Uni Bern: «Lotterie der Geburt» entscheidet oft über Bildungsweg

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Universität Bern«Lotterie der Geburt» entscheidet oft über Bildungsweg

Die schulische Laufbahn in der Schweiz ist laut einer Studie vom Elternhaus abhängig. Kinder, die Akademikereltern haben, treten eher ein Studium an als Kinder von Nichtakademikern.

Rolf Becker von der Universität Bern erklärt: «Heute kann man anhand der sozialen Merkmale schon von Geburt an vorhersagen, welchen Bildungsweg ein Kind einschlagen wird».
Laut der sogenannten Tree-Studie hätten Kinder von Akademikern eine grössere Chance auf Bildung als Kinder von Nichtakademikern.
Die Tree-Studie ist eine Langzeitstudie der Universität Bern. Sie erhebt Daten zu Ausbildungs- und Erwerbsverläufen nach Austritt aus der obligatorischen Schule.
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Rolf Becker von der Universität Bern erklärt: «Heute kann man anhand der sozialen Merkmale schon von Geburt an vorhersagen, welchen Bildungsweg ein Kind einschlagen wird».

IMAGO

Darum gehts

  • Kinder aus Akademikerfamilien haben doppelt so hohe Chancen auf einen Hochschulabschluss wie Kinder von Nichtakademikern.

  • Die Universität Bern zeigt in ihrer Tree-Studie, dass der Bildungserfolg stark von der Unterstützung der Eltern abhängt.

  • Bereits mit zwölf Jahren werden Schüler in der Schweiz auf unterschiedliche Leistungsniveaus eingeteilt, was ihre Zukunft stark beeinflusst.

Laut einer Studie der Universität Bern haben Kinder aus Akademikerfamilien bei gleichen Leistungen eine doppelt so grosse Chance auf einen Hochschulabschluss wie Kinder von Nichtakademikern. Das schliesst die Uni aus ihrer Studie zu Transitionen von der Erstausbildung ins Erwerbsleben (auch genannt Tree-Studie). Darin werden Jugendliche nach Vollendung ihrer obligatorischen Schulzeit bis ins Berufsleben begleitet.

Erfolg hängt von der Unterstützung der Eltern ab

Demnach hängt eine schulische Laufbahn in der Schweiz nicht nur von der schulischen Leistung ab, sondern auch vom Elternhaus. «Auf die Frage, wem der Übergang an eine Hochschule gelingt, würden die meisten wahrscheinlich antworten: Es sind die Talentierten und Ehrgeizigen eines Jahrgangs, die durch den Flaschenhals ins Gymnasium und dann durch das Nadelöhr auf die Hochschulen gelangen», lässt sich der an der Studie beteiligte Rolf Becker im Magazin «unifokus» zitieren. Laut dem Professor am Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Bern widerlege die Studie diese Behauptung.

«Eltern wollen sozialen Abstieg vermeiden»

Rolf Becker

Der Erfolg im Schweizer Bildungssystem hänge davon ab, wie stark Eltern ihre Kinder unterstützen. Kinder aus bessergestellten Familien hätten da einen Vorteil, einerseits aus finanziellen Gründen, andererseits weil sich die Eltern oftmals einen guten Bildungsgrad für ihre Kinder wünschen.

«Eltern haben meist eine klare Vorstellung davon, welchen Bildungsweg ihre Kinder einschlagen sollen», erklärt Becker. «Die Kinder sollen mindestens das erreichen, was sie selbst erreicht haben, damit ein sozialer Abstieg vermieden wird.» Da läge es auf der Hand, dass die Akademikereltern mehr in die Bildung investieren als zum Beispiel Handwerkereltern.

Bildungsweg sei schon bei der Geburt klar

Becker ginge es bei seiner Interpretation der Daten der Tree-Studie nicht darum, eine Berufslehre als Alternative zum Studium abzuwerten. «Heute kann man anhand der sozialen Merkmale schon von Geburt an vorhersagen, welchen Bildungsweg ein Kind einschlagen wird. Also auch den Weg in die Berufsausbildung oder in die Hochschulbildung. Wenn Chancengleichheit gewährleistet sein soll, dann sollte das nicht möglich sein.» Schliesslich könnten die Kinder nichts dafür, in der «Lotterie der Geburt» das schlechtere Los gezogen zu haben.

Die Tree-Studie

Gemäss Becker findet die wichtigste Selektion für die Zukunft beim Übergang von der Primarstufe in die Sekundarstufe statt. Bereits mit zwölf Jahren werden Schülerinnen und Schüler auf die Leistungsniveaus «Grundanforderungen», «erweiterte Anforderungen» und «hohe Anforderungen» eingeteilt. Diese Selektion werde später nur selten korrigiert, und wenn, dann oft von einem oberen Niveau auf ein unteres. Für Schülerinnen und Schüler auf der Stufe der Grundanforderungen habe das weitreichende Konsequenzen, da ihnen nach der obligatorischen Schulzeit vorwiegend nur die Berufslehre bleibt.

Denkst du, Kinder von Akademikern haben bessere Bildungschancen?

Kinder aus sozial bessergestellten Familien nehmen hingegen öfter den Weg über die Berufsmaturität. An den Gymnasien finden vor allem Schülerinnen und Schüler aus bildungsnahem und gut situiertem Elternhaus zusammen, nur rund ein Viertel der Gymnasiasten hat Eltern ohne eine höhere Bildung.

Kinder aus der Arbeiterschicht haben oft Zweifel

Sollte sich ein Kind aus der Arbeiterschicht doch für ein Studium interessieren, kämpfe dieses laut der Studie oft mit grossen Zweifeln. «Wir sehen, dass vor allem die Kinder aus der Arbeiterschicht zögern, ein Studium zu beginnen, selbst wenn sie dazu berechtigt sind», so Becker. «Entweder fürchten sie, es leistungsmässig doch nicht zu schaffen, oder die erwarteten Kosten halten sie davon ab.» Akademikereltern hingegen können ihre Kinder, selbst bei schwächeren Leistungen, eher durchs Studium navigieren, da sie das System bereits kennen.

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