Das sind die Köpfe hinter dem Aufstieg der Rechtspopulisten

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Europas RechteDas sind die Köpfe hinter dem Aufstieg der Rechtspopulisten

Rechtspopulistische Parteien gewinnen in Europa an Macht – und wollen ihre Stellung im Europaparlament ausbauen. Das sind die wichtigsten Figuren und Parteien.

Giorgia Meloni ist Premierministerin Italiens und Vorsitzende der Fratelli d'Italia.
Viktor Orbán ist Ungarns Ministerpräsident und Mitbegründer und, mit einer Unterbrechung, seit 1993 Vorsitzender der Partei Fidesz.
Die Schwedendemokraten (SD) mit Parteichef Jimmie Akesson dürften bei der Parlamentswahl am 9. September zu den grossen Gewinnern gehören.
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Giorgia Meloni ist Premierministerin Italiens und Vorsitzende der Fratelli d'Italia.

Roberto Monaldo/LaPresse via ZUMA Press/dpa

Darum gehts

  • In Europa sind in Italien, Ungarn, Schweden, der Slowakei und in der Schweiz rechtspopulistische Parteien in der Regierung vertreten.

  • Dadurch haben sie direkten Einfluss auf die nationale Politikgestaltung.

  • Rechtspopulistische Parteien ohne direkte Regierungsbeteiligung finden sich in den Niederlanden, Deutschland und Frankreich.

Rechtspopulistische Parteien gewinnen in Europa zunehmend an Macht — ein häufig gehörter Satz. Doch wie einflussreich sind diese Parteien wirklich? Jonathan Slapin, Professor für Politische Institutionen und Europäische Politik an der Universität Zürich, differenziert zwischen rechtspopulistischen Parteien, die Teil der Exekutive sind und somit direkten Einfluss auf die Gesetzgebung haben, und solchen, die zwar erfolgreich sind, aber keinen direkten Einfluss in der Regierung ausüben.

In diesen Ländern sind Rechtspopulisten an der Macht

Italien: Giorga Meloni und die Fratelli d 'Italia

Premierministerin Giorgia Meloni ist Vorsitzende der Fratelli d'Italia. Ihre Ansichten zu sozialen Themen sind ebenfalls konservativ; sie steht gegen Abtreibungsrechte und die «LGBT-Lobby».
Auf der anderen Seite hat sie sich im Kontrast zu vielen europäischen Rechtsparteien klar pro-ukrainisch positioniert und Waffenlieferungen an das Land unterstützt.
Auch Matteo Salvini ist eine prominente rechtspopulistische Figur in Italien. Er ist Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei Lega und stellvertretender Ministerpräsident im Kabinett Meloni.
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Premierministerin Giorgia Meloni ist Vorsitzende der Fratelli d'Italia. Ihre Ansichten zu sozialen Themen sind ebenfalls konservativ; sie steht gegen Abtreibungsrechte und die «LGBT-Lobby».

Getty Images

Das Kabinett Meloni bildet seit Oktober 2022 die Regierung in Italien. Meloni ist Vorsitzende der als postfaschistisch und rechtspopulistisch klassifizierten Partei Fratelli d'Italia. Diese ist die stärkste Partei des Landes, gefolgt von der ebenfalls rechtspopulistischen Lega. Meloni und ihre Partei sind bekannt für ihre harte Haltung gegenüber Einwanderung, insbesondere aus muslimischen Ländern. Meloni hat etwa Massnahmen wie eine Seeblockade gegen Boote aus Nordafrika vorgeschlagen.

Ungarn: Viktor Orbán und die Fidesz

Viktor Orbán ist Ungarns Ministerpräsident.
Unter Orbán wurden insbesondere die Rechte sexueller Minderheiten durch ein Anti-LGBT-Gesetz massiv beschnitten. Seine Politik ist stark nationalistischen und von anti-migrantischen Zügen geprägt.
Dies zeigte sich in Massnahmen wie etwa dem Bau eines Stacheldrahtzauns an der Grenze zu Serbien.
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Viktor Orbán ist Ungarns Ministerpräsident.

