FaktencheckLuxus-Skigebiet in Ukraine: Gezielt gestreute Fehlinformationen
Die Ankündigung eines Luxus-Skigebiets in der Ukraine sorgt in manchen Kreisen für Empörung. Grund dafür ist aber eine Falschinformation, die verbreitet wird.
Goro Mountain Resort: Darum gehts
In der Ukraine soll ein Luxus-Skigebiet namens Goro Mountain Resort entstehen.
Online kursiert die Behauptung, die ukrainische Regierung investiere 1,5 Milliarden US-Dollar in das Projekt.
Diese Behauptung ist falsch. Das Projekt wird von der privaten OKKO Group und anderen Investoren finanziert.
Die Regierung unterstützt das Projekt lediglich durch Steuererleichterungen und beschleunigte Genehmigungen.
Die Falschinformation wird von pro-russischen Kanälen genutzt, um Stimmung gegen die Ukraine und Geflüchtete zu machen.
Die Behauptung
Nach der Bekanntgabe des Baustarts eines Skiresorts in den ukrainischen Karpaten kursiert online die Behauptung, die ukrainische Regierung investiere bis zu 1,5 Milliarden US-Dollar in das Projekt – während europäische Staaten Steuergelder für die Versorgung ukrainischer Flüchtlinge aufwendeten.
Die Bewertung
Die Behauptung ist falsch. Die ukrainische Regierung steuert keine Gelder bei. Es handelt sich um ein Bauvorhaben einer privaten ukrainischen Unternehmensgruppe namens OKKO Group, die laut eigener Auskunft als «alleiniger Eigentümer, Hauptinvestor, Hauptentwickler, Entwickler und Betreiber» fungiert.
Die Fakten
Das plant die OKKO Group
Die OKKO Group, zu der unter anderem eine Tankstellenkette (Galnaftogaz-Konzern) gehört, hat Ende Oktober den Baustart des Goro Mountain Resorts (siehe Box) angekündigt. In der Mitteilung beziffert das Unternehmen die Gesamtinvestition auf 1,5 Milliarden US-Dollar, von denen die OKKO Group rund ein Drittel selbst tragen will. Eine Milliarde werde «von anderen Investoren aufgebracht.» Um welche Investoren es sich dabei handelt, lässt sie offen. Eine entsprechende Anfrage von 20 Minuten blieb bislang unbeantwortet (Stand: 21. November 2024, 9 Uhr). Auch Oleksandr Tkachenko von GORO Development nannte keine Namen, bestätigte aber, dass es sich um ein privatwirtschaftliches Projekt handelt: «Der urkainische Staat ist daran nicht beteiligt.»
Die Gruppe sieht das Projekt als «strategische Investition in den Wiederaufbau und die Zukunft der Ukraine.»
Das soll das Goro Mountain Resort einmal bieten
Das geplante Resort wird von der OKKO Group als «Ganzjahres-Bergresort von internationalem Format» bezeichnet und soll auf dem Gebiet der Siedlungsgemeinde Slawsko am Fusse des Vysokyi Verkh-Gebirges in der Westukraine entstehen. Auf einer Gesamtfläche von fast 1200 Hektaren sind insgesamt 41 Skipisten mit einer Gesamtlänge von 74 Kilometern, zahlreiche Skilifte und -Gondeln sowie 25 Hotels geplant. Die Bauzeit wird auf 15 Jahre geschätzt. Laut der Website des Goro Mountain Resorts soll es zudem Wellness-Anlagen, Wassersport-Möglichkeiten, Geschäfte, Restaurants und Eventräume geben.
Das Bergresort wurde schon vor dem Angriff Russlands geplant
Die Idee für ein Skiresort in der Region kam lange vor der Invasion Russlands in die Ukraine auf. Laut der Newsplattform Kyivindependent.com wurde das Projekt schon vor acht Jahren angekündigt. Die Plattform Dyvys.info berichtete im Jahr 2017, dass die OKKO Group den Bau eines Resorts in der Region Slawsko erwägt, «das in Bezug auf die Grösse zu einem Konkurrenten von Bukowel werden könnte.» Bukowel ist ein bekanntes Skigebiet, das knapp 90 Kilometer Luftlinie vom geplanten Skiresort entfernt, ebenfalls in den Karpaten liegt. Damals hoffte man auf einen Baustart im Jahr 2019. Artikel aus den Jahren 2020 und 2021 (zum Beispiel hier und hier) belegen, dass dieser immer wieder verschoben wurde.
