Krankenkassenprämien: Senkung in Zug interessiert auch national

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Zug als Vorbild?Prämienzahlung an alle Bürger? «Das funktioniert nur in Zug»

Der Kanton Zug will seine Überschüsse an die Bevölkerung zurückgeben: In Form einer temporären Senkung der Krankenkassenprämien. Politiker und Politikerinnen erklären, dass dies ein sinnvoller Ansatz für die ganze Schweiz wäre – aber kein realistischer.

Der Kanton Zug will Überschüsse unbürokratisch an die Bevölkerung zurückgeben. «Ein sinnvoller Weg für die ganze Schweiz», sagt SP-Nationalrätin Sarah Wyss.
Der Kantonsanteil an den stationären Gesundheitskosten soll für zwei Jahre von 55 auf 99 Prozent erhöht werden. Zugerinnen und Zuger werden dadurch 2026 und 2027 von einer Reduktion der mittleren Jahresprämien um 18 Prozent profitieren. (Symbolbild)
Auch Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt hält den Zuger Ansatz für sinnvoll: Um falsche finanzielle Anreize zu verhindern, sollte die Entlastung allerdings auf den ambulanten Bereich ausgeweitet werden.
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Der Kanton Zug will Überschüsse unbürokratisch an die Bevölkerung zurückgeben. «Ein sinnvoller Weg für die ganze Schweiz», sagt SP-Nationalrätin Sarah Wyss.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Der Kanton Zug erwirtschaftet Jahr für Jahr massive Überschüsse: Alleine 2023 blieben unter dem Strich 461,3 Millionen Franken im Staatskässeli.

  • Jetzt sollen die Überschüsse an die Bevölkerung zurückgegeben werden: In Form einer Senkung der Krankenkassenprämien um 220 Millionen Franken.

  • Für Politikerinnen und Politiker links der SVP ein sinnvoller Ansatz – aber keiner, der für alle Kantone umsetzbar ist.

  • Linke Politikerinnen warnen vor «Steuerdumping» nach Zuger Vorbild. Die Mitte lobt ihrerseits die «bürgernahe» Steuerpolitik.

  • Andere Töne kommen aus den Reihen der SVP: Mit solchen Finanzspritzen werde ein «krankes System künstlich am Leben erhalten».

Für viele steht der Anstieg der Krankenkassenprämien an erster Stelle im «Sorgenbarometer». 2025 dürfte bereits der nächste Prämienhammer einschlagen: Das Vergleichsportal «Comparis» rechnet mit einer Erhöhung um rund sechs Prozent.

Vor diesem Hintergrund will der Kanton Zug erwirtschaftete Überschüsse seiner Bevölkerung zurückgeben: Neben steuerlichen Massnahmen setzt der Regierungsrat dazu auf eine temporäre Senkung der Krankenkassenprämien um 220 Millionen Franken.

Der Kantonsanteil an den stationären Gesundheitskosten soll für zwei Jahre von 55 auf 99 Prozent erhöht werden. Zugerinnen und Zuger werden dadurch 2026 und 2027 von einer saftigen Reduktion der mittleren Jahresprämien profitieren: Um durchschnittlich 18 Prozent – was jährliche Einsparungen von rund 700 Franken pro versicherter Person bedeutet.

Ein Modell für die ganze Schweiz?

Der Zuger Ansatz stösst in Bundesbern auf Resonanz – beispielsweise bei Mitte-Chef und Nationalrat Gerhard Pfister: «Die Zuger Regierung macht wieder einmal alles richtig», so der Zuger. Mit der Massnahme werde der Mittelstand schnell und unbürokratisch entlastet – und das in einem Bereich, in dem grosser Handlungsbedarf bestehe.

SP-Nationalrätin Sarah Wyss spricht von einem «sinnvollen Weg für die ganze Schweiz»: Der steuerliche Anteil an den Gesundheitskosten müsse steigen, so die Baslerin.

