Gewerkschafts-ZoffSwiss-Kabinenpersonal läuft Sturm gegen neuen GAV
Die Gewerkschaft kapers hat im Namen des Personals die Verhandlungen geführt. Dieses fühlt sich betrogen und schiesst scharf gegen kapers. Swiss und die Gewerkschaft schweigen sich aus.
Darum gehts
Das Kabinenpersonal der Swiss soll einen neuen Gesamtarbeitsvertrag erhalten. Die Verhandlungen mit der Swiss führte die Gewerkschaft kapers.
Ein Teil des Personals ist aber überhaupt nicht zufrieden und wirbt dafür, den neuen GAV zu versenken, um Neuverhandlungen zu erzwingen.
Besonders die Gewerkschaft wird scharf kritisiert.
Swiss und kapers nehmen die Vorwürfe stillschweigend hin.
Beim Kabinenpersonal der Swiss brodelt es. Grund ist der neue Gesamtarbeitsvertrag, den die Gewerkschaft kapers mit der Swiss ausgehandelt hat. Hauptkritik: Der GAV verbessere zwar den Einstiegslohn für neues Personal um 600 Franken. Personal, das der Swiss seit Jahren treu sei, bleibe aber auf der Strecke.
Die Gewerkschaft hatte den neuen GAV in einer Mitteilung im Dezember noch gefeiert: Nach einem «harten Verhandlungsmarathon» sei es gelungen, «spürbare Verbesserungen» zu erzielen, die «ein starkes Signal an die anderen Schweizer Fluggesellschaften seien».
«Hier schütteln alle nur den Kopf»
Ganz anders klingt es beim Personal: «Die Stimmung ist extrem schlecht. Wenn man schon nur GAV sagt, schütteln hier alle die Köpfe», sagt die 30-jährige Maître de Cabine P.F.* zu 20 Minuten. F. arbeitet seit zehn Jahren für die Swiss. «Das Problem mit dem neuen Vertrag ist, dass jüngeres Personal mit weniger Dienstjahren gegenüber uns, die der Swiss seit Jahren treu sind, übervorteilt wird.»
So würde F. nur rund 250 Franken mehr bekommen pro Monat. «Fünf Jahrgänge, die nach mir angefangen haben, würden mich in der Lohnklasse sogar überholen. Das darf in einem System, das nach Seniorität funktioniert, einfach nicht sein.»
Gegenüber 20 Minuten äussern sieben Mitglieder des Kabinenpersonals ähnlichen Unmut. Neben dem Lohn und Ungleichbehandlungen werden auch zu kurze Stand-by-Zeiten oder Verschlechterungen bei den Pensionskassenleistungen kritisiert. Auf Whatsapp kursieren Nachrichten, in denen dazu aufgerufen wird, den GAV abzulehnen. «Die Älteren fürchten, ins Abseits gestellt zu werden, und werben deshalb auch beim jüngeren Personal für ein Nein zum GAV», sagt F.
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«Kapers ist das reinste Kasperlitheater»
Die Forderungen des Personals sind klar: «Wir wollen für alle einen einheitlichen Vertrag mit einer klaren, fairen Lohntabelle. Die Lohndifferenzen je Dienstjahr müssen gerecht sein und dürfen Neueinsteiger nicht wie jetzt vorgesehen so stark bevorteilen», sagt F. Die 39-jährige G.L.* ergänzt: «Wir wollen 1,5 oder zwei Stunden Stand-by-Zeit zum Flughafen, im Moment müssen wir innerhalb von einer Stunde da sein können. Und Spesen, die gestrichen worden sind, müssen wieder in den GAV.»
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Gewerkschaft. «Das ist das reinste Kasperlitheater, ich fühle mich von denen überhaupt nicht vertreten», sagt der 32-jährige R.I.* «Als sie Personal entlassen mussten, haben sie die Jungen, Motivierten rausgeschmissen. Und jetzt stopfen sie Neueinsteigern einfach Geld in den Rachen, um genug Nachwuchs zu finden, lassen die Alten aber im Stich.» I. habe die kapers-Mitgliedschaft deshalb schon Ende 2020 gekündigt. Den Pflichtbeitrag von knapp 500 Franken pro Jahr muss er dennoch weiterhin bezahlen.
Swiss und kapers schweigen sich aus
I. räumt ein: «Das ist natürlich ein Teufelskreis: Viele fühlen sich von der Gewerkschaft nicht gut vertreten und sind ausgetreten. Wenn die Gewerkschaft weniger Mitglieder hat, kann sie weniger Druck auf die Swiss ausüben und hat schlechtere Karten bei den GAV-Verhandlungen.»
Die Swiss wollte die Kritik auf Anfrage von 20 Minuten nicht kommentieren: «Aufgrund der laufenden Vernehmlassungs- und Abstimmungsphase verzichten wir grundsätzlich auf eine Stellungnahme. Wir werden uns gerne nach erfolgter Abstimmung weiter zum Thema äussern», schreibt Karin Montani, Leiterin der Medienarbeit.
Auch kapers hat Fragen von 20 Minuten trotz mehrfacher Kontaktaufnahme nicht beantworten wollen. Am 24. Januar endet die Vernehmlassung, vom 25. Januar bis 19. Februar haben alle kapers-Mitglieder die Gelegenheit, über den neuen GAV abzustimmen. Die Swiss sagt: «Sollte es wider Erwarten zu einer Ablehnung des GAV kommen, gilt weiterhin der Vertrag aus dem Jahr 15, der noch mindestens bis zum Frühjahr 2024 Gültigkeit hat.» Ob und wann Neuverhandlungen möglich wären, lassen die Swiss und kapers offen.
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