sich jetzt für eine Rückbesinnung des EGMR auf dessen Kernaufgaben einsetzen.

Spätestens seit dem Urteil im Fall der Klimaseniorinnen sieht sich der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hierzulande immer wieder heftiger Kritik ausgesetzt: Der Vorwurf des «richterlichen Aktivismus» steht im Raum. Erst vergangene Woche hatte ein erneuter Schuldspruch aus Strassburg der Thematik zusätzliche Brisanz verliehen.

Trotzdem hatte sich der Nationalrat am Dienstag gegen die Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) entschieden. Am Mittwoch folgte die entsprechende Debatte im Ständerat – auch in der kleinen Parlamentskammer blieb die SVP mit ihrem Anliegen chancenlos: Die Motion von SVP-Ständerat Jakob Stark scheitert mit 37 zu sechs Stimmen bei einer Enthaltung.

Der Thurgauer SVP-Ständerat verlangte die sofortige Aufkündigung der EMRK. Stark erklärte im Rahmen der Debatte: «Das Urteil im Fall der Klimaseniorinnen ist für mich unfassbar und nicht nachvollziehbar – wie ist es möglich, dass hochpolitische Themen plötzlich Teil der Auslegung der Menschenrechte werden?»

SVP-Stark wollte bei EMRK «Notbremse» ziehen

Entsprechend sei jetzt Zeit, «die Notbremse zu ziehen», so Stark: «Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis der Menschenrechte.» Wenn sich die Rechtsprechung aus Strassburg hingegen noch weiter ausdehne, würde dies die Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz der Menschenrechtskonvention unnötig strapazieren.

SVP-Ständerat Jakob Stark verlangt die Notbremse: Der Thurgauer verlangte im Ständerat die sofortige Aufkündigung der EMRK. (Archivbild)

SVP-Ständerat Jakob Stark verlangt die Notbremse: Der Thurgauer verlangte im Ständerat die sofortige Aufkündigung der EMRK. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Anderer Ansicht war SP-Ständerätin Franziska Roth: Der Blick nach Europa zeige, dass es mehr Schutz der Demokratie und Menschenrechte brauche – nicht weniger. Damit spielt die Sozialdemokratin wohl auch auf den jüngst im Nationalrat gefällten Entscheid an, vorläufig aufgenommenen künftig den Familiennachzug zu verwehren: Dieser hatte unter der Bundeshauskuppel Befürchtungen ausgelöst, dass der Schweiz bereits die nächste EGMR-Rüge ins Haus stehe.

Auch Mitte-Ständerat Daniel Fässler weibelte gegen die Aufkündigung der EMRK. «Das ist ein starkes Stück von Herrn Kollege Stark – doch Ihr Ärger hat nichts mit der Menschenrechtskonvention zu tun, sondern mit der Auslegung derselben durch das Gericht in Strassburg.»

SP-Jositsch: «Notbremse wäre überzogen»

SP-Ständerat Daniel Jositsch kämpfte ebenfalls gegen die EMRK-Aufkündigung – obwohl er im Grundsatz mit der Beurteilung Starks einverstanden war: «Der Gerichtshof hat in völliger Verkennung seiner Geschichte und seiner Rolle entschieden, das internationale Recht weiterzuentwickeln.»

Gleichzeitig teile der Zürcher auch die Anliegen der Klimaseniorinnen: «Die Schweiz unternimmt zu wenig, um das Klima zu schützen», so Jositsch. Entsprechend sei es «überzogen», jetzt die Notbremse zu ziehen. Stattdessen müsse man versuchen, den EGMR zu einem Kurswechsel zu bewegen – «sonst werden wir uns bald in derselben Debatte wiederfinden, nur dass dann der Vorstoss von Herrn Stark angenommen werden könnte», warnt Jositsch.

Keine EMRK-Aufkündigung, aber …

In der Schlussabstimmung folgte der Ständerat der Empfehlung des Bundesrats und sprach sich deutlich gegen die Aufkündigung der EMRK aus. Gleichzeitig begrüsst die «Chambre de Réfléxion» das Ansinnen, dass sich das Gericht in Strassburg auf seine Kernaufgaben zurückbesinnen müsse.

FDP-Ständerat Andrea Caroni verlangt, dass der Bundesrat sich mit den übrigen EMRK-Mitgliedsstaaten für die Aushandlung eines verbindlichen Zusatzprotokolls einsetzt, welches den EGMR auf seine Kernaufgaben beschränken soll. (Archivbild)

FDP-Ständerat Andrea Caroni verlangt, dass der Bundesrat sich mit den übrigen EMRK-Mitgliedsstaaten für die Aushandlung eines verbindlichen Zusatzprotokolls einsetzt, welches den EGMR auf seine Kernaufgaben beschränken soll. (Archivbild)

20min/Matthias Spicher

Eine entsprechende Motion von FDP-Ständerat Andrea Caroni wurde mit 32 zu zwölf Stimmen klar angenommen. Der Bundesrat wird jetzt beauftragt, gemeinsam mit den übrigen Mitgliedsstaaten die Aushandlung eines verbindlichen Zusatzprotokolls zu ersuchen, welches den EGMR auf diese Kernaufgaben beschränken soll.

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