Temu und Shein: Schweizer Händler fordern faire Regeln

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Temu und SheinBrief an den Bundesrat: Händler fordern Massnahmen gegen China-Shops

Temu und Shein machen dem Schweizer Handel das Leben schwer. Zwölf Organisationen fordern nun, dass der Bundesrat handelt.

Der Schweizer Handel fordert vom Bundesrat per Brief Massnahmen gegen China-Shops.
Der Vorwurf: Shops wie Temu und Shein sollen von Übervorteilungen profitieren, weil Schweizer Gesetze für sie nicht durchgesetzt werden oder nicht zur Anwendung kommen.
Der Bundesrat soll Temu nun offiziell abmahnen und die Öffentlichkeit über die «unlauteren Verhaltensweisen» informieren.
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Der Schweizer Handel fordert vom Bundesrat per Brief Massnahmen gegen China-Shops.

IMAGO/photothek/Thomas Trutschel

Temu und Shein: Darum gehts

  • Schweizer Händler fordern vom Bundesrat in einem Brief Massnahmen gegen China-Shops wie Temu und Shein.

  • Der Bundesrat soll die Shops abmahnen und für faire Marktbedingungen sorgen, so die Forderung.

  • Laut dem Handelsverband entgehen Händlern wegen der Marktplätze in China bis zu drei Milliarden Franken Umsatz.

Die China-Shops Temu und Shein führen laut dem Handelsverband zu einem Umsatzverlust von bis zu drei Milliarden Franken bei Schweizer Händlerinnen und Händlern. Nun haben sich Wirtschafts- und Konsumentenverbände zusammengetan und einen Brief an den Bundesrat verfasst, in dem sie gleich lange Spiesse für alle Marktteilnehmer fordern.

Diese zwölf Organisationen stehen hinter dem Brief an den Bundesrat

  • Spielwaren Verband Schweiz

  • Swis Retail Federation

  • Handel Schweiz

  • Swiss Textiles

  • Promarca Präsident

  • Verband Sportfachhandel Schweiz (ASMAS)

  • Verband Schweizer Papeterien

  • Verband Schweizer Spielwarendetaillisten

  • Schweizerisches Konsumentenforum

  • Fédération romande des consommateurs

  • Verband PBS und Grusskarten Schweiz

  • Associazione consumatori Svizzera italiana (ACSI)

Temu muss sich nicht an Schweizer Regeln halten

Onlinemarktplätze wie Temu und Shein sollen von Übervorteilungen profitieren, weil Schweizer Gesetze für sie nicht durchgesetzt werden oder nicht zur Anwendung kommen, so der Vorwurf. Sie könnten so «qualitativ minderwertige, unsichere und oft giftige Ware» legal in die Schweiz liefern – ohne Recyclinggebühren und oft unter Umgehung der Mehrwertsteuer.

Gefährliche Spielwaren für Kinder? Das sagt Temu zu den Vorwürfen

Eine Untersuchung des Spielwarenverbands zeigte, dass 15 von 18 auf Temu und Shein bestellte Spielwaren nicht verkehrsfähig sein sollten. Europäische Tests kamen zum Schluss, dass über zwei Drittel der geprüften Spielwaren und Kleider Sicherheitsmängel aufweisen und gesundheitsgefährdende und verbotene Schadstoffe enthalten.

Eine Maske mit Beleuchtung von Temu enthielt laut dem Spielwarenverband unzureichend gesicherte Batteriefächer und sei deshalb für Kinder gefährlich.

Eine Maske mit Beleuchtung von Temu enthielt laut dem Spielwarenverband unzureichend gesicherte Batteriefächer und sei deshalb für Kinder gefährlich.

SVS

Auf Anfrage sagt eine Sprecherin, Temu habe Massnahmen ergriffen, um alle Artikel zu überprüfen. Angebote, die nicht den Compliance-Standards entsprechen, entferne man: «Wir arbeiten aktiv mit unseren Verkäufern zusammen, um zu bestätigen, dass ihre Waren die erforderlichen Kriterien erfüllen, und bitten alle Beteiligten um Beiträge, um unser Angebot und die Kundenerfahrung zu verbessern.»

Umweltschäden und Steuerbefreiung

Die per Luftfracht verschickten Produkte sollen zudem erhebliche Umweltschäden verursachen. «Durch diese Versandpraxis entsteht ein bis zu 50-mal höherer CO₂-Ausstoss als bei konventionellem Container-Versand», schreiben die Unterzeichner des Briefs. Gleichzeitig hätten die China-Shops durch Steuerbefreiungen bei Produkten unter 62 Franken einen ungerechtfertigten Vorteil, der den hiesigen Handel belaste und erhebliche Einnahmeverluste für den Schweizer Staat bringe.

Der Bundesrat soll handeln

«Das bevorstehende Weihnachtsgeschäft verstärkt die Sorge um die Fairness im Schweizer Handel sowie die Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten, insbesondere der Kinder», schreiben die Absender des Briefs. Sie fordern den Bundesrat dazu auf, auf die im Mai platzierte Beschwerde beim Seco zu reagieren, Temu offiziell abzumahnen und die Öffentlichkeit über die «unlauteren Verhaltensweisen» zu informieren.

Der Bundesrat ist wegen Temu gefordert.

Der Bundesrat ist wegen Temu gefordert.

Sina Guntern

Die unterzeichnenden Organisationen fordern den Bundesrat auf, rasch zu handeln. Er müsse die Konsumentensicherheit gewährleisten und sicherstellen, dass alle in der Schweiz verkauften und importierten Waren den hiesigen Produktsicherheitsstandards entsprechen. Zudem brauche es eine faire Besteuerung der Produkte aus dem Ausland, um die Finanzierung von Infrastruktur und Umweltschutzmassnahmen zu sichern.

Das sagt der Bundesrat zu Temu

Der Bundesrat hat sich am 13. November zu Temu geäussert, in einer Antwort auf eine Motion der Nationalrätin Florence Brenzikofer. Das Staatssekretariat für Wirtschaft sei daran, die Geschäftspraktiken zu analysieren. Der Bundesrat habe zudem das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation beauftragt, eine Vernehmlassungsvorlage zur Regulierung auszuarbeiten. Diese sollte bis Ende dieses Jahres vorliegen. Die Umgehung der Zollfreigrenze und Mehrwertsteuerfreigrenze werde sich durch die Aufhebung der Industriezölle und die per 1. Januar 2025 beschlossene Anpassung des Mehrwertsteuergesetzes entschärfen.

Mehr Regulierung und Datenschutz als Lösung?

Die Organisationen drängen auf eine verstärkte Kontrolle und Regulierung der China-Marktplätze, um den Verkauf unsicherer oder gefälschter Produkte zu verhindern. Es brauche bessere Datenschutzrichtlinien, um die persönlichen Daten der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten zu schützen. Zudem sollten grosse Onlinehändler mit Sitz im Ausland dazu verpflichtet sein, eine Rechtsvertretung in der Schweiz zu bestimmen, um die Einhaltung lokaler Gesetze sicherzustellen, so die Forderungen.

Soll der Bundesrat strengere Regeln für ausländische Onlinehändler einführen?

EU greift stärker durch als die Schweiz

Die EU habe die in der Schweiz noch offenen Gesetzeslücken bereits 2021 mit Inkrafttreten der Marktüberwachungsverordnung gestopft, so die Autoren des Briefs. Zudem nehme der Digital Markets Act der EU grosse Plattformen in die Pflicht. Die EU-Kommission habe schon mehrere Verstösse festgestellt und Temu verpflichtet, nachzubessern.

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