SP-Nationalrätin Sarah Wyss spricht von einem «sinnvollen Weg für die ganze Schweiz»: Der steuerliche Anteil an den Gesundheitskosten müsse steigen, so die Baslerin.

20min/Simon Glauser

Ähnliche Töne stimmt SP-Nationalrätin Sarah Wyss an: «Das wäre ein sinnvoller Weg für die ganze Schweiz!» Die Baslerin ist überzeugt, dass der steuerliche Anteil an den Gesundheitskosten höher sein müsse. Leider hätten die Sozialdemokraten dafür bis dato nur wenig Gehör gefunden, wie Wyss erklärt.

Auch Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt befürwortet den Schritt im Grundsatz. Um falsche finanzielle Anreize zu verhindern, sollte die Entlastung allerdings auf den ambulanten Bereich ausgeweitet werden. Mit dieser Gleichbehandlung würde es sich um eine Massnahme handeln, die der ganzen Schweiz als Vorbild dienen könnte, wie die Zugerin betont.

«Steuerdumping» oder «bürgernahe» Wirtschaftspolitik?

Gleichzeitig hebt Weichelt hervor, dass die vorgeschlagene Massnahme finanziell längst nicht für alle Kantone im Bereich des Machbaren liege. Berappt werde die geplante Prämienentlastung nämlich über eine «gefährliche Tiefsteuerpolitik» und «Steuerdumping» im Kanton Zug. Diese wiederum zeitigten Folgen der «Kannibalisierung und Entsolidarisierung» unter den Kantonen und setzten Anreize für die Ansiedelung «dubioser Firmen» und «putinnaher Gesellschaften», so Weichelt.

Sarah Wyss beschränkt ihre Zustimmung ebenfalls auf die geplante Entlastung der Krankenkassenprämien – und schliesst eine Steuerpolitik nach Zuger Vorbild explizit aus.

Mitte-Chef und Nationalrat Gerhard Pfister ist überzeugt, dass die «bürgernahe und wirtschaftsfreundliche» Steuerpolitik des Kantons Zug solche Massnahmen ermögliche.

Mitte-Chef und Nationalrat Gerhard Pfister ist überzeugt, dass die «bürgernahe und wirtschaftsfreundliche» Steuerpolitik des Kantons Zug solche Massnahmen ermögliche.

20min/Matthias Spicher

Mitte-Chef Pfister ist anderer Ansicht: Die Überschüsse seien auf eine «jahrzehntelange, bürgernahe und wirtschaftsfreundliche Politik» zurückzuführen, die mit sozialer Verantwortung umgesetzt werde.

Dennoch räumt Pfister ein, dass sich nicht alle Kantone über vergleichbar rosige Finanzaussichten freuen könnten: «Die Regierungen sind verpflichtet, für ihre Bevölkerung das Beste daraus zu machen.» Dank des Finanzausgleichs könnten auch die monetär schwächer gestellten Kantone von den stärkeren profitieren, so Pfister.

«Krankes System künstlich am Leben erhalten?»

Für SVP-Nationalrat Rémy Wyssmann handelt es sich bei der Zuger Idee um einen fehlgeleiteten Ansatz: «Damit wird ein krankes System künstlich am Leben erhalten», erklärt der Solothurner. Er stelle sich gegen jegliche Form von «Quasi-Prämienverbilligungen», solange die «strukturellen Probleme in der Fehlkonstruktion KVG» nicht gelöst werden.

Der Gesundheitspolitiker ist überzeugt, dass das gegenwärtige System ohne Beseitigung der finanziellen Fehlanreize immer teurer werde. Diese Fehlanreize würden durch solche Finanzspritzen zementiert: «Das ist Strukturerhaltungspolitik ohne jegliche Anreize zum Sparen – das funktioniert nur im Spezialfall Zug, weil sie genug Geld in der Kasse haben.»

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