ZHAW-Studie: Schweizer Medien links geprägt?

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SchweizStudie zeigt: Linke dominieren die Medienbranche

Eine Studie der ZHAW zeigt: Journalistinnen und Journalisten schätzen sich hierzulande als wesentlich linker ein als die Gesamtbevölkerung. Färbt das auf die Berichterstattung ab? Das sagen die grossen Redaktionen und so geht 20 Minuten damit um.

Eine neue Studie der ZHAW zeigt: Journalistinnen und Journalisten ordnen sich selbst politisch wesentlich linker ein als die Gesamtbevölkerung.
Auch sonst sind Schweizer Redaktionen laut der Studie wenig divers: Die meisten Medienschaffenden wurden in der Schweiz geboren, haben einen Hochschulabschluss und sind konfessionslos.
Immer wieder wird deshalb der Vorwurf laut, dass auch die Berichterstattung politisch unausgewogen sei.
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Eine neue Studie der ZHAW zeigt: Journalistinnen und Journalisten ordnen sich selbst politisch wesentlich linker ein als die Gesamtbevölkerung.

Markus Scholz/dpa

Darum gehts

  • Eine neue ZHAW-Studie kommt zum Schluss: Journalistinnen und Journalisten ordnen sich politisch erheblich linker ein als die Gesamtbevölkerung.

  • Auch sonst sind die Redaktionen wenig divers. Die meisten Medienschaffenden sind konfessionslos, in der Schweiz geboren und haben einen Hochschulabschluss.

  • Die grossen Medienhäuser verneinen, dass sich die politische Haltung auf die Berichterstattung auswirke, und verweisen auf die in den publizistischen Leitlinien verankerten Ideologiefreiheit.

Männlich, in der Schweiz geboren, konfessionslos, Hochschulabgänger und politisch links der Mitte: Das ist laut einer Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) der durchschnittliche Journalist in der Schweiz. Die sozialen Merkmale von Journalistinnen und Journalisten unterscheiden sich demnach erheblich von denen der Gesamtbevölkerung.

Linker als Bevölkerungsdurchschnitt

Die Befragten schätzten sich selbst wesentlich linker ein als die Gesamtbevölkerung. 75,7 Prozent gaben an, «ganz links oder eher links» zu sein. In der Gesamtbevölkerung beläuft sich der Wert auf 33,6 Prozent. Was hingegen bei beiden Gruppen gleich ist: Frauen ordnen sich weiter links ein als Männer.

Auch in Bezug auf Abschlüsse und ethnische Herkunft heisst es in der Erhebung, die Medienbetriebe seien wenig divers. 80 Prozent der Befragten geben an, einen akademischen Abschluss zu besitzen und 87 Prozent sind in der Schweiz geboren.

Immer wieder taucht in Kommentarspalten und sozialen Medien der Vorwurf auf, die mediale Berichterstattung sei zu links. Und das, obwohl eine Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) zum Ergebnis kommt: Besonders die grossen Medien berichten vielfältig und politisch ausgewogen.

Zur Studie

Die repräsentative Online-Befragung wurde unter Leitung von Vinzenz Wyss im Zeitraum zwischen November 2022 und Juni 2023 durchgeführt. Die Befragung umfasst 1179 Befragte aus den drei grossen Sprachregionen. Die Zahlen sind nicht nach Redaktionen aufgeschlüsselt, auch 20 Minuten erhebt nicht, wie die Mitarbeitenden politisch eingestellt sind.

Was sagen die Medienhäuser dazu?

SRF sagt auf Anfrage, dass die Schweizer Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfalt im Angebot des Schweizer Radios und Fernsehens hör- und sichtbar gemacht werde, so laute auch der Auftrag vom Bund. Bezüglich der Studienresultate zur politischen Haltung der Medienschaffenden heisst es: «Die Daten beziehen sich auf die politische Selbsteinschätzung der Journalistinnen und Journalisten, nicht auf die journalistische Arbeit. Für alle Mitarbeitenden der SRF-Redaktionen gelten die publizistischen Leitlinien, die zu Sachgerechtigkeit, Vielfalt und Unabhängigkeit verpflichten.»

Unabhängigkeit und Ideologiefreiheit bei 20 Minuten

Wie stellt 20 Minuten sicher, dass ausgewogen berichtet wird? Chefredaktorin Désirée Pomper, sagt dazu: «Eine ausgewogene, neutrale Berichterstattung ist absolut zentral in unserer täglichen Berichterstattung. Unsere Journalisten recherchieren unvoreingenommen und nehmen eine professionelle Distanz zum Thema ein, sodass man dem Artikel nie die private politische Einstellung des Verfassers anmerkt. Wir zeigen Positionen von links bis rechts, solange sich diese im Rahmen des Rechtsstaates bewegen, damit sich die Lesenden eine eigene Meinung bilden können. Wie in unseren Publizistischen Leitlinien festgehalten ist, ist der Journalismus bei 20 Minuten frei von Ideologie. Wir verfolgen keine politische Mission. Wir trennen Fakten und Meinungen und vermeiden implizite Wertungen in der Wortwahl. Wir belehren das Publikum nicht und schreiben keine Meinungsartikel zu politischen Themen. Dass uns das gut gelingt, zeigt eine Untersuchung des Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög), das 20 Minuten in einer Untersuchung attestiert, über Abstimmungen in der Schweiz besonders ausgewogen zu berichten.»

CH Media verweist auf Anfrage auf die Zusammensetzung der Redaktionen. «Bis hin zu Führungspositionen legen wir Wert auf Vielfalt und Chancengleichheit», sagt die Kommunikationsabteilung. So seien kürzlich zwei neue Chefredaktorinnen eingestellt worden. Auch Tamedia, das wie 20 Minuten zur TX Group gehört, geht nicht explizit auf die politische Haltung in den Redaktionen ein, sondern auf Diversität bei den Mitarbeitenden. «Unsere Ziele: Null-Toleranz gegenüber Diskriminierung und Belästigung, Erhöhung des Frauenanteils auf allen Hierarchieebenen und eine ausgewogene Verteilung der verschiedenen Altersgruppen.»

Ringier betont, dass die eigene Arbeit stets hinterfragt werde. «Bei der Themenwahl wird frei von politischen, weltanschaulichen oder wirtschaftlichen Direktiven und persönlichen Ideologien entschieden. Wir sind keine Aktivisten oder Ideologen. Wir sind Berichterstatter. Diese Grundhaltung gilt auch für die tägliche Arbeit unserer Journalistinnen und Journalisten, die unvoreingenommen an Themen gehen.»

In der Studie heisst es schliesslich, dass sich durch eine Befragung nicht beurteilen liesse, ob die fehlende Diversität, unter anderem in der politischen Haltung, Auswirkungen auf die Art der Berichterstattung hätte.

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