Jetzt fordert die Schweizer Wirtschaft neue Handelspartner

Aktualisiert

«Bessere Abkommen»Jetzt fordert die Schweizer Wirtschaft neue Handelspartner

Die Tech-Industrie liefert ein Viertel ihrer Exporte nach Deutschland. Das schleppende deutsche Geschäft setzt nun auch ihr zu. Jetzt fordert die Wirtschaft neue Handelsverträge.

Für  Schweizer Exportfirmen ist die Schwäche Wirtschafts ein herber Rückschlag.
Die Firma Urma aus Rupperswil spürt nun eine geringere Nachfrage, wie Geschäftsleitungsmitglied Yannick Berner sagt.
Um Preiserhöhungen komme die Firma nicht herum.
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Für  Schweizer Exportfirmen ist die Schwäche Wirtschafts ein herber Rückschlag.

imago images/Panthermedia

Krise in Deutschland: Darum gehts

  • Die schwache Wirtschaft in Deutschland besorgt Schweizer Exportfirmen.

  • Die Kurzarbeit in der Tech-Industrie nimmt zu.

  • Firmen müssen investieren, um auf andere Märkte umschwenken zu können.

Deutschlands Wirtschaft geht bachab und es zeichnet sich keine Erholung ab. Das Land ist der wichtigste Handelspartner für die Schweiz. Wegen der Krise gingen die Exporte im vergangenen Jahr bereits um über eine Milliarde Franken zurück.

Deutlich mehr Kurzarbeit in der Tech-Industrie

Weil die Produktion in Deutschland abnimmt, sinkt beispielsweise die Nachfrage nach Vorprodukten aus der Schweiz. Dazu gehören Branchen wie die chemische Industrie sowie Bau- und Autozulieferer.

Die Tech-Industrie liefert sogar ein Viertel ihrer Exporte nach Deutschland, sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor des Branchenverbands Swissmem. «Wegen dieser überragenden Bedeutung schwappt die Rezession in Deutschland direkt in die Schweiz über. Ein erster Indikator für den Rückgang ist, dass die Anträge auf Kurzarbeit markant zugenommen haben», so Kohl.

Firmen müssen investieren und Preise erhöhen

Betroffen von der schwachen Wirtschaft in Deutschland ist beispielsweise die Firma Urma aus Rupperswil (AG). Das KMU stellt Präzisionswerkzeuge her und ist unter anderem im Automobilbereich tätig. 95 Prozent des Umsatzes macht Urma mit Exporten, sagt Geschäftsleitungsmitglied Yannick Berner zu 20 Minuten. «Wir spüren eine geringere Nachfrage bei Auftragseingängen und rechnen mit tieferen Umsätzen.»

Die Firma müsse nun investieren, um neue Branchen und Märkte wie die USA erschliessen zu können. «Weil in Deutschland der Verbrennungsmotor rückläufig ist, bauen wir in anderen Bereichen, wie der E-Mobilität stark aus», so Berner. Urma wolle die Kosten mit automatisierter Produktion tief halten, komme aber um Preiserhöhungen nicht herum.

Ist die Schweiz zu abhängig von Deutschland?

Wirtschaft fordert Freihandelsabkommen

Allerdings lasse sich der deutsche Markt nicht einfach kompensieren, sagt Kohl. Deshalb fordere der Branchenverband vom Bund neue Freihandelsabkommen für einen leichteren Markteintritt mit tieferen Zöllen.

Auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse fordert eine Reaktion von der Politik. «Sie muss durch verbesserte Rahmenbedingungen die Nachteile kompensieren, damit die Unternehmen auf dem teuren Schweizer Arbeitsplatz noch produzieren können», sagt Economiesuisse-Chefökonom Rudolf Minsch. 

Es brauche jetzt zusätzlich zur Sicherung des bilateralen Wegs auch neue und bessere Freihandelsverträge mit China, Indien, Japan, Mercosur (Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela) und auch den USA.

NGO pocht auf Nachhaltigkeit

Allerdings sollten dabei auch Nachhaltigkeitskriterien eine Rolle spielen, wie die NGO Public Eye in einem neuen Grundsatzpapier schreibt. Globale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und demokratische Gestaltungsspielräume müssten endlich in den Fokus der Schweizer Aussenwirtschaftspolitik rücken. 

«Eine Schweizer Handelspolitik, die oft nur die Interessen der Grosskonzerne vertritt, ist längst nicht mehr zeitgemäss und ein Hindernis für den notwendigen Schweizer Beitrag zur Bewältigung der aktuellen und künftigen Herausforderungen», sagt Publiceye-Sprecher Oliver Classen.

Das macht der Bund

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) setze sich für die Weiterentwicklung und Modernisierung des Netzes an Freihandelsabkommen ein, sagt Sprecherin Antje Baertschi. Zuletzt habe man sich mit Indien über die Grundzüge geeinigt, die Modernisierungsverhandlungen mit Chile abgeschlossen und den Entwurf eines Mandates für Verhandlungen mit der EU verabschiedet.

Der Bundesrat verbessere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aber auch über weitere Vorhaben. So habe er beispielsweise zu Jahresbeginn die Industriezölle abgeschafft und setze aktuell das Unternehmensentlastungsgesetzes um.

Artikelserie zu Deutschlands Krise

Dies ist ein Artikel der 20-Minuten-Serie über die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland:

Zerfall Deutschlands.

Zerfall Deutschlands.

20 Minuten/Jonathan Müller

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