
Die 25-jährige Laura brachte ihr Baby mit zu einem Job-Interview.
PrivatKein BabysitterLaura geht mit Baby zum Job-Interview – dann hagelt es Kritik
Ein Job-Interview bedeutet Stress – aber was, wenn man als Mutter dazu noch keine andere Wahl hat, als das Baby mitzunehmen? Laura aus Zürich tat genau das und erntete heftige Reaktionen.
Stell dir vor, du wirst kurzfristig zu einem Job-Interview eingeladen, dein Mann arbeitet und du findest spontan keine Betreuung für dein Baby. Was würdest du machen? Absagen? Für Laura keine Option: «Ich wollte diese Chance einfach nicht verpassen», sagt die Zweifach-Mama, die mit ihrer Familie in Zürich wohnt.
Was hältst du davon, ein Baby zu einem Bewerbungsgespräch mitzunehmen?
Für das Unternehmen, bei dem sie sich beworben hatte – eine Zürcher Social-Media-Agentur –, sei es kein Problem gewesen. Sie solle ihr Baby einfach mitbringen, hiess es. Was das wirklich bedeutet, können vermutlich nur Eltern nachvollziehen. «Man muss an alles denken: Wickelzeug, Fläschli, ... Und den Tag so planen, dass das Kind im richtigen Moment schläft, isst oder gute Laune hat», erklärt die gebürtige St. Gallerin. Der psychische Druck und Stresspegel seien enorm hoch gewesen. «Zudem muss man sich ja auch noch auf das Gespräch vorbereiten.»

Lauras Sohn zeigte sich während des Gesprächs von seiner besten Seite.
Privat«Angst, meine Chance zu verpassen»
Während des Interviews lässt der Stress nach. Lauras einjähriger Sohn zeigt sich von seiner besten Seite. «Er war so lieb und leise, dass ich mich voll auf das Gespräch konzentrieren konnte», sagt sie. Doch dann habe Laura ein Video drehen müssen. «Man ist per se schon nervös und dazu habe ich mich ständig gefragt, was ich mache, wenn er schreit. Ich hatte Angst, dass ich meine Chance verpasse», so die 25-Jährige. Also nahm sie all ihren Mut zusammen und fragte, ob jemand aus dem Team kurz das Kind im Kinderwagen herumfahren könnte. «Zuerst war man etwas irritiert, dann fand sich jedoch schnell eine Mitarbeiterin, die meinen Sohn für 15 Minuten bespasste», erzählt Laura. «Zum Glück lief alles super und man sagte mir sogar, dass ich mein Baby jederzeit wieder mitbringen darf.»
Nach dem Gespräch, von dem sie bisher noch kein Feedback erhalten hat, die grosse Erleichterung: Laura verliess die Agentur mit einem guten Gefühl und das Baby war zufrieden. Über ihren Tiktok-Account @callthebigsister teilt sie ihre Erfahrung mit ihren über 20'000 Followern. Die Message: Auch wenn etwas nicht nach Plan läuft, traut euch! «Ich dachte, die meisten würden mir einfach viel Glück wünschen – dass es so viral geht, hätte ich nie erwartet.»
Heftige Kritik nach Tiktok-Video
Unter dem Video hagelt es Kritik. Für viele scheint ein Baby im Büro ein Zeichen von Unorganisiertheit zu sein. «Absolutes No-go», «Da sind die Probleme schon vorprogrammiert», «Wie soll das erst werden, wenn du arbeiten gehst» – sind nur einige der Kommentare. «Ich werde als faule, schlecht organisierte Single-Mum dargestellt. Das ist nicht nur falsch, sondern auch unfair gegenüber alleinerziehenden Müttern – die haben es viel härter als ich, die einen Partner hat.»
Dass die Situation nicht ideal war, sei der Gen-Z-Mama bewusst. «Ich möchte auch nicht bewerben, dass man das Kind zum Interview mitnimmt», sagt sie. Das Video sollte vor allem eins bezwecken: Ihre Community zu ermutigen, neue Dinge zu tun. «Lieber ergreift man eine Chance, statt diese zu verpassen – ich hätte auch absagen können.»
Mehr gegenseitiges Verständnis
Für Laura steht fest: Mutterschaft und Karriere dürfen sich nicht ausschliessen. «Es ist für viele Frauen extrem schwierig, wieder in den Beruf einzusteigen, weil die Kosten für Betreuung so hoch sind – insbesondere bei mehreren kleinen Kindern», so die Zweifach-Mama. Umso mehr wünsche sie sich mehr Verständnis. «Wir sollten uns nicht gegenseitig kleinmachen, sondern bestärken.»
Unterstützung vom Roten Kreuz
Plötzliche Engpässe oder unerwartete Notfälle – das Leben hält sich nicht immer an Pläne. Wenn Eltern kurzfristig Unterstützung brauchen, bietet das Schweizerische Rote Kreuz eine flexible Kinderbetreuung zu Hause an. Geschulte Betreuerinnen springen schnell ein, wenn eine unvorhergesehene Situation eintritt. So können Kinder in ihrer gewohnten Umgebung bleiben und werden versorgt.
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