Essbarer StromspeicherIst diese Batterie leer, kannst du sie einfach aufessen
Smartphone, Auto, Spielzeug: Unser Alltag ist ohne Batterien und Akkus nicht mehr vorstellbar. Doch das bringt Probleme mit sich. Lösen soll die eine Batterie aus Vitaminen, Sushi-Algen, Aktivkohle, Blattgold und Bienenwachs.
Darum gehts
Auch in Zukunft werden wir nicht ohne Batterien und Akkus auskommen, doch die belasten die Umwelt.
Dieses Problem wollen Forschende aus Italien mit einem komplett essbaren Stromspeicher lösen.
Die von ihnen entwickelte Batterie besteht unter anderem aus Vitaminen, Sushi-Algen, Aktivkohle, Blattgold und Bienenwachs.
Die Prototyp-Zelle kann mit 0,65 Volt rund 48 Mikroampere über eine Zeit von etwa zwölf Minuten abgeben.
Bevor die Batterie zum Einsatz kommt, braucht es aber noch weitere Forschung.
Geht es um mobile Anwendungen, sind Lithium-Batterien für Hersteller in der Regel die erste Wahl. Über jeden Zweifel erhaben sind die Stromspeicher jedoch nicht. Deshalb suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schon länger nach Alternativen, die günstiger, ökologischer in der Herstellung (siehe Box) und auch leichter zu entsorgen sind.
Die Ansätze der Teams unterscheiden sich stark: Die Beispiele reichen von Batterien aus Papier bis hin zu solchen aus Krabben- und Hummerschalen. Auch kompostierbare Stromspeicher haben Forschende bereits vorgestellt. Noch einen Schritt weiter geht eine Forschungsgruppe aus Italien: Sie hat eine Batterie entwickelt, die man nach der Nutzung vollständig aufessen kann.
Die Schattenseiten von Lithium
Anwendungen in Medizin und Lebensmittelindustrie
Alle für die Batterie verwendeten Materialien seien gewöhnliche Lebensmittel oder Nahrungsmittelzusätze (siehe Box), die die Menschen «problemlos in grösseren Mengen von mehr als 100 Milligramm pro Tag essen können», so das Team um Mario Caironi vom Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) in Mailand. «Die fertige Batterie ist komplett essbar und alle Zutaten in der Zelle bleiben deutlich unter der empfohlenen Tageshöchstdosis.»
«Die fertige Batterie ist komplett essbar und alle Zutaten in der Zelle bleiben deutlich unter der empfohlenen Tageshöchstdosis»
Wie das Team im Fachjournal «Advanced Materials» schreibt, kann eine Zelle von rund einem Quadratzentimeter Grösse bei 0,65 Volt rund 48 Mikroampere über eine Zeit von etwa zwölf Minuten abgeben. Diese Spannung sei für Menschen harmlos, selbst wenn sie sich im Körperinneren entlade. Zwei in Reihe geschaltete Akkus erzeugen genügend Strom, um beispielsweise eine LED zum Leuchten zu bringen. Anwendungen für solch essbare Stromspeicher sieht die Gruppe um Caironi vor allem in der Medizin, aber auch in der Lebensmittelindustrie, etwa zur Überwachung von Produkten.
So funktioniert die essbare Batterie
Caironis Team hat sich bei der Entwicklung von biochemischen Redoxreaktionen inspirieren lassen, die in allen Lebewesen ablaufen, heisst es in einer Mitteilung. Die daraus resultierende Batterie hat eine Anode (Pluspol) aus Riboflavin, besser bekannt als Vitamin B2, das zum Beispiel in Mandeln vorkommt. Die Kathode (Minuspol) besteht aus dem Nahrungsergänzungsmittel Quercetin. Mit Aktivkohle, eine rezeptfreie Substanz, die etwa bei Durchfallerkrankungen hilft, haben die IIT-Forschenden die elektrische Leitfähigkeit optimiert. Der Elektrolyt, der Anode und Kathode voneinander trennt, basiert auf Wasser. Der Separator, der in jeder Batterie benötigt wird, um Kurzschlüsse zu vermeiden, besteht aus Nori-Algen, wie sie in Sushi vorkommen. Die beiden Elektroden hat das Team in Bienenwachs verkapselt. Für die elektronischen Kontakte nutzte das Team essbares Blattgold.
«Beweis dafür, dass Batterien aus sicheren Materialen bestehen können»
«Unser essbarer Akku kann zwar keine elektrischen Autos antreiben, aber sie sind der Beweis, dass Batterien aus sichereren Materialien als die aktuellen Lithium-Ionen-Akkus hergestellt werden können», zitiert Spektrum.de Caironis Kollegen Ivan K. Ilic.
Um allerdings in verschluckbaren Medizin-Sensoren und Kameras eingesetzt zu werden, muss die Grösse und Umhüllung des essbaren Akkus noch optimiert werden, wie die Forschenden einräumen: «In Zukunft braucht es noch dünnere und flexiblere Hüllen», schreiben sie. Sollte das gelingen und die Methode sich durchsetzen, wäre der Markt riesig: Allein in der Schweiz werden laut Angaben des Bundesamts für Umwelt Bafu jährlich rund 200 Millionen Batterien verkauft.
Verschlucken von Batterien kann tödlich sein
Laut den Forschenden ist in Zukunft auch eine Verwendung der essbaren Batterien in Kinderspielzeug vorstellbar, «weil sie anders als normale Batterien beim Verschlucken kein Gesundheitsrisiko darstellen.» Wie real die Gefahr durch die kleinen Stromspeicher ist, zeigte sich erst kürzlich: Im Januar 2023 starb ein Bub aus Payerne im Kanton Waadt aufgrund innerer Verletzungen, nachdem er eine Knopfbatterie verschluckt hatte.
Zwar führt ein Verschlucken von Batterien nicht immer zum Tod, doch auch eine Verätzung der Speiseröhre, wie im Fall eines zehn Monate alten Jungen, ist äussert gefährlich. Die Gift-Beratungsstelle Tox Info Suisse erhält jedes Jahr 80 bis 90 Anfragen zu verschluckten Knopfbatterien.
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