Schweiz : Trinkgeld bei Selbstbedienung: «Wir sind hier nicht in den USA»

Publiziert

SchweizTrinkgeld bei Selbstbedienung: «Wir sind hier nicht in den USA»

Ein Tiktok-User wundert sich über die Trinkgeld-Kultur in Zürich. So sei er in einem Self-Service-Restaurant direkt gefragt worden, wie viel Trinkgeld er geben wolle.

Auch an der Selbstbedienungtheke wird man nach Trinkgeld gefragt. Darüber empört sich ein Tiktok-User. (Symbolbild)
Grundsätzlich habe er kein Problem damit, bei gutem Service Trinkgeld zu geben, sagt er im Video. «Aber nicht, wenn ich alles selbst machen muss.» (Symbolbild)
Die Tibits-Verantwortlichen bestätigen, dass vor der Zahlung eine Trinkgeld-Option erscheint. Der Grund: «Seit der Corona-Pandemie haben viele Gäste fast kein Münz im Sack für ein spontanes Trinkgeld.» (Symbolbild)
1 / 4

Auch an der Selbstbedienungtheke wird man nach Trinkgeld gefragt. Darüber empört sich ein Tiktok-User. (Symbolbild)

IMAGO/Zoonar

Darum gehts 

  • Ein User empört sich auf Tiktok darüber, dass er an der Selbstbedienungstheke nach Trinkgeld gefragt werde.

  • Auch in der Kommentarspalte stösst die Praktik auf Kritik.

  • Ein Zürcher Restaurant erklärt sich.

In den USA muss man sich die Frage schon seit einer Weile stellen: Muss ich an der Theke Trinkgeld für meinen Take-away-Kaffee geben? Wenn ja, wie viel – 15 Prozent, 20 Prozent? Was, wenn ich in einer Bäckerei ein Sandwich kaufe? In vielen Geschäften wird man beim Bezahlen mit der Karte automatisch dazu aufgefordert, ein Trinkgeld einzutippen. Nun ist dieser Trend auch in der Schweiz angekommen.

«Was ist eigentlich mit der Trinkgeld-Kultur in Zürich los?», fragt ein empörter User in einem Tiktok-Video. «In Self-Service-Restaurants wie zum Beispiel Tibits werde ich plötzlich gefragt, wie viel Trinkgeld ich geben will.» Das kann der junge Nutzer nicht nachvollziehen. «Wofür soll ich Trinkgeld geben? Wir sind hier nicht in den USA. Das Servicepersonal wird anständig bezahlt.» Grundsätzlich habe er kein Problem damit, bei gutem Service Trinkgeld zu geben, sagt er im Video. «Aber nicht, wenn ich alles selbst machen muss.»

Unter dem Video fügt der Nutzer noch an: «Wenn ich kein Trinkgeld gebe, schauen mich die Mitarbeitenden an, als hätte ich etwas verbrochen.»

«Ich würde sie beim nächsten Mal fragen, für welchen Service?»

Anderen Userinnen und Usern ist diese Praxis auch aufgefallen. Bei vielen stösst sie auf Kritik. So kommentiert eine Nutzerin: «Ich würde sie beim nächsten Mal fragen, für welchen Service? Das Essen, das ich gerade bezahle?» Jemand anderes schreibt: «In Restaurants gebe ich immer Trinkgeld, aber nicht, wenn ich mich selbst bedienen muss.» Eine Userin regt sich ebenfalls über die neue Kultur auf: «Besonders auf Weihnachtsmärkten. Was glaubst du, was du getan hast, damit du ein Trinkgeld verdienst?»

Der Vergleich mit der amerikanischen Trinkgeld-Kultur findet sich auch mehrfach in den Kommentaren: «Das ist wieder so ein Ding aus den USA, das sie hier als Trend weiterziehen wollen. Ich hasse es.» Auch in der Westschweiz sei die Praktik bereits angekommen: «In Genf ist es auch so, ich verstehe es einfach nicht.» Ein Nutzer aus Lausanne berichtet Ähnliches.

Wann soll man Trinkgeld geben?

Trinkgeld als wichtiger Zustupf

Laut dem Branchenverband Gastro Suisse ist das Geben von Trinkgeld keine Pflicht – weder in einem Self-Service- noch in einem bedienten Restaurant. «Der Gast hat jederzeit die Möglichkeit, ein Trinkgeld abzulehnen, wenn er direkt danach gefragt wird», sagt Sprecher Patrik Hasler-Olbrych. In der Schweiz sei das Trinkgeld zwar freiwillig, auch wenn es für viele Mitarbeitende noch immer ein wichtiger Zustupf sei.

Trotzdem sei dies nicht vergleichbar mit den USA. Dort würden 15 bis 20 Prozent erwartet, um den sehr geringen Lohn aufzubessern: «Hierzulande wird Trinkgeld als Geste der Wertschätzung vor allem dann gewährt, wenn damit eine besondere Aufmerksamkeit oder eine zusätzliche Dienstleistung anerkannt werden soll», sagt Hasler-Olbrych. Grundsätzlich könne jeder Betrieb selbst entscheiden, wie mit der Trinkgeld-Frage umgegangen werde. «Wir geben da keine Vorgaben.»

Das sagen die Tibits-Verantwortlichen

Die Tibits-Verantwortlichen bestätigen gegenüber 20 Minuten, dass vor der Zahlung eine Trinkgeld-Option auf dem Kartengerät erscheint. Der Grund: «Seit der Corona-Pandemie bezahlen viele Gäste bargeldlos und haben fast kein Münz im Sack für ein spontanes Trinkgeld», sagt Sprecher Amar Abbas. Wie im Tiktok-Video erwähnt, könne es auch vorkommen, dass die Mitarbeitenden einen Gast auf die Trinkgeld-Option hinweisen. «Das machen sie nicht, um den Gast in eine Ecke zu drängen, sondern, weil es vorkommt, dass Leute bei der Trinkgeld-Anzeige gleich ihren PIN eingeben.»

Warum im Tibits trotz weitgehender Selbstbedienung nach Trinkgeld gefragt wird, erklärt Abbas so: «Wir verrichten nach wie vor eine Dienstleistung. An der Theke wird beispielsweise Kaffee gemacht sowie Getränke und Besteck ausgegeben. Einige Stammgäste runden den Betrag gern auf.»

Wann gibst du Trinkgeld?

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung zählt

281 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen