Nach MachtwechselSVP fordert sofortigen Aufnahmestopp für Asylsuchende aus Syrien
Nach dem Machtwechsel in Damaskus fordert die SVP einen sofortigen Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien – wenige Stunden später gibt das Staatssekretariat für Migration bekannt, dass die Bearbeitung von Asylgesuchen aus dem Land vorerst sistiert werde.
Darum gehts
Am Sonntag haben die Rebellen in Syrien das Regime von Machthaber Baschar al-Assad gestürzt und die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen.
Auf Schweizer Strassen jubeln syrische Geflüchtete, die vor dem blutigen Assad-Regime nach Europa geflüchtet waren – folgen jetzt die grossen Rückkehr-Bewegungen?
Die SVP verlangt einen Aufnahmestopp für Syrer: «Sonst haben wir ein zweites Eritrea-Problem und Gegner der unterschiedlichen Regimes schlagen sich hier die Köpfe ein», erklärt Nationalrat Pascal Schmid.
Die SP betont ihrerseits: «Alle, die vor Kriegen und Konflikten fliehen, haben das Recht, in der Schweiz Schutz zu finden», wie Fraktionschefin Samira Marti erklärt.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) verkündet kurz nach Feierabend, dass nach Deutschland und Österreich auch die Schweiz Asylverfahren und -entscheide für Menschen aus Syrien vorerst sistiert.
Am Sonntag haben die Rebellen in Syrien die Kontrolle über die Hauptstadt Damaskus übernommen: Das Regime von Baschar al-Assad ist Geschichte, der ehemalige Machthaber ist nach Russland geflüchtet.
Euphorisch verkünden die siegreichen Aufständischen, dass die Vertriebenen in der ganzen Welt jetzt in ein «freies Syrien» zurückkehren könnten. In mehreren Schweizer Städten haben sich am Sonntagnachmittag bereits Menschen versammelt, um den Sturz des Assad-Regimes zu feiern.
Wie ist die Situation im Ausland?
SVP fordert Rückkehr-Bewegungen
Seit Beginn des Bürgerkriegs sind mehr als 25'000 Menschen aus Syrien in die Schweiz gekommen – der Machtwechsel wird nun auch im Bundeshaus zum Thema: «Das Ende des Assad-Regimes stellt eine positive Entwicklung dar. Der Grund für die grossen Flüchtlingswellen aus Syrien fällt damit weg», erklärt SVP-Nationalrat und Asylchef Pascal Schmid – unter Vorbehalt, dass es für eine Einschätzung noch sehr früh sei.

Nationalrat und Asylchef Pascal Schmid verlangt einen sofortigen Aufnahmestopp für Menschen aus Syrien: «Sonst haben wir bald ein zweites Eritrea-Problem und Gegner der unterschiedlichen Regimes schlagen sich auf Schweizer Strassen die Köpfe ein.» (Archivbild)
20min/Matthias SpicherDer Thurgauer erwartet deshalb grosse Rückkehr-Bewegungen: «Die Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommenen aus Syrien müssen zurück in ihre Heimat. Wer ein echter Flüchtling ist, wird zurückkehren wollen, um beim Wiederaufbau des kriegsgebeutelten Landes zu helfen.» Die Schweiz sollte die Rückkehr jetzt sofort aktiv unterstützen und belohnen, betont Schmid.
Neubeurteilung der Asylpraxis für Syrien
In einem weiteren Schritt sei es essenziell, dass das SEM die Situation in Syrien schnellstmöglich neu beurteile und die Asylpraxis für Menschen aus dem Land anpasse: «Sonst haben wir bald ein zweites Eritrea-Problem und Gegner der unterschiedlichen Regimes schlagen sich auf Schweizer Strassen die Köpfe ein.»
Die SVP verlangt einen sofortigen Asyl-Stopp für Menschen aus Syrien, wie auch Fraktionschef Thomas Aeschi mitteilt. Allfällige neue Fluchtbewegungen aus Syrien müssten in erster Linie die arabischen Nachbarländer abfedern, betont Schmid. Es könne nicht sein, dass Menschen durch ein halbes Dutzend sichere Drittstaaten reisen, um in europäischen Staaten Asyl zu beantragen: «Ein Debakel wie die Flüchtlingskrise von 2015 darf sich auf keinen Fall wiederholen.»
SEM sitiert Asylverfahren für Syrer
SP betont Recht auf Schutz
SP-Co-Parteichef Cédric Wermuth hält nichts von einer Sistierung – und holt auf X zum Seitenhieb aus: Die Volkspartei sei wohl «beleidigt», dass Putin in Syrien eine Niederlage einstecken musste, schreibt der Aargauer. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wiederum ist anderer Ansicht: Derzeit könne nicht fundiert geprüft werden, ob Asylgründe vorliegen und ob der Vollzug einer Wegweisung zumutbar sei – weshalb die Bearbeitung von Gesuchen aus Syrien vorerst sistiert werden müsse.
Auf Anfrage erklärt SP-Fraktionschefin Samira Marti, dass es noch zu früh für eine Einschätzung sei. Gleichzeitig betont die Baselbieterin: «Als SP setzen wir uns dafür ein, dass alle, die vor Kriegen und Konflikten fliehen, das Recht haben, in der Schweiz Schutz zu finden.» Für die Beurteilung von Asylgesuchen müsse weiterhin das Verhältnismässigkeitsprinzip und das Non-Refoulement-Prinzip eingehalten werden, betont Marti.

