Geld wie Heu: Mehr Zuger Geld für andere Kantone?

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FinanzausgleichGeld wie Heu: Mehr Zuger Geld für andere Kantone?

Der unerwartete Geldsegen für Zuger Prämienzahler sorgt für Neid: Reiche Kantone wie Zug, Zürich und Genf sollen ärmere Kantone noch mehr unterstützen als bisher, fordern Politiker.

Der Kanton Zug soll in Form einer Senkung der Krankenkassenprämien überschüssiges Geld an die Bevölkerung zurückgeben.
Daneben soll der Kantonssteuerfuss um vier Prozent sinken, die Steuerabzüge für Krankenkassenprämien steigen und Rentnerinnen und Rentner entlastet werden. Das Massnahmen-Paket trägt den Titel «Mehrwert für alle».
Scheinbar weiss der Kanton Zug kaum, was man mit den Steuermilliarden anstellen soll – trotz nationalem Finanzausgleich. Braucht es mehr Umverteilung zwischen den Kantonen?
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Der Kanton Zug soll in Form einer Senkung der Krankenkassenprämien überschüssiges Geld an die Bevölkerung zurückgeben.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Der Kanton Zug spendiert seiner Bevölkerung Prämienentlastungen und Steuererleichterungen im Wert von rund 440 Millionen Franken.

  • Trotz nationalem Finanzausgleich wissen die Zentralschweizer scheinbar kaum, was sie mit ihren Steuermilliarden anstellen sollen.

  • Deshalb verlangt Grünen-Nationalrat Felix Wettstein, dass sich die Geberkantone Zug, Schwyz, Zürich, Nidwalden, Obwalden, Basel-Stadt, Genf und Appenzell Innerrhoden stärker am Finanzausgleich beteiligen sollen.

  • Das Anliegen findet auch über die Grenzen des linken Lagers hinaus Unterstützung.

Der Kanton Zug hat ein Luxusproblem. Alleine im Jahr 2023 haben die Zentralschweizer einen Überschuss von 461,3 Millionen Franken erwirtschaftet – eine historische Bestmarke, die den Rekord von 332 Millionen des Vorjahres sogar noch toppt.

Nationaler Finanzausgleich

Der Geldsegen erlaubt dem Kanton, seiner Bevölkerung zahlreiche Privilegien zu bezahlen: Unter dem Titel «Mehrwert für alle» sollen «zu viel eingenommene Steuern» an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Während andere Kantone und der Bund den Gürtel enger schnallen müssen, verschenken die Zentralschweizer Millionen – trotz nationalem Finanzausgleich.

«Wo bleibt eigentlich das Solidaritätsprinzip?», fragen sich viele User in der 20-Minuten-Kommentarspalte. Überschüsse sollten den ärmeren Kantonen übergeben werden, die es dringend brauchten, etwa dem Tessin, Wallis oder Jura, schreibt etwa User piercedlove. User Weisichtler findet: «Das Geld sollte im ganzen Land besser verteilt sein.» Der Finanzausgleich sei falsch geregelt, bilanziert User gusti_s.

«Müssen sich solidarischer zeigen!»

Aus diesem Grund will Grünen-Nationalrat Felix Wettstein den Nationalen Finanzausgleich NFA anpassen. In einer Motion verlangt der Luzerner, dass sich die ressourcenstarken Kantone stärker am Finanzausgleich beteiligen: «Zug und die anderen Geberkantone müssen sich gegenüber den ärmeren Kantonen solidarischer zeigen!»

Grünen-Nationalrat Felix Wettstein bemängelt, dass der Bund den Grossteil der Kosten im nationalen Finanzausgleich trägt. Er verlangt, dass sich die Geberkantone stärker daran beteiligen.

Grünen-Nationalrat Felix Wettstein bemängelt, dass der Bund den Grossteil der Kosten im nationalen Finanzausgleich trägt. Er verlangt, dass sich die Geberkantone stärker daran beteiligen.

20min/Matthias Spicher

Wettstein rechnet, dass die ressourcenstarken Kantone mit höheren Zahlungen den Bund um bis zu 800 Millionen Franken jährlich entlasten könnten. Die Geberkantone Zug, Schwyz, Zürich, Nidwalden, Obwalden, Basel-Stadt, Genf und Appenzell Innerrhoden haben alleine 2023 Ertragsüberschüsse von rund 2,5 Milliarden Franken ausgewiesen.