AFP

Seit über einem Jahrzehnt führt Viktor Orbán als Ministerpräsident Ungarn mit einer rechtskonservativen Agenda und seiner Partei Fidesz. Diese hat im Parlament 117 von 199 Sitzen. Unter Orbáns Führung erlangte die Partei wiederholt die Mehrheit im ungarischen Parlament und implementierte umstrittene politische Massnahmen, wie Justizreformen und die Einschränkungen der Pressefreiheit.

Schweden: Jimmie Åkesson und die Schwedendemokraten

Jimmie Åkesson ist Vorsitzender der Schwedendemokraten (SD). Unter seiner Führung erlebte die Partei einen Aufschwung, verstärkt durch die Zunahme der Einwanderung und steigende Kriminalität in Schweden, was Åkesson in seinen Kampagnen thematisierte.
Unter Åkessons Führung durchlief die Partei eine umfassende Umgestaltung. Dabei wurde das Versprechen abgegeben, sich von ihren rassistischen und gewalttätigen Wurzeln zu distanzieren. Trotzdem blieb der Vorwurf bestehen, dass die Partei weiterhin gewalttätige Rassisten und Nazi-Sympathisanten beherberge.
2012 führte Åkesson eine «Nulltoleranz gegen Rassismus und Extremismus» ein und schloss 2015 die gesamte Jugendorganisation der Schwedendemokraten aufgrund ihrer Verbindungen zu Extremisten aus. Kritiker bemängeln jedoch, dass nur niedrigere Parteimitglieder ausgeschlossen wurden, während hochrangige Mitglieder verschont blieben.
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Jimmie Åkesson ist Vorsitzender der Schwedendemokraten (SD). Unter seiner Führung erlebte die Partei einen Aufschwung, verstärkt durch die Zunahme der Einwanderung und steigende Kriminalität in Schweden, was Åkesson in seinen Kampagnen thematisierte.

IMAGO/TT

Die Schwedendemokraten, ursprünglich durch Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen belastet, sind nun die zweitgrösste Partei in Schweden, hinter den Sozialdemokraten. Die Schwedendemokraten gehören zwar formal nicht zur Regierungskoalition aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen, unterstützen diese jedoch im Austausch für eine strengere Einwanderungspolitik. Ohne ihre Unterstützung wäre die aktuelle Koalition nicht regierungsfähig und würde auseinanderfallen.

Obwohl diese wegen ihrer kontroversen Vergangenheit keine Ministerposten innehaben, beeinflussen sie massgeblich die Politik durch ihre Rolle in Verhandlungen und Budgetentscheidungen. Trotz Bemühungen um ein seriöseres Erscheinungsbild bleibt die Partei umstritten, unter anderem wegen rassistischer Äusserungen einiger Mitglieder.

Slowakei: Robert Fico und die Smer

Schon drei Mal wurde Fico zum Ministerpräsidenten der Slowakei gewählt. Unter seiner Führung sind die politischen Spannungen gestiegen. Dies liegt an Konflikten zwischen nationalen Zielen und den europäischen Integrationsanforderungen. Ficos herrschender Stil zeigt sich in seiner Kontrolle über die Justiz und Medien und seiner Nähe zu anderen rechtspopulistischen Führern wie Viktor Orbán.
Er erregte international Aufmerksamkeit mit seiner harten Haltung gegenüber Migration und der Annäherung an Russland. Nach dem Wahlsieg seiner Partei Smer-SD im September wurde er erneut Regierungschef und setzte in einer Koalition mit Rechtsaussenparteien einen aussenpolitischen Kurswechsel um, einschließlich der Unterbrechung der Waffenlieferungen an die Ukraine und der Aufforderung an Kiew, Gebiete an Russland abzutreten.
Am 21. Februar 2018 wurden der Investigativjournalist Ján Kuciak und seine Verlobte Martina Kusnirová in ihrem Haus ermordet. Kuciak arbeitete für die News-Plattform Aktuality.sk, die wie der «SonntagsBlick» zur Ringier Gruppe gehört. Er hatte damals gerade an Recherchen zu Verbindungen zwischen der italienischen Mafia und der slowakischen Politik gearbeitet. Der Mord führte zu landesweiten Protesten, die letztendlich den Rücktritt des damaligen Premierministers Robert Fico zur Folge hatten. Mittlerweile ist Fico, der linksnationale Politiker, wieder im Amt.
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Schon drei Mal wurde Fico zum Ministerpräsidenten der Slowakei gewählt. Unter seiner Führung sind die politischen Spannungen gestiegen. Dies liegt an Konflikten zwischen nationalen Zielen und den europäischen Integrationsanforderungen. Ficos herrschender Stil zeigt sich in seiner Kontrolle über die Justiz und Medien und seiner Nähe zu anderen rechtspopulistischen Führern wie Viktor Orbán.