SP-Fraktionschefin Samira Marti bedauert den bürgerlichen «Kahlschlag» beim Budget für die Internationale Entwicklungszusammenarbeit (IZA). Die aktuelle Eskalation in Syrien zeige, wie «verantwortungslos» die rechte Sparpolitik sei. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherÜberdies zeige die aktuelle Eskalation in Syrien, wie «verantwortungslos» der bürgerliche «Kahlschlag» beim Budget für die Internationale Entwicklungszusammenarbeit (IZA) sei. Am Montagnachmittag wird der Nationalrat über die IZA-Botschaft debattieren.
Die Schweiz habe grosses Eigeninteresse daran, sich am internationalen Engagement für Frieden und Stabilität zu beteiligen, erklärt Marti: «Der Bundesrat muss sich dafür einsetzen, dass in Syrien nach dem Sturz von Assad ein pluralistischer Rechtsstaat aufgebaut wird, der die Grundrechte aller Bevölkerungsgruppen respektiert.»
Hast du die Entwicklungen in Syrien mitverfolgt?
Die Forderungen der rechten Parlamentsmehrheit, sich aus der ganzen Region zurückzuziehen, seien «unmenschlich», ist Marti überzeugt: «Als SP setzen wir uns weiterhin dafür ein, dass die Schweiz ihre internationale Verantwortung wahrnimmt und die Menschen nicht alleine lässt.»
Die Mitte möchte Rückkehr überprüfen
Aufgrund der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse wird insbesondere die Haltung der Mitte entscheidend sein. Auf Anfrage erklärt Parteipräsident Gerhard Pfister, dass auch er derzeit noch nicht abschätzen könne, wie sich der Sturz des Assad-Regimes auf die Situation in Syrien auswirken werde.

Herbstsession im Bundeshaus. Im Bild: Gerhard Pfister (Die Mitte), aufgenommen am 27.09.2023.
20min/Matthias SpicherGleichzeitig betont der Zuger, dass das Asylgesetz vorsehe, dass bei vorläufig Aufgenommenen periodisch überprüft werde, ob sie in ihr Heimatland zurückkehren können: «Das wird man jetzt auch tun müssen. Entscheidend für den Erhalt von Asyl oder einer vorläufigen Aufnahme bleibt die Gefährdung im Heimatland.»
Damit ist auch FDP-Asylpolitiker und Nationalrat Christian Wasserfallen einverstanden: «Sollte sich die Lage nach dem Machtwechsel verbessern, ist der Asylstatus von Menschen aus Syrien neu zu überprüfen.» Noch sei allerdings ungewiss, wie die neuen Machthaber das Land in die Zukunft führen wollen, betont der Berner.
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