«Arena» zur CS-Krise«Manager-Sozialismus» – SVP-Matter kritisiert die 42 Milliarden CS-Boni
In der SRF-«Arena» diskutierten Wirtschaftsexperten mit Vertretern der Politik über die Schieflage der Credit Suisse.
Darum gehts
In der SRF-«Arena» diskutierten Ökonomen, Journalisten und Politiker über die Schieflage der Credit Suisse.
Die Frage des Abends: Braucht es mehr Regulierungen?
Nach turbulenten Tagen für die Credit Suisse mit einem Kurssturz von zeitweise 30 Prozent am Mittwoch sollen am Wochenende nun offenbar Gespräche mit der UBS über eine vollständige oder teilweise Übernahme der Credit Suisse stattfinden. In der SRF-«Arena» vom Freitag diskutierten Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft über die prekäre Situation der Grossbank.
Auf die Einstiegs-Provokation von Moderator Mario Grossniklaus, die SP habe die Krise der Grossbank bei der kurzerhand einberufenen Medienkonferenz für das eigene Politprogramm benutzt, antwortet SP-Nationalrätin Céline Widmer, dass es der Partei bei der Sache nur um ein nachhaltigeres Bankensystem gehe.
Bankenkrisen kann man nicht «wegregulieren»
Bei den von der Schweizerischen Nationalbank gesprochenen 50 Milliarden handle es sich nämlich um «eine weitere Staatsrettung». Nach der Finanzkrise 2008 habe man zwar versucht, ein solches Szenario zu verhindern. Doch nach wie vor sei das Risiko beim Staat, während die Gewinne an die Privaten gehen.
SVP-Nationalrat Thomas Matter widerspricht Widmer. Der Eingriff sei Teil des Mandats der Nationalbank, Schweizer Grossbanken in Notsituationen mit Liquidität auszuhelfen – zudem handle es sich um einen Kredit, der einen Schuldzins miteinschliesse. Im Laufe des Abends wird auch Ex-UBS-Chefökonom Klaus Wellershoff noch mehrmals die Runde korrigieren, wenn das Wort Staatsrettung oder Kapitalkrise fällt.
Er nennt das Ganze aber grundsätzlich eine «ernste Situation». Dabei mahnt er, dass Bankenkrisen nichts seien, was man «wegregulieren» könne. Ein Beispiel sei die amerikanische Krise. Dauertiefe Zinsen hätten die Bankenbilanzen aufgebläht und durch den notwendigen Zinsanstieg – durch die Inflation werde nun das Gegenteil bewirkt. Nun schrumpfen die Bilanzen und dies wiederum erhöhe den Druck auf das Eigenkapital.
Auch Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds SGB, sorgt sich um die Grossbank. Sie werde aber auch «von Chefs dirigiert, die man niemandem wünscht». Auch Wellershoff, Widmer und Matter stimmen Lampart bei, vermutlich der einzige Punkt am «Arena»-Abend, an dem sich alle einig sind: Das ehemalige Management habe furchtbare Fehler begangen und sei mehrheitlich für die aktuelle Krise verantwortlich.
Gemäss Matter ist das, was sich das vorherige Management geleistet habe, «Manager-Sozialismus». Man habe sich an einer Kasse bedient, die «einem nicht gehöre, wie das Sozialisten auch machen». Er kommt auf die Regulierungen zu sprechen. Der amerikanische Finanzplatz sei der am stärksten regulierte der Welt und trotzdem komme es dort immer wieder zu «Unfällen». Zudem könne man so viele Gesetze erlassen wie man wolle, solange die Mitarbeiter kriminell seien, helfe das nichts.
«Ein Missbrauch des freien Marktes»
Genau eine halbe Stunde nach Beginn der Sendung wird das Thema durch SRF-Moderator Grossniklaus auf die Boni gelenkt. Systemrelevante Banken sollen grundsätzlich keine solch hohen Boni auszahlen dürfen, sagt SP-Widmer und erhält grundsätzlich Zustimmung. SVP-Matter ist zusätzlich der Meinung, dass Boni zwar bezahlt werden müssen, doch durch die Eigentümer geregelt werden sollen. «Die letzten zwanzig Jahre wurden laut Berechnungen eines Vermögensverwalters bei der Credit Suisse 42 Milliarden Boni ausbezahlt», sagt er. «Ein Skandal» – denn diese entsprechen dem heutigen Eigenkapital der Grossbank. «Ein Missbrauch des freien Marktes». Bis heute würden sich die Eigentümer – in diesem Fall die Aktionäre – jedoch aber «nicht wirklich wehren».
Chef-Gewerkschafter Daniel Lampart – am «Arena»-Abend Haupt-Gegenspieler von Thomas Matter – wendet ein: Das Problem dabei sei, wenn die Bank in den Ruin getrieben werde, das zum Problem von allen werde. Wellershoff pflichtet ihm bei: Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) schaue zwar bei der Besetzung des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung, wer da gewählt werde, doch vermutlich «sollten dabei schärfere Kriterien» angewendet werden.
Was macht die Politik?
Antwort auf diese Frage gibts nicht von SP-Widmer oder SVP-Matter, sondern vom SRF-Wirtschaftsreporter. Reto Lipp schätzt das Schweigen des Bundes zur aktuellen Situation als Strategie ein. Es könne durchaus sein, dass man es «so laufen lasse» und aber insgeheim eine Strategie wälze – wie eine Fusion mit der UBS – «was ich persönlich eine Katastrophe finden würde», so Lipp.
Dass die CS-Krise nun oftmals falsch interpretiert werde, wirft Ökonom Wellershoff in die Runde. Ob sich hinter der Liquiditätskrise der Grossbank auch eine Kapitalkrise verstecke, über das könne man reden, wenn es so weit sei. Aktuell brauche es vor allem eine gute Kommunikation von Seiten der Grossbank. Er schätzt das aktuelle Management und den Verwaltungsrat fähig ein, mit der aktuellen «soliden, aber nicht aufregenden oder visionären Strategie» weiterzufahren. Das Problem sei einfach, dass das aktuelle Management nicht einmal hingestanden sei, um Stellung zu beziehen – Schweigen schaffe kein Vertrauen.
Der Chairman der saudischen Bank, Ammar Abdul Wahed Al Khudairy, wollte der CS am Mittwoch keine weitere Unterstützung zusichern – und löste so einen Aktiencrash aus.
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