FDP-Vorschlag«Nähme sie in Kauf» – das sagen Expats zu Einwanderungsabgabe
Wer neu in die Schweiz zieht, soll elf Jahre lang drei Prozent seines Einkommens abgeben – so ein Vorschlag der FDP. Doch wie kommt die Idee bei jenen an, die es betrifft?
Darum gehts
Die FDP schlägt eine Einwanderungsabgabe von drei Prozent des Einkommens für elf Jahre vor.
Ziel ist es, die Zuwanderung zu steuern und eine Alternative zur «10-Millionen-Initiative» der SVP zu bieten.
Expats in der Schweiz zeigen gemischte Reaktionen: Einige sehen es als diskriminierend, andere als gerechtfertigt.
Die FDP will mit einer Einwanderungsabgabe die Zuwanderung steuern und eine Alternative zur 10-Millionen-Initiative der SVP schaffen. Wer in die Schweiz zieht, soll elf Jahre lang drei Prozent seines Einkommens zahlen. Die Einnahmen – bis zu eine Milliarde Franken jährlich – sollen der Bevölkerung zugutekommen. Doch wie sehen das jene, die in den letzten Jahren in die Schweiz gekommen sind? 20 Minuten hat nachgefragt.
«Das wirkt rassistisch»

Filipe (44) aus Portugal findet den FDP-Vorschlag schlecht.
20min/Mikko StammFilipe (44) aus Portugal, der vor zwölf Jahren wegen eines Jobs im IT-Bereich in die Schweiz gezogen ist, zeigt sich überrascht, dass dieser Vorschlag von der FDP kommt. «Das hätte ich eher von der SVP erwartet.» Er findet den Vorschlag diskriminierend: «Das wirkt schon ein bisschen rassistisch.» Er hätte es sich doppelt überlegt, unter solchen Bedingungen einzuwandern.
Auch Alena (36), die vor 15 Jahren der Liebe wegen aus Russland kam, findet den Vorschlag unfair: «Ausländer haben jetzt schon viele Nachteile, etwa bei der Wohnungssuche.» Zudem würde der Vorschlag die hohe Zuwanderung nicht stoppen: «Die Leute würden trotzdem kommen, aber die Gesellschaft hier würde noch mehr gespalten und es würde zu mehr Rassismus führen.»

Martin (30) wanderte vor drei Tagen der Liebe wegen von Tschechien in die Schweiz ein.
20min/Mikko StammMartin (30), der wegen seiner Verlobten erst vor drei Tagen aus Tschechien in die Schweiz einwanderte, bezweifelt die Umsetzbarkeit: «Das ist nicht mit der Personenfreizügigkeit vereinbar.» Die Schweiz würde für Expats unattraktiver. «Ich habe zwei Master-Abschlüsse – ich hoffe doch, dass ich auch so eine Bereicherung für das Land bin.» Er fragt sich, ob Einwanderer nicht ohnehin mehr wirtschaftlichen Nutzen bringen, als sie Kosten verursachen.
«Ich würde die Abgabe in Kauf nehmen»

Felix (26) kam für ein Trainee-Programm im Finanzbereich in die Schweiz.
20min/Mikko Stamm«Die Abgabe hätte meinen Entscheid nicht beeinflusst», sagt Felix (26), der seit Oktober hier arbeitet. «Die Schweiz ist attraktiv, auch mit den drei Prozent würde ich weniger Abgaben zahlen als in Deutschland.» Trotzdem findet er den Vorschlag falsch: «Man leistet ja etwas und trägt zur Wirtschaft bei.»
Für Rowena (34), die ebenfalls aus Deutschland kam, hängt es von der Intention der Einwanderer ab: «Will man sich hier wirklich integrieren oder nur drei Jahre lang gutes Geld verdienen?» In letzterem Fall fände sie eine Abgabe nachvollziehbar. Doch selbst mit der Abgabe wäre für sie die Schweiz «der bessere Deal» gewesen als Deutschland.

Rowena (34) aus Deutschland kam vor neun Jahren direkt nach ihrem Architekturstudium in die Schweiz.
20min/Mikko Stamm«Finde es einen guten Vorschlag»
Tim (32), der letztes Jahr aus Hamburg kam, findet den Vorschlag angemessen: «Der Lebensstandard in der Schweiz ist sehr hoch, drei Prozent sind nicht übertrieben viel.» Kritisch sieht er die Dauer: «Elf Jahre sind vielleicht etwas viel. Drei bis fünf Jahre wären angemessener.»
Würdest du in ein Land ziehen, das eine Einwanderungsabgabe erhebt?
Auch Maria (35) aus Spanien hätte kein Problem mit der Abgabe. «In Spanien wird man viel stärker besteuert.» Sie verstehe die Motivation hinter dem Vorschlag: «In acht Jahren hat die Bevölkerung hier dramatisch zugenommen.» Ein wenig Entspannung sei deshalb wünschenswert.
Anton, der 2014 aus Deutschland in die Schweiz gezogen ist, sieht die Abgabe ebenfalls positiv: «Ich hatte ein gutes Jobangebot, mir gefällt die Natur hier – dafür wäre ich auch bereit gewesen, mehr zu bezahlen.»
«Schlechte Nachricht für Fachkräfte»
Yanis Bachammar, der für deutsche Einwanderer einen Online-Steuerrechner betreibt, sieht die vorgeschlagene Abgabe kritisch – allerdings nicht wegen der finanziellen Belastung. «Drei Prozent wären für jeden sicherlich verkraftbar.» Problematischer findet er, dass die Gesellschaft dadurch noch stärker gespalten werde. «Es gibt ja heute schon Unterschiede bei der Besteuerung, etwa mit der Quellensteuer.» Dass die Abgabe Einwanderer abschreckt, glaubt er nicht: «Lebensqualität und Karrieremöglichkeiten spielen eine viel grössere Rolle als das Finanzielle.»
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