KMU: So gelingt mehr Nachhaltigkeit im Betrieb

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ArbeitDarum sind KMU weniger nachhaltig – und so kannst du das ändern

KMU haben Nachholbedarf in Sachen Nachhaltigkeit. Woran hapert es? Und wie lassen sich selbst skeptische Chefs vom Thema überzeugen? Antworten vom KMU-Institut der Universität St. Gallen.

Viele KMU müssen in Bezug auf Nachhaltigkeit aufholen. (Symbolbild)
Alexander Huber vom KMU-Institut der Universität St. Gallen: «Im Dienstleistungsbereich liegt der grösste Hebel oft bei den Pendlern und Pendlerinnen oder bei Dienstreisen.»
Thibault Huber vom KMU-Institut der Universität St. Gallen: «Oft sieht man, dass sich mehrere motivierte Mitarbeitende gemeinsam dem Thema Nachhaltigkeit widmen.» Das hilft, am Ball zu bleiben.
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Viele KMU müssen in Bezug auf Nachhaltigkeit aufholen. (Symbolbild)

Imago / WAZ FotoPool / Ingo Otto

Darum gehts

  • KMU machen einen grossen Teil der Schweizer Wirtschaft aus. In Sachen Nachhaltigkeit haben sie laut einer Studie aber noch Nachholbedarf.

  • Wie lässt sich mehr Nachhaltigkeit in einem KMU erreichen? Alexander Fust vom KMU-Institut der Universität St. Gallen: «Im Dienstleistungsbereich liegt der grösste Hebel oft bei den Pendlern und Pendlerinnen oder bei Dienstreisen.»

  • Um die richtigen Massnahmen für das jeweilige KMU zu identifizieren, können Inspirationen wie der Nachhaltigkeitsleitfaden für KMU von Fust und Kollegen, die Toolbox Agenda 2030 des Bundes oder der CO₂-Rechner der Mobiliar helfen. Auch der Austausch an Konferenzen lohnt sich.

«KMU haben in Sachen Nachhaltigkeit den grössten Aufholbedarf.» Zu diesem Schluss kommt die Studie zur Nachhaltigkeit in Schweizer Unternehmen des Basler Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics (Links siehe unten). Studienleiterin Louise Hugenschmidt hält dabei fest: «KMU spielen eine zentrale Rolle auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel. Die Schweizer Wirtschaft besteht zu 99 Prozent aus KMU.»

Warum sind KMU weniger nachhaltig?

«Ein KMU ist oft ein Familienunternehmen», sagt Thibault Huber, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Schweizerischen Institut für KMU und Unternehmertum der Universität St. Gallen. «Der generationenübergreifende Gedanke liegt grundsätzlich in ihrer DNA.» Der Anreiz, nachhaltig zu wirtschaften, ist damit gegeben. Trotzdem schneiden KMU in Sachen Nachhaltigkeit schlechter ab als Grossunternehmen. Woran liegt das?

Ein Faktor: Grosse Unternehmen müssen in der EU Nachhaltigkeitsberichte erstellen. Wenn ein KMU viele Grossunternehmen aus der EU beliefert, muss es diesen entsprechend viele und teilweise unterschiedliche Daten liefern. «Das wird oft nicht gerne gesehen», sagt Alexander Fust, Leiter Transfer des KMU-Instituts der Universität St. Gallen. «Es ist ein nicht bezahlter administrativer Aufwand und hat keinen wirklichen Einfluss auf die Nachhaltigkeit.»

Wie können KMU nachhaltiger werden?

Ein KMU ist ein Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden. Der Begriff umfasst also alles vom Friseursalon bis zum hochindustrialisierten Familienunternehmen in der Medizintechnik. Das macht allgemeine Ratschläge schwieriger, aber nicht unmöglich.

Fust hat mit weiteren Autoren einen Nachhaltigkeitsleitfaden für KMU herausgegeben (Link unten). Darin wird zwischen pragmatischem und systematischem Vorgehen unterschieden. Fust: «Grundsätzlich ist es gut, wenn man etwas tut – aber ein systematisches Vorgehen ist oft besser, weil man eher zum Ziel kommt.»

