Foodtrends 2022: Local Exotics, Molekularküche und Trends in der Schweizer Gastroszene

Food-Trends 2022: Was wirst du im neuen Jahr einkaufen, kochen und am liebsten essen?

Food-Trends 2022: Was wirst du im neuen Jahr einkaufen, kochen und am liebsten essen?

Anna Shvets/Pexels
Publiziert

«Local Exotics» und BlitzlieferungCorona wirkt sich auch auf die Food-Trends 2022 aus

Du bist, was du isst – aber was isst und bist du im neuen Jahr? Laut Profis und Marktanalysen sind neue Food-Trends bereits jetzt im Alltag erkennbar. Wir erklären die wichtigsten.

Essen und dessen Zubereitung sind ein grosser Teil unseres sozialen Lebens. Über das, was wir essen, entscheiden gesellschaftliche Trends. Experten und Expertinnen sowie diverse Food-Reports haben analysiert, was unsere Ernährung, die Lebensmittelindustrie, den Handel und die Gastronomie prägt, und folgende Food-Trends für 2022 definiert:

Brutal lokal oder «Local Exotics»

Wie wichtig lokale Lebensmittelproduktion ist, haben die Corona-Lockdowns gezeigt. Die Schweizer Landwirtschaft, (Fisch-)Züchtereien oder Gemüseanbauende wagen sich vermehrt an die Zucht von Pflanzen und Tieren, die bis vor kurzem noch weite Transportwege hinter sich legen mussten, um zu uns zu gelangen. Immer mehr Restaurants schreiben den Slogan «Brutal lokal» auf ihre Menükarten, um die Zusammenarbeit mit Produzierenden aus der Umgebung zu betonen.

Auch der kleine Bioladen oder der Spargelstand um die Ecke werden viel mehr wertgeschätzt. Gleichzeitig sehnen wir Menschen uns nach exotischen, kulinarischen Genüssen, denen man normalerweise auf Reisen begegnet. In den 2021 meistgesuchten Gerichten auf Google und Tiktok findet man deshalb Rezepte aus Indien und es boomen die sogenannten «Local Exotics»: Einst exotische Produkte, die nun lokal hergestellt werden. Dazu zählen Reis aus Österreich namens «Österreis» oder Meeresfische aus den Alpen namens «Michis frische Fische».

Artificial Intelligence

Die Marketingchefin von Nestlé, Alicia Enciso, erzählt in einem Interview auf Foodbusiness.net, dass das grösste Industrieunternehmen der Schweiz aktuell auf Artificial Intelligence (AI) setzt: «Ein Avatar namens Cookie Coach hilft bei Fragen zu Keksrezepten.» Dass man dieses Jahr noch weitere Tech-Trends in Sachen Food erleben wird, zeigt auch der Burger bratende Roboter eines israelischen Start-ups, der aktuell durch die Decke und an die Börse geht. Was kommt wohl als Nächstes?

Selfmade Barista und Blitzlieferung

Das Arbeiten im Homeoffice hat natürlich ebenfalls Einfluss auf unsere Ernährung und hat neue Routinen geschaffen. Laut Google-Suche sind Müsli, Overnight-Oats und andere Frühstücksrezepte wieder total beliebt – Essen bildet Inseln im Alltag und wird deshalb richtig zelebriert. Nestlés Marketingchefin erzählt vom Selfmade-Barista-Boom: Man komme mit Rezepten für Kaffee und Matcha kaum hinterher. Kennst du auch jemanden mit neuer Kaffeemaschine oder lernst du gerade, Latte Art zu zaubern?

In Sachen Lunch und Abendessen werden vermehrt Bowls und Snacks konsumiert. Geshoppt werden diese auch online, denn nicht alle haben für die kurze Mittagspause einen Take-away in der Nähe. Auch in der Schweiz freuen sich Lieferdienste und Onlinedienste grosser Supermarktketten über Aufträge. Start-ups wie Stash, das minutenschnelle Lieferung verspricht, wurden gegründet und werden 2022 vermehrt Teil unseres Alltags.

Insekten und Alternativen zu Alkohol und Fleisch

Zu alkoholfreien Alternativen hat man in den letzten Jahren eher im Dry January gegriffen. Künftig werden kein Restaurant und keine fancy Bar mehr ohne sie auskommen, denn achtsames Trinken geht für immer mehr Menschen mit einer Lebensphilosophie einher, die sich der Gesundheit verschrieben hat. Menschen mit einer solchen Überzeugung bezeichnet man bei Zukunftsinstituten als «Real Omnivores». Die Zielgruppe steht für eine ausgewogene und nachhaltige Ernährung, für die in ihren Augen jedoch nicht verzichtet werden muss.