Aktuell bezahlen die Geberkantone das Minimum in den Finanzausgleich. Wettstein fordert, dass die Leistungen der ressourcenstarken Kantone von aktuell zwei Dritteln der Bundesbeiträge auf 80 Prozent davon erhöht werden.

SVP-Nationalrat Thomas Stettler kommt aus dem ressourcenschwachen Kanton Jura: Er hat die Motion von Felix Wettstein mitunterzeichnet.

SVP-Nationalrat Thomas Stettler kommt aus dem ressourcenschwachen Kanton Jura: Er hat die Motion von Felix Wettstein mitunterzeichnet.

20min/Matthias Spicher

Den Vorstoss unterstützen nicht nur Linke, sondern auch Politiker der Mitte, FDP und SVP. Darunter SVP-Nationalrat Thomas Stettler aus dem Jura. Auch wenn Stettler damit nicht auf Parteilinie ist, findet der Landwirt: «Diese Überschüsse aus den ressourcenstarken Kantonen wie Zug sind doch abartig. Es wäre nichts als fair, wenn auch Kantone wie der Jura, die keine Grosskonzerne beherbergen, im Sinne des nationalen Zusammenhalts mehr von diesem Wirtschaftserfolg profitieren könnten.»

Auch der Luzerner SP-Nationalrat David Roth ist mit der Stossrichtung des Vorschlags einverstanden: «Kantone mit hohen Einnahmen haben jüngst viel stärker von Steuergesetzrevisionen profitiert. Der Ausgleich zu finanziell schwächeren Kantonen muss deshalb verstärkt werden.»

«Es wird eher zu viel umverteilt»

Christoph Schaltegger von der Universität Luzern gibt zu bedenken, dass der Kanton Zug bereits heute eine «riesige Solidarleistung» erbringe. Prinzipiell steht der Wirtschaftsprofessor dem Finanzausgleich kritisch gegenüber: «Aus meiner Sicht wird eher zu viel umverteilt und nicht zu wenig!» Das Problem sei, dass der Finanzausgleich eine ganze Reihe von falschen Anreizen setze.

Ökonom Christoph Schaltegger ist Ordinarius für politische Ökonomie an der Universität Luzern. Er vertritt die Ansicht, dass der nationale Finanzausgleich Fehlanreize setze.

Ökonom Christoph Schaltegger ist Ordinarius für politische Ökonomie an der Universität Luzern. Er vertritt die Ansicht, dass der nationale Finanzausgleich Fehlanreize setze.

Universität Luzern

Die Empfängerkantone hätten schon bei einer leichten Verbesserung ihrer finanziellen Situation grosse Kürzungen der Ausgleichsgelder zu befürchten, was den Anreiz zum sparsamen Umgang mit den finanziellen Mitteln untergrabe.

Zuger Finanzdirektor: «Wir haben nicht ‹zu viel› Geld»

Auf der Seite der Geberkantone stösst die Idee auf Widerstand: «Bitte nicht», erklärt der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler. «Wir haben nicht ‹zu viel› Geld – so etwas gibt es nicht.»

Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler erklärt, dass sein Kanton die Gelder selbst brauche: «Wir wissen leider nicht, wie sich die Finanzlage des Kantons in fünf oder in zehn Jahren präsentieren wird.»

Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler erklärt, dass sein Kanton die Gelder selbst brauche: «Wir wissen leider nicht, wie sich die Finanzlage des Kantons in fünf oder in zehn Jahren präsentieren wird.»

Reto Oeschger

Der Finanzausgleich sei ein minutiös ausbalanciertes System, erklärt der Zuger weiter: «Das ganze System ist auf Nachhaltigkeit ausgelegt und demokratisch abgesegnet – da sollte man auf keinen Fall von heute auf morgen willkürlich daran herumschrauben», so Tännler.

Mehrheit der Kantone mit System zufrieden

Dem stimmt auch der Solothurner Finanzdirektor Peter Hodel zu: «Das System wird alle sechs Jahre auf Herz und Nieren geprüft», so der Freisinnige. Das System funktioniere «im Grundsatz» zur Zufriedenheit des finanzschwachen Kantons Solothurn. Gemäss Stellungnahme der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) teilt eine Mehrheit der Kantone diese Auffassung.

Sollten die reichen Kantone den ärmeren Kantonen mehr Geld abgeben?

Eine Minderheit der Kantonsregierungen ist jedoch der Ansicht, dass das Ziel der Unterschiedsreduktion nicht vollständig erreicht werde und die Spannweite zwischen den stärksten und schwächsten Kantonen zunehme, wie die KdK weiter erklärt.

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