«Wut und Hass sind auf dem Vormarsch – schützt euch und eure Werte»

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Extremismus«Wut und Hass sind auf dem Vormarsch – schützt euch und eure Werte»

Seit 13 Jahren lebt die Israelin Shira Kaplan in der Schweiz. Nach einem Interview bedrohte jemand sie und ihre Familie. «Die Schweiz darf Extremismus nicht tolerieren», mahnt Kaplan.

Die Israelin Shira Kaplan wurde nach einem Interview auf Social Media bedroht.
Melanie Abou Shaisha verbreitete demnach Bilder von Kaplan und ihrer Familie auf Tiktok. Sie wollte zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen.
Kaplan warnt vor der schnellen Verbreitung von Hass über soziale Medien.
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Die Israelin Shira Kaplan wurde nach einem Interview auf Social Media bedroht.

privat

Darum gehts

  • Die Israelin Shira Kaplan, die seit 13 Jahren in der Schweiz lebt, wurde nach einem Interview von Melanie Abou Shaisha bedroht.

  • Abou Shaisha veröffentlichte Fotos von Kaplan in den sozialen Medien und warnte Kaplan, nach Israel zurückzukehren. Kaplan erstattete Anzeige bei der Polizei.

  • Jetzt mahnt Kaplan die Schweizer, Extremismus in keiner Form zu tolerieren.

Sie gaben der Sonntagszeitung ein Interview. Was ist danach passiert?
Eine Melanie Abou Shaisha* kommentierte meinen Facebook-Post zum Interview. Sie schrieb etwas in die Richtung, dass ganz Israel ausgelöscht werden sollte. Ich habe den Kommentar sofort gelöscht.

Die Zusammenfassung des Interviews kannst du hier lesen. Philip Bessermann von der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus schätzt Abou Shaishas Aussagen als klar antisemitisch und mutmasslich strafrechtlich relevant ein. Mehr dazu liest du hier.

Es sollte aber nicht die einzige Äusserung von Abou Shaisha zum Thema bleiben.
Nein. Ich wurde darauf aufmerksam gemacht, dass sie auf ihrem Tiktok-Account Fotos von mir und meiner Familie verbreitet und Drohungen ausstiess. Ich änderte sofort alle Einstellungen auf privat.

«Ich wollte mir gar nicht alle ihre Inhalte ansehen, ich will noch ruhig schlafen können.»

Was hat das in Ihnen ausgelöst?
Ich bin Mutter. Als sie meine Familie bedroht und dann noch damit geprahlt hat, dass das Video auf Tiktok 20’000 Mal angeschaut worden sei, wurde ich natürlich nervös. Ich wollte mir gar nicht alle ihre Inhalte ansehen, ich will noch ruhig schlafen können. Aber ich habe die Screenshots und Videos bekommen. Ich weiss, dass es diese Frau wirklich gibt und dass sie hier lebt. Das macht mir Angst. Also ging ich zur Polizei und erstattete Anzeige.

Was erwarten Sie für eine Reaktion?
Man sagte mir, dass das der Kriminalpolizei weitergeleitet werde und man sich darum kümmere. Es ist grossartig, dass in der Schweiz Meinungsfreiheit herrscht, davon habe ich in meinem Interview mit der Sonntagszeitung ja auch Gebrauch gemacht. Jeder darf mich und meine Meinung kritisieren. Aber Drohungen gegen meine Familie haben eine ganz andere Qualität. Das darf nicht toleriert werden.

«Leider kann es heutzutage sehr schnell gehen, von einer solchen Hassbotschaft zu einem tätlichen Angriff.»

Haben Sie Angst um sich und Ihre Kinder?
Das Problem an den sozialen Medien ist, dass sich solche Hassbotschaften extrem schnell verbreiten. Wir haben vor einigen Monaten gesehen, was passieren kann, wenn die falschen Menschen das sehen, als ein 17-Jähriger in Zürich auf einen jüdischen Mann eingestochen hat. Sie

«Die Schweiz darf Extremismus auf gar keinen Fall tolerieren.»

Welche Reaktion erwarten Sie von den Behörden?
Meine Botschaft ist und war auch schon im ersten Interview: Die Schweiz darf Extremismus auf gar keinen Fall tolerieren. Diese Frau überschreitet hier klar rote Linien. Ich habe mit Kritik gerechnet, das ist völlig legitim. Aber die Schweiz und Europa dürfen nicht tolerieren, dass die Menschen hier eines Tages leben müssen wie wir in Israel: In ständiger Angst vor einem Angriff. Schauen Sie nach Wien: Dort haben jugendliche Extremisten 170’000 Menschen, die friedlich an einem Konzert von Taylor Swift feiern wollten, in Angst und Schrecken versetzt. Es ist absolut zentral, dass die Schweiz dem Extremismus keinen Fussbreit nachgibt. Weder antiisraelischem noch antiislamischem, noch sonst irgendeiner Form von Extremismus. Extremistinnen wie Frau Abou Shaisha sind eine Gefahr für die Sicherheit in der Schweiz.

Sie sagten schon in ihrem ersten Interview, dass das, was Israel derzeit erlebt, auch auf die Schweiz zuzukommen droht. Was meinten Sie damit?
Israel ist ein westliches Land, das in einer sehr herausfordernden Nachbarschaft existiert . Die Schweiz ist das nicht, doch Menschen bewegen sich. Darum mein Rat: Schaut genau hin. Wut, Hass und Radikalisierung sind leider auf dem Vormarsch – und wegen Social Media gehen sie schnell viral. Zieht rote Linien. Toleriert keinen Extremismus. Schützt euch und eure Werte. Tragt Sorge, dass die Schweiz, in der ich mich bis vor kurzem sehr sicher gefühlt habe, so sicher bleibt.

Die Kantonspolizei Zürich bestätigt den Eingang einer Anzeige wegen Drohung. Melanie Abou Shaisha wollte sich auf Anfrage von 20 Minuten nicht zu den Vorkommnissen äussern.

*Im April berichtete 20 Minuten über das humanitäre Engagement von Melanie Abou Shaisha. Der Artikel ist hier zu finden.

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