Allerdings braucht es mehr Zeit, um Nachhaltigkeit systematisch anzugehen. Oft sind es deshalb kleine Massnahmen, die einen Prozess zu mehr Nachhaltigkeit im KMU in Gang setzen.

Welche Massnahmen sind leicht umsetzbar?

«Grundsätzlich ist alles spannend, wo sich mit wenig Aufwand viel erreichen lässt», sagt Fust. «Im Dienstleistungsbereich liegt der grösste Hebel oft bei den Pendlern und Pendlerinnen oder bei Dienstreisen.» Bei anderen Unternehmen kann man oft beim Energieverbrauch in den Gebäuden ansetzen. «Es lohnt sich, mit einem Energieexperten oder einer Energieexpertin durch das Geschäft zu gehen und zu schauen, wo man zum Beispiel mit smarten Produkten den Energieverbrauch regulieren kann – oft lässt sich damit sogar Geld sparen.»

Ähnliches gilt für die Installation von Solaranlagen oder den Umstieg auf Elektroautos. Auch bei den eigenen Produkten kann man fragen: Wie viel Strom verbrauchen sie? «Wenn sich der Verbrauch bei der Kundschaft um 20 Prozent reduzieren lässt, kann das grosse Skaleneffekte haben», sagt Fust. Im besten Fall kann eine nachhaltigere Produktion auch zu einem Wettbewerbsvorteil werden, zum Beispiel wenn die Kunden dadurch Kosten einsparen können.

Neben dem erwähnten KMU-Leitfaden der Universität St. Gallen gibt etwa der CO₂-Rechner der Mobiliar Auskunft darüber, wie der CO2-Ausstoss reduziert werden kann. Auch die Toolbox Agenda 2030 des Bundes gibt KMU Tipps, wie diese nachhaltiger werden können. Eine zusätzliche Unterstützung können Tools wie das in Fribourg entwickelte esg2go sein. Mit diesem können KMU ihre Nachhaltigkeitsleistung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung messen und vergleichen (alle Links unten).

Welche Massnahme auch immer ergriffen wird: «Wichtig ist, dass es sich nicht um eine einmalige Aktion handelt, sondern um einen kontinuierlichen Prozess», so Fust.

Wie lassen sich skeptische Chefs von mehr Nachhaltigkeit überzeugen?

Es ist wichtig, eine Frage vorab zu klären: Was muss für den Chef oder die Chefin gegeben sein, damit die Massnahme umgesetzt wird? «Wenn mit einer Massnahme die Kosten gesenkt werden können, ist der Fall oft klar», sagt Fust. Dann geht es darum, Massnahmen zu erkennen und zu erarbeiten, von denen das eigene KMU profitieren kann.

Thibault Huber: «Oft sieht man, dass sich mehrere motivierte Mitarbeitende gemeinsam dem Thema widmen». Das helfe, am Ball zu bleiben und die Aufgaben zu verteilen. Zudem sei es sinnvoll, Schritt für Schritt vorzugehen und nicht mehrere Massnahmen gleichzeitig in Angriff zu nehmen. «Man verliert sich weniger schnell – und läuft bei Misserfolgen weniger Gefahr, eine generelle Skepsis gegenüber Nachhaltigkeitsinitiativen im Unternehmen zu wecken.»

Um zu erkennen, welche Massnahmen die richtigen sein können, hilft neben den genannten Tools und Leitfäden auch der Austausch in der Branche. «Unser Institut nimmt zum Beispiel an den Green Days in St. Gallen teil, wo man sich zu diesen Themen austauschen und sich gegenseitig inspirieren kann», sagt Huber.

Weiterführende Links:

Studie «Swiss Sustainability Gap 2024» zur Nachhaltigkeit in Schweizer Unternehmen des Basler Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Economics

Nachhaltigkeitsleitfaden für KMU des Schweizerischen Instituts für KMU und Unternehmertum der Universität St. Gallen

CO₂-Rechner der Mobiliar

Toolbox Agenda 2030 des Bundes

esg2go-Tool

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