Stress: Frauen reagieren mit Fürsorge statt Fight-or-Flight

Bei Stress reagiert jede Person anders.

Bei Stress reagiert jede Person anders.

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PsychologieFrauen ticken bei Stress oft anders: Das hat einen guten Grund

Während Männer häufig auf Kampf oder Flucht setzen, suchen viele Frauen in Stresssituationen Nähe zu anderen. Das ist kein Zufall, sondern evolutionsbiologisch erklärbar.

Wenn du gestresst bist, passiert in deinem Körper eine ganze Menge: Das Herz schlägt schneller, die Hormone fahren Achterbahn und du bist entweder bereit zu kämpfen oder zu flüchten. Zumindest besagt das das klassische Modell der Stressreaktion – auch bekannt als Fight or Flight. Doch es gibt noch ein weiteres, nicht so bekanntes. Und es betrifft vorwiegend Frauen.

Wie hoch ist dein Stressfaktor im Alltag?

Frauen reagieren auf Stress mit Fürsorge

Die Tend-and-Befriend-Theorie ist ein psychologisches Stressmodell, das von der US-amerikanischen Psychologin Shelley Taylor entwickelt wurde. Es besagt, dass Frauen in belastenden Situationen häufig mit Fürsorge (Tend) und dem Wunsch nach sozialem Austausch (Befriend) reagieren. Evolutionär gesehen ergibt das Sinn – solch ein Verhalten diente dem Schutz des Nachwuchses und der Bildung von Allianzen mit anderen Frauen, zum Beispiel, um einander zu verteidigen.

Das Bilden von Allianzen ist eine Reaktion von Stress.

Das Bilden von Allianzen ist eine Reaktion von Stress.

Pexels/Ron Lach

Und heute? Könnte eine Tend-and-Befriend-Reaktion im Alltag so aussehen: Stell dir vor, du arbeitest mit deinem Team an einem wichtigen Projekt. Doch alles läuft schief – die Chefin ist unzufrieden, die Deadline rückt näher, der Druck steigt. Statt mit einer klassischen «Fight-or-Flight»-Reaktion zu reagieren – also Wut auf die Chefin (Fight) oder Rückzug (Flight) – handelst du anders: Du bringst deinem gestressten Team einen Tee und versuchst, für einen Moment Ruhe und Fürsorge hineinzubringen. Nach der Arbeit rufst du deinen besten Freund an, um dir Luft zu machen. Oder du gehst in der Mittagspause mit Kollegen und Kolleginnen spazieren, um gemeinsam abzuschalten.

Warum vor allem Frauen?

Neben dem evolutionären Zweck spielen laut Taylor auch hormonelle Unterschiede eine entscheidende Rolle. Bei Frauen wird unter Stress vermehrt das Kuschelhormon Oxytocin ausgeschüttet – ein Hormon, das mit Vertrauen, Fürsorge und sozialer Bindung in Verbindung steht. Die klassische «Fight-or-Flight»-Reaktion, die in Studien primär bei männlichen Tieren erforscht wurde, ist oft durch Adrenalin und Testosteron geprägt – Hormone, die den Körper in Alarmbereitschaft versetzen und auf Kampf oder Flucht vorbereiten.

Häufig möchte man sich in Stresssituationen auch einfach zurückziehen.

Häufig möchte man sich in Stresssituationen auch einfach zurückziehen.

Pexels/Tatianasyrikova

Warum wir Stress nicht alle gleich erleben

Über Jahrzehnte wurde Stress übrigens vor allem an männlichen Tieren erforscht. Weibliche Reaktionen blieben unter dem Radar. Das Modell von Taylor zeigt aber, dass Stress nicht für alle gleich aussieht – und gerade Fürsorge und soziale Nähe Bewältigungsstrategien sein können.

Wie du auf Stress reagierst, hängt aber auch von deiner Erziehung, deinem Umfeld und deinen Erfahrungen ab. Nicht jede Frau reagiert automatisch mit «Tend and Befriend», nicht jeder Mann mit «Fight or Flight». Trotzdem hilft das Modell, gewisse Muster besser zu verstehen.

Wie reagierst du in Stresssituationen?

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