AFP

Robert Fico übernahm in der Slowakei nach den Wahlen im Herbst 2023 erneut das Amt des Ministerpräsidenten. Er formte eine Koalition mit seiner Partei Smer-SD mit der ultrarechten Slowakischen Nationalpartei (SNS) und der linksgerichteten Hlas-SD.

Ficos Partei Smer gehört weiterhin der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament an. In den letzten fünf Jahren hat Fico sein politisches Profil nach rechts verschoben. Fico betont, dass sich Smer nicht dafür schämen müsse, anders zu sein als die westlichen Sozialdemokraten, die sich seiner Meinung nach mit ihrem Einsatz für Minderheiten, Migranten und LGBTQ auf dem falschen Weg befinden. Als Vorbild nennt er den ungarischen Staatschef Viktor Orbán.

Niederlande: Geert Wilders und die Partij voor de Vrijheid

Vor knapp sechs Monaten hatte der holländische Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) die Parlamentswahl gewonnen. Er hat jedoch angekündigt, dass er das Amt des Regierungschefs nicht antreten wolle.
Geert Wilders ist bekannt für seine vehemente Islamkritik und seine restriktiven Ansichten zur Einwanderung. Er forderte unter anderem ein Verbot des Korans und war mehrfach in Gerichtsverfahren wegen Volksverhetzung verwickelt, wurde jedoch in den meisten Fällen freigesprochen. Seine islamkritischen Äußerungen und sein Film «Fitna» erregten international grosses Aufsehen und lösten zahlreiche Proteste aus.
Die Regierung wird künftig von vier Parteien gebildet: Wilders' PVV, die Bauernpartei BBB, die liberale VVD und die neue Anti-Korruptionspartei NSC. Die Parteien müssen die Vereinbarung nun ihren Fraktionen zur weiteren Besprechung vorlegen.
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Vor knapp sechs Monaten hatte der holländische Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) die Parlamentswahl gewonnen. Er hat jedoch angekündigt, dass er das Amt des Regierungschefs nicht antreten wolle.

IMAGO/ANP

Die PVV ist die stärkste Partei in den Niederlanden und für ihre kritische Haltung zum Islam und zur EU bekannt. Während des Wahlkampfs hat ihr Führer Geert Wilders jedoch eine gemässigtere Rhetorik verwendet und sich auf Themen wie Wohnen und Pflege konzentriert, was ihm breitere Unterstützung und den Sieg in den niederländischen Wahlen eingebracht haben könnte. Trotz dieser gemässigteren Wahlkampftöne bleibt die Parteiagenda jedoch fremdenfeindlich und islamkritisch, mit Vorschlägen wie dem Verbot von Islamschulen, des Korans, von Moscheen und Kopftüchern in Regierungsgebäuden. Wilders und drei weitere rechte Parteien haben sich nun kürzlich auf eine neue Koalition geeinigt.

Und die SVP?

Die SVP wird laut wissenschaftlichen Fachbeiträgen und ausländischen Medien oft als rechtspopulistische Partei eingestuft. Zu ihren Kernthemen zählen die Ablehnung von Zuwanderung, eine skeptische Haltung gegenüber dem Establishment und der EU. Besonders unter der Führung von Christoph Blocher hat die Partei seit den 1990er Jahren eine stärker populistische, migrationskritische und EU-kritische Ausrichtung eingenommen – mit sichtbarem Erfolg: Seit 2003 ist die SVP die Partei mit den meisten Wählerstimmen in der Schweiz.