Billiges Fleisch oder Fisch aus ökologisch verantwortungsloser Zucht kommt bei ihnen nicht auf den Teller. Stattdessen setzen sie sich für weniger Konsum und mehr Lebensqualität ein – denn es geht ihnen nicht nur um die eigene Gesundheit, sondern um das Wohlergehen des Planeten. Deshalb stehen die «Real Omnivores» nachhaltigen Alternativen offen gegenüber und testen auch Innovationen wie Grüne Wasserlinsen, Quallenchips oder Insekten – die WHO hatte 2021 betont, wie der Verzehr von Insekten gegen den Welthunger helfen könnte.

Und so ist es auch kein Wunder, dass dank «Real Omnivores» pflanzenbasierte Ernährung und Lebensmittelalternativen, wie Milchersatz, immer beliebter werden.

Die Schweizer Gastro dreht den Spiess um

Bist du auch ein «Real Omnivore»? Falls ja: Die Schweizer Gastroszene hat dich voll auf dem Schirm. Restaurants, etwa das Osso in Zürich, setzen den Fokus in ihren Menüs neu: Fleisch wird hier, wenn überhaupt, nicht als Hauptgericht betrachtet, sondern als Beilage. Und auch der von «Gault Millau» ausgezeichnete Koch des Jahres Mitja Birlo kocht am liebsten mit Gemüse und Kräutern aus dem heimischen Garten in Vals, Graubünden. Von wegen, die Schweiz hinke bei Trends hinterher ...

Ernährungswissenschaftlerin und Food-Expertin Hanni Rützler sagt in ihrem «Food Report 2022» für das deutsche Zukunftsinstitut: «Die Popularität der vegetarischen und veganen Ernährung ist gestiegen. Künftig werden pflanzliche Gerichte ein fester Bestandteil eines jeden guten Restaurants sein. Hierfür ist nicht nur Fantasie in der Küche gefragt, sondern auch ein spezifisches Know-how.»

Molekulargastronomie daheim

Wer gerne kocht, wird es bei sich selbst vielleicht schon festgestellt haben: Mehr Zeit zur Verfügung zu haben, hat uns Menschen experimentierfreudiger gemacht. Wir haben fermentiert, mariniert und eingefroren. Die erste Edition des «Instagram Trend Reports» hat nun die sogenannte Molekulargastronomie als neuen Stern am Food-Himmel gekürt.

Wir werden 2022 noch mehr mit Essen und Inhaltsstoffen experimentieren, ihnen eine andere Form, Textur oder einen anderen Geschmack verpassen. Oder Kuchen backen, der keine klassischen Kuchen-Inhaltsstoffe enthält, aber grandios schmeckt. Und Restaurants werden Signature Dishes im Sinne der Molekularküche kreieren, um sich so von anderen abzuheben.

Im besten Fall teilen unsere liebsten Restis ihre Signature Dishes im Anschluss mit uns, damit wir auch nach dem Restaurantbesuch zu Hause weiter herumprobieren können. So macht es bereits Junggastronom Noah mit seinen veganen Gerichten aus dem Pop-up Anoah.

Personalmangel sorgt für andere Öffnungszeiten

Ein eher trauriger Trend ist der Rückgang von zur Verfügung stehenden Mitarbeitenden in der Gastronomiebranche: Fachkräfte sind in der Schweizer Gastronomie immer schwieriger zu finden. Das wird 2022 vermutlich dazu führen, dass Reservationen noch wichtiger sein und Öffnungszeiten in Restaurants angepasst werden. Gut möglich, dass ein beliebtes Restaurant künftig nur noch drei Tage die Woche, statt montags bis samstags geöffnet ist. Den «Real Omnivores», die Konsum reduzieren möchten, kommt das allerdings entgegen.

Fazit: Was in den letzten Jahren ein Trend war, wird jetzt zum Mainstream

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass jene Trendprognosen aus den Jahren 2020 und 2021 im aktuellen Jahr längst zum Mainstream geworden sind: Das Konzentrieren aufs Wesentliche, der Verzicht und das Selbermachen, innovative Erfindungen und Alternativen zu Fleisch werden in 2022 zum Standard. Bleibt nur noch die Frage offen, welchem Trend du dich komplett verschreiben wirst.

Was sollte sich in Sachen Ernährung und Food 2022 noch verändern?

My 20 Minuten

Deine Meinung zählt

10 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen