E-ID: Heftiger Streit überschattet Referendumskampagne

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Unterschriften-KrimiStreit überschattet den Referendums-Schlussspurt der E-ID-Gegner

Erst kurz vor Ablauf der Frist raufen sich die Gegner der neuen E-ID zusammen und präsentieren ihre Argumente. Streitereien im Nein-Lager erschweren die Unterschriftensammlung.

JSVP-Chef Nils Fiechter, Samuel Kullmann (EDU), Kampagnenchef Jonas Sulzer, Monica Amgwerd (Kommunikation) und Roland Bühlmann (Freunde der Verfassung) an der Medienkonferenz gegen die E-ID.
Kampagnen-Leiter Jonas Sulzer von der Piratenpartei distanzierte sich an der Medienkonferenz vom Vorstand seiner Partei.
JSVP-Präsident Nils Fiechter argumentiert, dass der Volkswillen nach der ersten Abstimmung nicht respektiert wird.
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JSVP-Chef Nils Fiechter, Samuel Kullmann (EDU), Kampagnenchef Jonas Sulzer, Monica Amgwerd (Kommunikation) und Roland Bühlmann (Freunde der Verfassung) an der Medienkonferenz gegen die E-ID.

20min/vuc

Darum gehts

  • Kurz vor Fristende raufen sich die E-ID-Gegner zusammen, um ihre Argumente zu präsentieren.

  • Interne Streitereien, besonders in der Piratenpartei, behindern die Kampagne.

  • Philippe Burger verweigert Parteikollegen den Zugang zum Parteibüro, was zu Spannungen führt.

  • Die Gegner betonen die Gefahr für die Privatsphäre durch die E-ID.

2021 lehnte das Stimmvolk die Einführung einer elektronischen Identitätskarte ab. Bundesrat und Parlament haben deshalb eine neue Vorlage ausgearbeitet. Die E-ID soll nun 2026 eingeführt werden. Im Gegensatz zum ersten Anlauf ist diesmal nun der Bund Herausgeber der E-ID.

Ausserdem soll sie gemäss Bundesrat freiwillig sein und Vorgänge im Internet erleichtern. So sollen etwa im Netz Strafregisterauszüge bestellt werden können – aber auch zum Altersnachweis beim Kauf von Alkohol im Laden soll die E-ID funktionieren.

Zerstrittene Kleinparteien sammeln Unterschriften gegen E-ID

Dagegen wehrt sich eine bunte Truppe. Die Piratenpartei hat das Referendum ergriffen, die Junge SVP und die EDU sammeln ebenfalls Unterschriften. Weiter sind auch die aus der Pandemie bekannten Organisationen Massvoll und Freunde der Verfassung beteiligt.

Machtkampf in der Piratenpartei spitzt sich zu

Dass die Medienkonferenz erst jetzt stattfindet, hat mit einem Streit innerhalb der Piratenpartei zu tun. Eine angekündigte Medienkonferenz im März wurde wieder abgesagt – wegen Konflikten über die Kommunikationshoheit. Eine zentrale Rolle spielt dabei Philippe Burger.

Er war Grossspender und Ex-Vorstandsmitglied der Piratenpartei. Nun hat er seinen Kollegen aber den Zugang zum Zürcher Parteibüro, das in seinen Räumlichkeiten liegt, verweigert, welches für das Referendum zentral ist. Das berichtet der «Tagesanzeiger». Burger werfe Parteikollegen vor, seinen X-Account gesperrt zu haben und drohe ihnen mit der Polizei wegen «Hausfriedensbruch».

Philipp Burger liegt im Streit mit dem Referendumskomitee gegen die E-ID.

Philipp Burger liegt im Streit mit dem Referendumskomitee gegen die E-ID.

20min/Matthias Spicher

2023 wurde der Sohn von Olivier Burger, dem früheren Patron der Modekette PKZ, wegen Online-Beleidigungen verurteilt. Aktuell läuft eine Strafanzeige wegen Drohungen gegen eine Kollegin, die Vizepräsidentin der Partei war. Er hatte ihr gedroht, ihr Leben zu «zerstören», worauf diese zur Polizei ging. Im Anschluss trat Burger von seinem Posten als Vizepräsident zurück. Er sieht sich als Opfer einer «Rufmord-Kampagne».

