Als Lebensmittel: Hausgrillen-Pulver ist jetzt in der Schweiz zugelassen

Heuschrecken-Mehl ist seit heute in der EU und auch der Schweiz zugelassen und darf in Keksen und Co. vorkommen.

Heuschrecken-Mehl ist seit heute in der EU und auch der Schweiz zugelassen und darf in Keksen und Co. vorkommen.

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Neue VerordnungMehl aus Hausgrillen landet ab heute in Schoggi und Crackern

Die Schweiz lässt Pulver aus Heuschrecken neu für Lebensmittel zu. Wird das Grillen-Mehl nun einfach deinen Snacks beigemischt? Wir haben das BLV und die vegane Gesellschaft Schweiz dazu befragt.

Mehr als 2100 Insektenarten sind für den Menschen essbar. Die Europäische Union und die Schweiz haben bereits zwei davon als Nahrungsmittel zugelassen: den Mehlwurm und die Europäische Wanderheuschrecke. Jetzt, am 24. Januar 2023, wurde in der neuen EU Verordnung – und damit auch in der Schweiz – ein bestimmtes Pulver aus der Hausgrille als Lebensmittel aufgenommen.

Dieses entfettete Pulver aus Grillen, die zu den Heuschrecken gehören, darf laut Durchführungsverordnung (EU) 2017/2470 ab sofort in Mehrkornbrötchen, Getreideriegeln, Keksen, Saucen, Pizzas, verarbeiteten Kartoffelerzeugnissen, Suppen, Schokolade und (veganen) Fleischzubereitungen vorkommen. Die Liste an Lebensmitteln ist noch viel länger.

Insekten zu essen, wird immer normaler. Wie stehen Veganerinnen und Veganer dazu?

Insekten zu essen, wird immer normaler. Wie stehen Veganerinnen und Veganer dazu?

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«Da das Inverkehrbringen von teilentfettetem Hausgrillen-Pulver in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr zugelassen ist, ist es das automatisch auch in der Schweiz», bestätigt Estelle Hain vom Bundesamt für Lebensmittelsicherheit. Die Menge ist dabei begrenzt, so darf etwa ein Fleischersatzprodukt maximal zu fünf Prozent aus Insektenpulver bestehen.

Laut dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit ist in Europa bislang nur das vietnamesische Unternehmen Cricket One Co. Ltd berechtigt, Mehl von Hausgrillen herzustellen und zu vermarkten. Nach fünf Jahren Alleinrecht dürfen auch andere Unternehmen mitmischen.

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Wenn du das total eklig findest oder dich bewusst vegetarisch und vegan ernährst, solltest du künftig genau auf die Zutatenliste von Lebensmitteln schauen, denn bis auf eine Bezeichnung im Zutatenverzeichnis wird sich optisch kaum etwas an den Produkten ändern.  Schaue nach «teilweise entfettetes Pulver aus Acheta domesticus (Hausgrille)».

Insekten essen für Umwelt und Gesundheit

Befürwortende nennen gleich mehrere Vorteile zum Verzehr von Insekten: In erster Linie könne dadurch die Ernährung vieler Menschen gesichert werden, denn vor allem Lebensmittel seien durch die Klimakrise stark gefährdet. Und Insekten sind gute Nährstofflieferanten: Hausgrillen enthalten Eiweiss, Zink, Eisen, Magnesium und einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren. Einige Heuschrecken weisen laut «Geo» sogar mehr als doppelt so viel Eiweiss auf wie Rinder- oder Hühnerfleisch.

Hast du schon mal Heuschrecken gegessen?

Und Insekten punkten mit einer umweltfreundlicheren Produktion als das Fleisch herkömmlicher Nutztiere – sie brauchen weniger Platz und verursachen weniger Treibhausgas-Emissionen. Deshalb gelten sie neuerdings als Foodtrend der Achtsamen und Nachhaltigen und laut manchen Onlinemedien gar als «das neue Vegan». Etwas paradox, weil Insekten überhaupt nicht vegan sind.

Insekten in veganen Produkten

Nur, weil es Insekten in grossen Mengen gibt und Körper und Umwelt profitieren, heisst das für viele noch lange nicht, dass ein Insekten-Burger eine gute alternative Proteinquelle zu herkömmlichen tierischen Produkten darstellt oder es okay ist, wenn das Mehl aus Insekten in Fleischalternativen gemischt wird.

Kekse mit Grillen – hier sind die Insekten wenigstens gut erkennbar. Beim Mehl ist dies nicht der Fall.

Kekse mit Grillen – hier sind die Insekten wenigstens gut erkennbar. Beim Mehl ist dies nicht der Fall.

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«Insekten zeigen Abwehrverhalten bei Schmerz oder anderen bedrohlichen Reizen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass sie ein Empfinden haben», schreibt uns Sarah Moser, Geschäftsleiterin der Veganen Gesellschaft Schweiz. Aufgrund der unglaublich hohen Anzahl an Insekten, die benötigt wird, besteht ihrer Meinung nach das Risiko von immensem Tierleid. Dies sei völlig unnötig, zumal rein pflanzliche Nahrungsmittel ausreichend zur Verfügung stünden.

Sie fügt hinzu: «Die Zulassung des Pulvers aus Hausgrillen sehen wir daher ebenfalls kritisch. Eine Deklaration beim Einsatz des Pulvers – wie auch bei allen weiteren Inhaltsstoffen tierischer Art – erachten wir als zwingend notwendig.»

Update vom 30. Januar 2023

Wie findest du es, dass nun Heuschrecken-Mehl in Produkte gemischt werden darf?

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