In diesen Ländern sind Rechtspopulisten erfolgreich, aber nicht an der Macht

Deutschland: Alice Weidel und die AfD

Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel fokussiert sich stark auf Asyl- und Migrationspolitik, wobei sie Migration als Bedrohung für Wirtschaft und Sozialsystem darstellt.
In der Wirtschaftspolitik vertritt sie liberale Ansichten, spricht sich gegen den Mindestlohn und für die Abschaffung der Erbschaftssteuer aus und befürwortet einen Austritt Deutschlands aus der Eurozone. Weidel steht auch dem menschengemachten Klimawandel skeptisch gegenüber.
Björn Höcke ist seit 2014 Vorsitzender der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag. Er wird oft als das radikalste Mitglied seiner Partei angesehen und von vielen ganz einfach als «Nazi» betrachtet.
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Die AfD-Vorsitzende Alice Weidel fokussiert sich stark auf Asyl- und Migrationspolitik, wobei sie Migration als Bedrohung für Wirtschaft und Sozialsystem darstellt.

IMAGO/Future Image

Die AfD gewinnt trotz verschiedener heftiger Kontroversen in Deutschland weiterhin an Zustimmung, sie ist aber nicht Teil der deutschen Exekutive. Die Themen und Massnahmen, die die AfD in ihrem Sofortprogramm vorschlägt, zeigen eine klare Abkehr von vielen derzeitigen umweltpolitischen und migrationsbezogenen Massnahmen in Deutschland und der EU. Die AfD behielt auch ihre russlandfreundliche Haltung bei, selbst nach den Entwicklungen im Zusammenhang mit der Ukraine.

Frankreich: Marine Le Pen und der «Rassemblement National»

Bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2022 trat die rechtspopulistische Marine Le Pen gegen den Amtsinhaber Emmanuel Macron an und erreichte das beste Ergebnis ihrer Partei, dem Rassemblement National (RN), in ihrer Geschichte. Gegen Macron konnte sie sich aber nicht durchsetzen. 2027 will sie zum vierten Mal bei der französischen Präsidentschaftswahl antreten.
Le Pen wirbt seit Jahren um konservative Wähler und hat dem Rassemblement National (RN) einen Kurs der «Dédiabolisation» (Entteufelung) verordnet. Dies bekam kurz vor der Europawahl auch die AfD zu spüren, als Frankreichs Rechtspopulisten nach den umstrittenen Äusserungen von Maximilian Krah über die SS die Zusammenarbeit im Europaparlament aufkündigten. Den Wahlkampf des RN für die Europawahl in Frankreich führt Le Pens politischer Ziehsohn Jordan Bardella an.
Jordan Bardella ist EU-Abgeordneter und Vorsitzender des Rassemblement National (RN). Er hat selbst Migrationshintergrund. Er liegt seit Wochen in den Prognosen für die Europawahl unangefochten auf Platz eins.
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Bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2022 trat die rechtspopulistische Marine Le Pen gegen den Amtsinhaber Emmanuel Macron an und erreichte das beste Ergebnis ihrer Partei, dem Rassemblement National (RN), in ihrer Geschichte. Gegen Macron konnte sie sich aber nicht durchsetzen. 2027 will sie zum vierten Mal bei der französischen Präsidentschaftswahl antreten.

AFP

Die politische Ausrichtung des Rassemblement National hat sich im Laufe der Zeit erheblich verändert. Ursprünglich konzentrierte sich die Partei hauptsächlich auf die Ablehnung von Immigration und der Verteidigung der «französischen Identität» gegen den Kommunismus. Unter Marine Le Pen erweiterte sich das Themenspektrum jedoch deutlich. Sie verfolgt eine protektionistische Wirtschaftspolitik und ist kritisch gegenüber der Europäischen Union eingestellt, obwohl sie mittlerweile nicht mehr den Austritt aus der EU fordert, sondern deren grundlegende Veränderung anstrebt.

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