Piraten-Vorstand fühlt sich «ausgegrenzt»

Nach Publikation des Artikels erklärt Piratenpräsident Jorgo Ananiadis, der Vorstand habe sich «von Anfang an sehr stark vom Informationsfluss seitens des Komitees ausgegrenzt» gefühlt. Es habe «schon lange eine grosse Unzufriedenheit über die Kampagnenführung und Kommunikation der Referendumsleitung» geherrscht.

Eine Vizepräsidentin sowie Kampagnenchef Sulzer seien am letzten Samstag aus dem Vorstand «abgewählt» worden. Die Führung des Referendums liege aber weiterhin bei ihnen. Die Menschen hätten unterschrieben im Glauben der Piratenpartei. «Wir gehen deshalb davon aus, dass dies so bleibt und dass die Unterschriften im Namen der Piratenpartei eingereicht werden», so Ananiadis.

Mit Massvoll wollen die etablierten Parteien sowie Amgwerd und Sulzer aber nichts zu tun haben. Die Gruppierung fiel ihren politischen Mitstreitern deshalb während der Pressekonferenz per Medienmitteilung in den Rücken und sprach den Anwesenden die Befugnis ab, zu informieren. Man arbeite bloss mit dem «legitimen Parteivorstand» zusammen, ergänzte Massvoll später.

Und die Piraten wiederum sind sich auch intern heftig in die Haare geraten. Es tobt ein wüster Machtkampf (siehe Box). Deshalb war die Piratenpartei auch gar nicht offiziell an der Medienkonferenz vom Montag.

Gegner warnen vor Missbrauch von Personendaten

Die beiden Piraten Monica Amgwerd und Jonas Sulzer distanzierten sich öffentlich vom Vorstand ihrer Partei und informierten als Vertretende des Referendumskomitees gemeinsam mit JSVP-Präsident Nils Fiechter, EDU-Politiker Samuel Kullmann und Roland Bühlmann von den Freunden der Verfassung.

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Sie alle warnten vor missbräuchlicher Nutzung von sensiblen Personendaten. Daten der Menschen würden Unternehmen preisgegeben, die die KI analysieren und Profit daraus schlagen würden. Damit unterlaufe das Gesetz die Privatsphäre der Menschen und gefährde ihre demokratischen Freiheiten.

60'000 Unterschriften: Reicht es mit der Beglaubigung?

JSVP-Chef Nils Fiechter sprach sogar von einer «Verachtung der direkten Demokratie», weil schon wieder über die E-ID abgestimmt werde. Die Vertretenden von EDU und den Verfassungsfreunden zogen Parallelen zwischen dem Covid-Zertifikat und der E-ID. Die Schweiz dürfe nicht erneut von «totalitären Massnahmen» betroffen sein.

An der Pressekonferenz erklärte Amgwerd weiter, dass sämtliche Unterschriften in Räumlichkeiten der Verfassungsfreunde gelagert seien. Aktuell hätten alle Komitees zusammen über 60’000 Unterschriften beisammen. Die Freunde der Verfassung hätten 23'000, das Komitee inklusive SVP und EDU rund 20'000 sowie ein drittes Komitee – also Massvoll – rund 17'000 Unterschriften gesammelt.

Monica Amgwerd vom Komitee erklärte, dass über 60'000 Unterschriften gesammelt worden seien. Nun gehe es um die Beglaubigung.

Monica Amgwerd vom Komitee erklärte, dass über 60'000 Unterschriften gesammelt worden seien. Nun gehe es um die Beglaubigung.

20min/Marco Zangger

Die Unterschriftensammlung habe in den letzten Tagen an Schwung gewonnen, sagte Amgwerd. Nun gehe es darum, die gesammelten Signaturen von den Gemeinden beglaubigen zu lassen. Amgwerd zeigte sich optimistisch, dass die Vorlage an Urne kommen wird. Spätestens am 22. April müssen die Unterschriften der Bundeskanzlei übergeben werden.

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