Ukraine-Krieg: 20 Minuten eröffnet in Kiew ein Büro

Aktualisiert

Ukraine-Krieg20 Minuten eröffnet in Kiew ein Büro

Vor gut einem Jahr hat an der europäischen Ost-Grenze eine neue Epoche begonnen. Wir sind - und bleiben - vor Ort in der Ukraine.

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Darum gehts

  • Seit über einem Jahr herrscht Krieg in der Ukraine.

  • Die Rede ist oft von einer «Zeitwende». Niemand weiss, wie lange dieser Krieg noch dauern wird. 

  • 20 Minuten hat sich entschieden, in Kiew für einige Zeit ein Büro aufzumachen.

  • Wir können so von vor Ort berichten und mit den Menschen sprechen, die dieser Krieg direkt angeht. 

Als Russland am 24. Februar 2022 angriff, war 20 Minuten in Kiew. Seither reisten wir mehrfach in die Ukraine. Nun hat sich 20 Minuten entschieden, in Kiew für einige Zeit ein Büro zu eröffnen. Wir wollen an Europas Ost-Grenze präsent sein, wo mit dem Krieg eine neue Ära angebrochen ist.

In der Ukraine arbeiten

Die Arbeit in der Ukraine ist allein wegen der schieren und für uns Schweizer fast unvorstellbaren Grösse des Landes eine Herausforderung. Man ist auf Nachtzüge angewiesen oder muss mehrtägige Autoreisen auf sich nehmen, nahe liegt hier fast nichts. Gut, legt man in der Ukraine viel Wert auf moderne Tankstellenshops und grosse Kaffees.

Das ist auch den russischen Soldaten aufgefallen, die das von zu Hause nur aus den grösseren Städten kennen und die Ukraine um ihre Modernität beneiden. Nur so lässt sich erklären, dass sie plündern und aus ukrainischen Häusern selbst Waschmaschinen und Kloschüsseln abtransportieren. 

Tapfer, erschöpft, wütend

Die kyrillische Schrift bringt es mit sich, dass man als nicht ukrainisch sprechende Person wie ein Kind im Vorschulalter vor Schildern steht und laut vor sich herbuchstabiert, was da wohl geschrieben sein könnte. Meistens erlöst einem der Fixer, also eine einheimische Person, die übersetzt, Behördengänge erledigt und überhaupt unerlässliche Hilfe leistet. 

Von den bisherigen sechs Reisen sind viele Eindrücke geblieben von tapferen, aber auch erschöpften Menschen, die statt eines normalen Lebens jetzt vor allem Angst haben. Oder Wut verspüren. Wie Ludmilla (91), die sich noch an die deutschen Soldaten im Zweiten Weltkrieg erinnern kann. Sie wolle, sagte die alte Frau aus Cherson, den russischen Präsidenten am liebsten eigenhändig erwürgen. Das Blitzen in den Augen verriet, wie ernst es ihr war.

Was der Krieg macht

Sirenenalarm und das ferne Donnern von Raketen gehören zum Alltag. Das macht etwas mit einem, auch wenn man das nicht bewusst wahrnimmt. Zurück in der Schweiz schmerzen ohne erkennbaren Grund auf einmal tagelang alle Knochen - der konstante Stress ist einem in die Glieder gefahren und verflüchtigt sich nun langsam. Dann erinnert man sich daran, was ein Frontsanitäter bei Bachmut gesagt hatte: «Unsere ganze Nation leidet mittlerweile an einer posttraumatischen Belastungsstörung.»

In Kiew ist es nun allerdings seit Tagen ruhig. Nur Grossstadtgeräusche sind zu vernehmen: Der Verkehr rauscht über den Prachtboulevard Chreschtaschtyk, die Leute geniessen die Frühlingssonne in vollen Cafés, und die halbe Stadt ist mit Zweigen von Chatzenpfötli und Küchlein unterwegs. Das macht man hier vor Ostern, die eine Woche später als unsere stattfinden, offenbar so. Der Krieg scheint ganz weit weg. Doch alle wissen, dass die Ruhe trügerisch ist und der Frühling vielleicht deswegen umso schöner. 

Bald soll eine ukrainische Gegenoffensive die russischen Angreifer aus dem Land drängen. Wann das sein wird und ob das klappt, steht in den Sternen. Sicher ist nur, dass 20 Minuten in Kiew ein Büro aufmacht, um möglichst direkt berichten zu können. Hier werden wir auch künftig mit den Menschen sprechen, die der Krieg möglicherweise ebenso ermüdet wie uns in der Schweiz, die aber kaum eine andere Wahl haben, als ihn zu führen.

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