Als Grund wurden «ungelöste Landfragen» genannt. «Sofern alle Genehmigungsunterlagen vorliegen, kann der Bau der ersten Etappe der Ski-Infrastruktur im Frühjahr 2022 beginnen», sagte Vasyl Danylyak, Vizepräsident der Investorengesellschaft des Galnaftogaz-Konzerns, im Februar 2021 zur Nachrichtenagentur Interfax-Ukraine. Doch am 24. Februar 2022 fiel Russland in die Ukraine ein und der Baustart verzögerte sich erneut.
Glaubst du, dass grosse Bauprojekte wie das Goro Mountain Resort sinnvoll für den Wiederaufbau der Ukraine sind?
Dass das Projekt bereits von langer Hand geplant ist, bestätigt auch eine Sprecherin der Doppelmayr Gruppe, die in der Resort-Ankündigung als eines an der Entwicklung des Resorts beteiligten Expertenteams genannt wird: «Die Doppelmayr Gruppe ist schon seit über fünf Jahren mit der OKKO Group eng in Kontakt. Für das geplante Resort haben wir als Experte in Sachen Seilbahntechnik beraten.» Zu Doppelmayr gehört das Schweizer Seilbahn-Unternehmen Garaventa.
Wie sich die Verantwortlichen das Goro Mountain Resort vorstellen, zeigt dieses Video.
Youtube/GORO Mountain ResortKein Geld von der ukrainischen Regierung
Laut Kyivindependent.com ist die ukrainische Regierung über die sogenannte «Investment-Nanny»-Initiative mit dem Projekt verbunden. Diese basiert auf einem im Dezember 2020 verabschiedeten und im Februar 2021 in Kraft getretenen Gesetz «Über die staatliche Unterstützung von Investitionsprojekten mit bedeutenden Investitionen in der Ukraine». Diese sieht «die Befreiung von bestimmten Steuern und Abgaben insbesondere beim Import neuer Geräte vor und erleichtert den Investoren die Versorgung mit Grundstücken und der notwendigen Infrastruktur», wie Interfax-Ukraine schreibt. Die OKKO Group erhält damit kein zusätzliches Geld, sondern profitiert von Erleichterungen und günstigeren Konditionen.
Hierher rührt die Falschbehauptung
Es sind Portale und Accounts, die für die Verbreitung von russischen propagandistischen Inhalten bekannt sind. Etwa der Schweizer Blog Uncut-news.ch. Auch auf der Plattform X wird die Falschbehauptung von pro-russischen Accounts geteilt, genauso wie von Landesgruppen der AfD.
Darauf zielt die Falschbehauptung ab
Wie schon frühere Falschbehauptungen zur Ukraine, dient auch diese dazu, die Ukraine und die dortige Regierung in ein schlechtes Licht zu rücken. Es wird suggeriert, die Hilfsgelder aus dem Ausland würden nicht in Hilfen für das kriegsgebeutelte Land, sondern in den inländischen Luxustourismus investiert.
Weiter zielen einige der Beiträge auch darauf ab, Stimmung gegen geflüchtete Ukrainer zu machen. Wenn Teile der Ukraine so friedlich seien, dass dort gebaut werden kann, gebe es eigentlich keinen Grund zu fliehen, so das Argument. Eine zunehmende Verschärfung der Stimmung gegenüber ukrainischen Geflüchteten ist auch in der Schweiz spürbar.
Fazit
Für die Behauptung, die ukrainische Regierung beteilige sich finanziell an dem Goro Mountain Resort, gibt es keine Belege. Eine Verbindung besteht einzig über die Investment-Nanny-Initiative, die etwa eine beschleunigte Landvergabe und Steuerbefreiungen ermöglicht. Das Grossprojekt wird von der OKKO Group sowie weiteren Investoren getragen. Die Pläne für den Bau und dessen Finanzierung bestehen bereits seit mehreren Jahren. Dass die Umsetzung erst jetzt stattfindet, ist organisatorischen Hürden und der russischen Invasion im Februar 2022 geschuldet. Das Vorhaben wird vom Hauptinvestor als «strategische Investition in den Wiederaufbau und die Zukunft der Ukraine» bezeichnet.
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